"Als Trainer brauchst du einen Laptop"

Zsolt Löw (l.) ist seit mehreren Jahren als Co-Trainer tätig
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SPOX: Rangnick sieht sich in Leipzig als Trainer-Ausbilder, der gesamte Klub verfolgt auf allen Ebenen dieselben Spielprinzipien. Wie viel Rangnick steckt denn genau in Ihnen?

Löw: Sehr viel. Die Ausbildung hat sozusagen schon begonnen, als ich noch unter ihm gespielt habe. Meine gesamte Sichtweise auf den Fußball hat sich damals enorm verändert. Dieser Fokus auf Pressing und Gegenpressing, auch die detaillierte Auseinandersetzung mit diesen Themen, war ganz neu im Fußball. Dieser Stil ist auch zum Vorreiter in Deutschland geworden und wurde in Salzburg oder nun in Leipzig gelehrt, was für mich natürlich hilfreich war. Seine Denke hat mich sehr geprägt.

SPOX: Sind Sie denn einer der von Mehmet Scholl ins Leben gerufenen Laptop-Trainer?

Löw: Nein. Ich versuche einfach, ein guter Coach zu sein. Als Trainer brauchst du natürlich einen Laptop, aber ich veranschauliche die Inhalte auch gerne klassisch auf dem Platz. Es kommt für mich auf die Mischung an: Man muss sowohl die organisatorische, als auch die menschliche Seite abdecken. Es hilft dir am Ende aber alles nichts, wenn du die unterschiedlichen Komponenten nicht für die Mannschaft sozusagen übersetzen und übertragen kannst.

SPOX: Unter Rangnick wurde schon immer mit viel wissenschaftlicher Akribie gearbeitet. Das geht beim Schulen des Blickverhaltens der Spieler los, über Schlafanalyse und Darmreinigung weiter bis hin zum Gehirntraining. Wie neu waren da manche Ansätze für Sie?

Löw: Die Offenheit für solche Themen ist für mich Ralfs größte Stärke. Er ist in vielerlei Hinsicht ein Perfektionist, der nicht nur sich selbst, sondern auch sein Umfeld und vor allem die Mannschaft nach vorne bringen möchte. Er befindet sich ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, jede Art von Fehler zu minimieren. Dadurch kommen dann auch viele neue oder unbekannte Themen auf den Tisch, die dem Menschen als Gewohnheitstier zunächst vielleicht befremdlich erscheinen. Er ist nicht der alleinige Entscheider, aber man braucht Argumente, um mit ihm sinnvoll zu diskutieren.

SPOX: Seit Sie Rangnick kennen, hat sich in seinem Leben einiges getan. Vor allem denkt man dabei an den Burnout auf Schalke. Wie sehr hat er sich mit der Zeit verändert?

Löw: Ich glaube, das ist teilweise auch einfach ein ganz natürlicher Entwicklungsprozess, den jeder Mensch durchmacht. Es war vielleicht eine Phase in seinem Leben, in der er sich viel mehr Gedanken über sich gemacht hat als zuvor. Er ist dadurch vor allem deutlich gelassener geworden.

SPOX: Sein Spielstil aber nicht, der ist weiterhin sehr kraftraubend und verzehrt viel Energie, die den Spielern schnell wieder zur Verfügung stehen muss. Wäre beispielsweise das Thema Ernährung weniger wichtig, würde man einen ballbesitzorientierteren Fußball spielen?

Löw: Das würde ich daraus nicht ableiten. Der Leistungssport ist im Allgemeinen physisch deutlich intensiver geworden, so dass die Regeneration eine immer wichtigere Rolle einnimmt. Und die bedienst du eben am besten durch Bausteine wie sportlergerechte Ernährung oder gesunden Schlaf. Auf den Fußball herunter gebrochen besteht hinsichtlich der Ernährung für mich deshalb kein Unterschied zwischen einzelnen Spielstilen.

SPOX: Sie leiten in Leipzig viele Trainingseinheiten selbst und geben klare Anweisungen auf dem Platz, während sich Ralph Hasenhüttl bisweilen eher im Hintergrund hält. Welche Rolle haben Sie konkret unter ihm?

Löw: Ich sehe mich als Dienstleister, der jedem Einzelnen dabei hilft, permanent sein Optimum an Leistung auszuschöpfen. Es ist aber nirgends festgehalten, dass ich derjenige bin, der auf dem Platz Kommandos gibt oder Übungen erklärt. In dieser Rolle kann ich Ralph Hasenhüttl allerdings dabei unterstützen, seinen kompletten Fokus auf das Wesentliche zu richten. Ich schaue, dass die Übungen vernünftig umgesetzt und sich an alle Regeln gehalten werden. Ralph kann daher etwas außerhalb stehen und beobachten, ohne sich ständig um kleinere Aufgaben kümmern zu müssen.

SPOX: Haben Sie das Ziel, einmal selbst Cheftrainer zu werden?

Löw: Ich habe mir darüber schon Gedanken gemacht und schließe das für die Zukunft auch nicht aus. Ich werde in absehbarer Zeit den Lehrgang zum Fußballlehrer absolvieren. Ich bin noch nicht am Ende meiner Entwicklung und kann noch viel lernen, so dass daraus irgendwann später ein festes Bild und meine eigenen Philosophie entsteht. Momentan fühle ich mich mit der aktuellen Verantwortung sehr wohl.

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