"Ich wollte einfach nicht scheitern"

Michael Zorc arbeitet seit 1998 im Management von Borussia Dortmund
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Es gab eine Phase, in der Sie fast nur Einjahresverträge unterzeichnet haben.

Zorc: Das war eine Konsequenz der schwierigen wirtschaftlichen BVB-Zeit mit der Beinahe-Insolvenz im Jahr 2004. Nach dem Wechsel der Führungsriege haben wir die entsprechenden Gespräche geführt. Ich weiß noch, wie ich zu Hans-Joachim Watzke sagte: Die Vertragslaufzeit ist mir egal, schau einfach, wie ich arbeite - und dann sehen wir weiter.

SPOX: Als Watzke übernahm und den stark verschuldeten Verein sanierte, stärkte er Ihnen den Rücken. Dabei war Ihre Arbeit öffentlich teils umstritten.

Zorc: Ja, das war so. Ich habe damals quasi auf Bewährung gearbeitet, da auch die Ergebnisse nicht so ausfielen, wie man sich das idealerweise erhofft hat. Man muss natürlich sehen, dass wir in der Zeit von 2002 bis 2005 gesund schrumpfen mussten. Innerhalb von zwei Saisons haben wir das Gehaltsbudget von 57 auf 24 Millionen Euro reduziert. Wirtschaftliche Aspekte hatten einfach eine höhere Bedeutung als sportliche, die Prioritäten hatten sich deutlich verschoben. Und das war alles andere als einfach, gerade nach außen hin.

SPOX: Inwiefern?

Zorc: Wir mussten den Menschen klar machen, dass wir zwar immer noch Borussia Dortmund mit dem vollen Stadion sind, doch wir mussten zunächst einmal das wirtschaftliche Fundament bereiten, um uns überhaupt wieder sportlich entwickeln zu können. Damals stand auf unseren Trikots zwar BVB drauf, aber es steckte qualitativ nicht wirklich 100 Prozent BVB drin.

SPOX: War dies einer der Momente, in dem Sie ernsthaft überlegten, den Bettel hinzuschmeißen und den BVB doch einmal zu verlassen?

Zorc: Nein. Ich wollte damals einfach nicht scheitern, das war meine große Motivation. Natürlich haben mir manche Kritiken nicht gefallen, andererseits muss man das im Verhältnis sehen. Ob als Spieler oder Manager, dieser Job ist so öffentlich wie kaum ein anderer. Deshalb bleiben auch unschöne Momente nicht aus. Man lernt, damit umzugehen und dies gewissermaßen als Teil des Geschäfts hinzunehmen.

SPOX: Nun haben Sie seit einigen Jahren erstmals deutlich geringere wirtschaftliche Zwänge beim Ausüben Ihres Jobs. Ist es dadurch für Sie einfacher geworden?

Zorc: Rein wirtschaftlich betrachtet schon, wir sind ja jetzt so gesund wie noch nie in unserer Klubgeschichte. Dass die Arbeit leichter geworden ist, sehe ich aber nicht. Es gelingt nun zwar schneller, Spieler davon zu überzeugen, zu uns zu wechseln. Durch die Erfolge der letzten Jahre sind Erwartungshaltung und Ansprüche aber deutlich gestiegen, auch an uns selbst. Man schaut sich in Abstimmung mit dem Trainer jetzt noch gezielter um, welche Spieler uns wirklich weiterhelfen können, oder ob man nicht doch parallel andere Maßnahmen einleiten muss.

SPOX: Apropos Spielertransfers: Sie sind bekannt dafür, sich wenig bis gar nicht an Spekulationen zu beteiligen. Doch diese tauchen heutzutage in steter Regelmäßigkeit auf. Wie gehen Sie damit um?

Zorc: Mittlerweile akzeptiere ich das, es gehört ja auch irgendwie dazu. Wenn die Gerüchte immer unsinniger werden, halte ich mich erst recht mit Einschätzungen zurück. Aber manchmal sorgt die Gerüchteküche ja für interessante Anregungen.

SPOX: Inwiefern?

Zorc: Wenn man liest, man hätte mit Spieler XY bereits Einigung erzielt und wäre selbst gar nicht auf ihn gekommen, dann sind das ja sogar wertvolle Tipps. (lacht) Spaß beiseite: Wenn wir in einem der seltenen Fälle einmal klar Stellung zu irgendeiner Personalie bezogen haben und anschließend trotzdem hartnäckig das Gegenteil behauptet wird, dann nervt das einfach.

SPOX: Wenn Sie sich wiederum gar nicht äußern, wird erst Recht spekuliert.

Zorc: Das ist ja auch heutzutage offenbar der Job der Journalisten. Dann spekuliert Ihr halt. Manche Sachverhalte sind allerdings schizophren. Da wechselt dann der gleiche Spieler innerhalb von drei Tagen zu vier verschiedenen Klubs. Die dann offenen Fragen müsste man sich eigentlich selbst beantworten können.

SPOX: Sie sind ohnehin nicht der Typ, der besonders häufig vor der Kamera anzutreffen ist. Weshalb eigentlich?

Zorc: Ich brauche kein permanentes Rampenlicht, weil es mich nicht interessiert und ich mich auch nicht mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten für etwas empfehlen möchte. Mein berufliches Umfeld soll wissen, wie ich ticke und mich entsprechend bewerten. Das ist mir wichtig.

SPOX: Gab es denn schon einmal eine konkrete Offerte, die Sie halbwegs ins Grübeln gebracht hat?

Zorc: Ganz am Ende meiner Spielerkarriere hatte ich ein Angebot aus Japan, das damals in finanzieller Hinsicht das heutige China war. Dort hätte ich ein x-faches meines Dortmunder Gehalts verdienen können. Hätte ich das gemacht, wäre ich allerdings nicht Champions-League-Sieger geworden.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema