"Darmstadt gab es schon vor Schuster"

Die sportliche Leitung der Lilien um Rüdiger Fritsch (2.v.r.) blickt gut gelaunt in die Zukunft
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SPOX: Trotz des Erfolgs mit dem frühzeitigen und nicht zu erwartenden Klassenerhalt verließen bislang wichtige Säulen wie Christian Mathenia und Konstantin Rausch den Verein. Auch Sandro Wagner wird kommende Saison nicht mehr für Darmstadt auflaufen...

Fritsch: Wieso verlässt uns Sandro Wagner? Wissen Sie da etwa mehr als ich? (lacht)

SPOX: Wagner sagte nach der Partie gegen Hertha BSC in der Öffentlichkeit, dass das wohl sein letztes Spiel für die Lilien war. Nach dem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am 34. Spieltag sprach er ganz offen von seinem Abschied und bedankte sich für die schöne Zeit in Darmstadt.

Fritsch: Davon kann er ja gerne sprechen. Fakt ist aber auch: Sandro Wagner hat bei uns noch einen Vertrag bis 2018.

SPOX: Aber auch um Jerome Gondorf und Marcel Heller gibt es immer wieder Gerüchte um einen Abschied. Droht Darmstadt der Ausverkauf?

Fritsch: Gerüchte sind keine Fakten. Wenn man sich die Transferaktivitäten oder Kaderveränderungen bei den anderen Bundesligisten betrachtet, brauchen wir in Darmstadt doch nicht von einem Ausverkauf zu sprechen. Das sind ganz normal Abläufe bei einem Profiteam, wenn der eine oder andere Akteur den Verein verlässt - so ist das eben in der Sommertransferphase.

SPOX: Bislang hat man aber lediglich Daniel Heuer Fernandes von Zweitliga-Absteiger SC Paderborn verpflichten können. Das wird ja nicht der einzige Transfer bleiben...

Fritsch: Die jetzige Phase ist garantiert nicht unsere Transferphase. Der Markt ist noch viel zu heiß, derzeit sind eher die Leute mit den dicken Schecks unterwegs, zu denen gehören wir bekanntlich nicht. Insofern kommt unsere Zeit noch. Was jetzt aber nicht heißt, dass wir auf der faulen Haut liegen, ganz im Gegenteil. Wir arbeiten unter Hochdruck und halten Ausschau nach geeignetem Personal und zu gegebener Zeit werden wir auch aktiv werden.

SPOX: Also wird's wieder Last-Minute-Transfers geben?

Fritsch: Ach, selbst wenn wir erst im September unseren Kader komplett haben, mache ich mir da keinen Kopf. Im letzten Sommer kam Slobodan Rajkovic auch erst nach dem Ende der Transferperiode zu uns und war in der Rückrunde eine ganz wichtige Stütze im Abstiegskampf. Die Spieler, die derzeit auf dem Markt sind, sind doch gar nicht unsere finanzielle Kragenweite. Das Transferfenster ist noch zweieinhalb Monate geöffnet. Insofern müssen Sie sich keine Gedanken machen. Der SV Darmstadt 98 wird am 1. Spieltag elf Spieler auf dem Platz haben. (lacht)

SPOX: Das Böllenfalltor ist ja Kult, aber entspricht nicht mehr dem Hochglanzprodukt Fußball. Die Lilien sollen daher ein neues, moderneres Stadion bekommen. Wie weit ist man nun eigentlich mit der Planung? Da gab es zuletzt ja einige Probleme...

Fritsch: Die Lage gestaltet sich etwas schwierig, weil wir nicht Eigentümer des Stadions sind. Das Böllenfalltor gehört der Stadt Darmstadt. Insofern haben wir keine direkte Entscheidungsgewalt. Wir können also nur abwarten, was für den Verein natürlich nicht gut ist. Schauen Sie sich das Stadion doch mal an. Klar, da hängt eine Menge Fußballromantik dran und kurioserweise sind die Auswärtsfahrten der Gästeteams bei uns am schnellsten ausverkauft, weil jeder mal am Bölle gewesen sein will. Doch unser Stadion ist einfach nicht mehr zeitgemäß und wenn wir nicht bald den nächsten Schritt in dieser Richtung machen, dann wird es für uns immer schwerer, wettbewerbsfähig zu bleiben.

SPOX: Im September stehen Vorstandswahlen an. Bislang arbeitet der Vorstand mit Ihnen an der Spitze auf ehrenamtlicher Basis. In einem Interview im März sagte Sie, dass der Verein "formal immer noch aufgestellt ist wie ein Kegelverein." Stehen Sie dennoch im Herbst wieder zur Wahl beim Kegelverein?

Fritsch: Das habe ich damals so gesagt, weil ich wollte, dass die Menschen rund um die Lilien über die Realität nachdenken und nicht glauben, hier geht eh alles von alleine. Wir haben nun mit Holger Fach als sportlichem Leiter und Michael Stegmeyer als Teammanager Positionen geschaffen, die zu einem professionell geführten Verein gehören. Ende Juni wird nun außerdem eine außerordentliche Mitgliederversammlung stattfinden, auf der hoffentlich eine neue und zeitgemäße Satzung verabschiedet wird. Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt, dass der Verein bereit ist, sich weiter modern und den Gegebenheiten entsprechend aufzustellen. Was mich persönlich betrifft, müssen wir noch abwarten. Ich bin nun seit 2007 dabei und habe noch Zeiten erlebt, in denen man noch nicht einmal in den Träumen an die Bundesliga gedacht hat. Ich werde mir über die Sommermonate meine Gedanken machen und schauen, welche Perspektiven geschaffen werden - nicht nur im sportlichen Bereich. Die Stadionthematik ist natürlich ein wichtiger Punkt, da müssen wir Licht sehen am Ende des Tunnels.

SPOX: Können Sie bei all den sportlichen und infrastrukturellen Baustellen überhaupt den Sommer genießen?

Fritsch: Glücklicherweise gibt es genügend fähige und fleißige Leute bei uns im Verein, sodass ich mir auch ganz ohne Bedenken eine Woche Österreich gönnen kann. (lacht)

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