"Mir auch mal den Arsch aufreißen"

Jerome Gondorf spielt seit 2013 beim SV Darmstadt 98
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SPOX: Es steht die Englische Woche an und der BVB ist zu Gast am Böllenfalltor. Dort wird seit Wochen spekuliert, Ilkay Gündogan könnte den Klub verlassen. Er ist ja ein ähnlicher Spielertyp wie sie...

Gondorf: Netter Versuch. Ich kann mich in der Bundesliga ganz gut einordnen und weiß, welche Möglichkeiten Borussia Dortmund hat. In dieser Kategorie bewege ich mich nicht, dafür bin ich dann wohl doch schon zu alt. Thomas Tuchel setzt eher auf jüngere Spieler, die er noch formen kann. Falls Gündogan den BVB tatsächlich verlassen sollte, wird man in Dortmund garantiert einen geeigneten Ersatz finden. Und sollte man in Dortmund doch irgendwie auf mich kommen, dann wäre ich in erste Linie einmal dankbar - und dann müssten wir uns erstmal über die Zahlen unterhalten. (lacht)

SPOX: Aber ganz so abwegig könnte ein Abschied im Sommer doch gar nicht sein. Ihr Vertrag läuft 2017 aus und die Lilien könnten unter Umständen eine ordentliche Ablöse für Sie kassieren.

Gondorf: Wir werden uns in den kommenden Monaten dahingehend zusammensetzen, denn auch der Verein muss erstmal schauen, wohin der Weg führt. Es besteht aber ein reger Austausch mit dem SV Darmstadt, bei dem ich mich bekanntlich sehr wohl fühle.

SPOX: Eigentlich können Sie den Verein gar nicht verlassen, sonst würde Aytac Sulu doch gar nicht ins Training kommen. Sie pendeln seit fast drei Jahren täglich zwischen Karlsruhe und Darmstadt und bilden gemeinsam mit ihrem Kapitän eine Fahrgemeinschaft.

Gondorf: Das stimmt, diese Fahrgemeinschaft gibt es schon ziemlich lange. In dieser Zeit sind wir auch richtig gute Freunde geworden.

SPOX: Kapitän Sulu ist der Anführer der Lilien, auch der Trainer nennt ihn seinen verlängerten Arm. Überrascht es Sie, dass sich beispielsweise Spieler wie Peter Niemeyer, der in Berlin auch Kapitän war, so gut unterordnen können oder kommt es da ab und an mal zu Reibereien?

Gondorf: Nein, da gibt es überhaupt keine Probleme. Über Aytacs Stellung in der Mannschaft gab es nie eine Diskussion. Jeder, der neu zu einem Verein kommt, fängt bei null an. Peter hilft uns mit seiner Erfahrung ungemein. Ein gesunder Menschenverstand reicht aus, um auch ohne Binde Verantwortung zu übernehmen. Gerade in der Anfangszeit gab er meinem Spiel durch seine Präsenz extrem viel Stabilität. So konnte ich mich in der Liga zurechtfinden und inzwischen sind wir sehr gut eingespielt.

SPOX: Immer wieder wird die überragende Stimmung beim SV Darmstadt 98 betont. Ihr Vater soll Ihnen zu einer Laufbahn als Comedian oder Schauspieler geraten haben.

Gondorf: Mein Vater ist auch nicht ganz unlustig, also ist der Humor vererbt. Es stimmt schon, ich haue ab und an mal den einen oder anderen Spruch raus. Das geht bei uns natürlich ziemlich leicht, weil es im Team zwischenmenschlich einfach passt. Auf dem Platz bin ich ebenfalls sehr emotional, kann aber auch sehr ernst und kritisch sein und pushe meine Mitspieler lautstark.

SPOX: Wenn man an den SV Darmstadt denkt, denkt man automatisch an ehrlichen Fußball, der sich am Rande der Legalität bewegt. Viele Teams haben sich nach der Partie gegen die Lilien über eure Gangart beschwert. Nervt das Gejammer der Gegner nicht inzwischen schon ein bisschen?

Gondorf: Von uns kann doch keiner verlangen, dass wir schönen Fußball spielen - wir sind Aufsteiger. Wir haben gar nicht die individuelle Klasse, dem FC Bayern nachzueifern. Dafür haben wir ganz andere Mittel, mit denen wir erfolgreich sein wollen. Wenn wir ansehnlichen Fußball spielen, uns die Gegner anschließend auf die Schulter klopfen und wir am Ende aber abgestiegen sind, bringt uns das doch auch nichts. Für mich ist es das größte Kompliment, wenn eine Mannschaft nach dem Spiel sagt, wir waren eklig. Das ist eine Form von Anerkennung und Respekt - und das haben wir uns in den bisherigen Spielen erarbeitet.

Jerome Gondorf im Steckbrief

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