Kamellen, Kryptonit und King Erbse

Zum Verzweifeln: Der BVB hat gegen den HSV einen schlechteren Lauf als gegen die Bayern
© getty

Der 13. Spieltag hat es gezeigt: Der Trend in der Bundesliga geht eindeutig in Richtung Torschussverweigerung. Noch schlimmer: Das Eigentor hat Hochkonjunktur. Weitere Themen: Stuttgart ist mit seinem Latein am Ende, Dortmunds HSV-Seuche hat einen plausiblen Grund und: Chicharito ist der Größte aller Zeiten.

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Berliner Pragmatismus: Die Hertha ist nicht nur locker auf Champions-League-Kurs, nein, sie hat auch einen Bundesligarekord eingestellt. Gegen Hoffenheim gewannen Dardais Alpinisten, ohne auch nur einen Schuss aufs Tor des Gegners abzugeben. Das gab's seit der detaillierten Datenerfassung durch Opta (seit 2004/05) zuvor exakt einmal. Im Mai 2006 gewann der HSV durch ein Eigentor von Lukas Sinkiewicz in der 3. (!) Minute mit 1:0 in Köln.

Noch schlimmer: In der Schneekugel Olympiastadion wurde aber nicht nur kein Schuss der Hertha aufs Tor gezählt. Auch die Hoffenheimer brachten keinen Eintrag in der Kategorie "Shots on target" zustande. Das gab's seit Opta-Zählung noch nie.

Damals aufm Betze: Der Trend geht also eindeutig zur Torschuss-Verweigerung, dafür hat das Eigentor Hochkonjunktur. Vier Stück gab's an diesem Spieltag und das kommt durchaus nur alle Jubeljahre vor, zumal Nikolce Noveski ja nicht mehr mitmischt. Fünf Eigentore an einem Spieltag sind übrigens Rekord und der stammt aus der Premierensaison der Bundesliga. Am 10. Spieltag vor über 50 Jahren traf Hans-Günter Schimmöller von der Hertha in Bremen ins eigene Tor und Nürnbergs Ferdinand Wenauer in Dortmund. Hoch her ging's damals auf dem Betze (kleine Anmerkung: Das war die Zeit, als es auf dem Betze hoch her ging): Stuttgarts Rudi Entenmann brachte die Hausherren per - na klar! - Eigentor in Führung, doch die hatten die Rechnung ohne Dieter Pulter gemacht. Der Lauterer schnürte binnen zwölf Minuten einen Doppelpack, allerdings in die falsche Richtung, und drehte das Spiel zugunsten der Gäste. Endstand: 1:3. Man könnte jetzt noch Geschichten darüber erzählen, dass es drei Eigentore in einem Spiel erst 2009 zwischen Hannover und Gladbach wieder geben sollte und dass Herr Pulter bei weitem nicht der einzige Doppeleigentorschütze der Ligageschichte ist, aber lassen wir das...

Was nun? Bislang ging der VfB so: Vogelwild nach vorn, vogelwild nach hinten, Ergebnisse bescheiden, aber zumindest jede Menge Offensiv-Potenzial erkennbar. Beim 0:4 gegen Schlusslicht Augsburg war jetzt gar nichts mehr zu erkennen, weshalb Alex Zorniger nach dem Spiel auch erstmals richtig ratlos wirkte und treffend meinte: "Es geht in die Richtung, dass man nicht mehr schlechter Fußball spielen kann." 31 Gegentreffer hat der VfB jetzt schon kassiert und ist Tabellenvorletzter. Huub Stevens' Entdeckung der Totalnull (0 Tore, 0 Siege, 0 Aufschwung) ist es zu verdanken, dass man nicht 18. ist.

King Erbse: Räumt die Showbühne frei, rollt den roten Teppich aus, spitzt die Ohren! Jetzt kommt's gleich... Javier Hernandez alias Chicharito alias die kleine Erbse ist der torgefährlichste Mexikaner der Bundesliga-Geschichte. Ever! Mit seinem Doppelpack in Frankfurt katapultierte sich Leverkusens Stürmer jetzt auch am großen Pavel Pardo (wer kennt sie nicht, die Pardo-Büsten vor der Mercedes-Benz-Arena?) vorbei. Hier die All-time-Mexican-Goalscorer-Toplist-in-Bundeslig-History: J. Hernandez (6), P. Pardo (4), Maza (2), R. Osorio (1), A. Galindo (0), A. Guardado (0).

Schwarz-gelbes Zittern: Seit Dortmunds letzter Meisterschaft ist der HSV der erklärte Angstgegner der Schwarz-Gelben. Seit Beginn der Saison 2012/2013 verlor der BVB fünf von sieben Duellen mit den Rothosen und gewannen nur eins. Das ist umso erstaunlicher, weil der HSV gerade in diesem Zeitraum ja gefühlt fast überhaupt kein Bundesligaspiel gewonnen hat. Bleibt hier noch zu ergänzen, dass der BVB gegen keinen anderen Gegner in diesem Zeitraum eine so verheerende Bilanz hat, auch nicht gegen die - jaja - Bayern. Opta kennt übrigens den Grund: Kryptonit.

Top Ten: Thomas Müller ist jetzt schon Legende. Gegen Schalke erzielte er sein 83. Bundesliga-Tor für die Bayern und zog damit mit Paul Breitner auf dem 10. Platz der ewigen Torjägerliste beim Rekordmeister gleich. Prognose: Spätestens im April ist er an Matthäus, Uli Hoeneß, Scholl und Pizarro vorbeigezogen und hat Elber eingeholt. Der ist mit 92 Toren die Nr. 4.

Schnapszahlen oder so: Der FC Bayern hat wettbewerbsübergreifend jetzt 333 Tore in Pflichtspielen unter Pep Guardiola erzielt. Manuel Neuer machte auf Schalke sein 222. Pflichtspiel für die Bayern. Ist jetzt keine Schnapszahl, aber trotzdem: Javi Martinez hat nach 917 Tagen Abstinenz wieder ein Bundesligator geschossen.

Wie einst Lattek: So legendär wie Müller ist sonst nur Andre Schubert. Der blieb auch im achten Spiel als Gladbacher Bundesliga-Coach ungeschlagen (7 Siege) und zog damit mit Udo Lattek gleich, dem das Kunststück 1975 gelang, als er gerade frisch vom FC Bayern nach Gladbach gewechselt war. Bei Lattek standen damals allerdings nur 4 Siege und 4 Unentschieden zu Buche.

Sixpack: Wolfsburg erzielte erstmals seit dem 1. März 2001 wieder sechs Tore in einem Bundesligaspiel. Damals hieß es 6:1 gegen Unterhaching und die Torschützen waren: Kühbauer, Schnoor, Rische, Maric, Munteanu und Akonnor. Trainer war Wolfgang Wolf, aber das reicht ja jetzt auch an Info.

Hätten Sie's gewusst: Mit dem Werder-Spiel ist Wolfsburg jetzt seit 28 Bundesliga-Heimspielen ungeschlagen (21 Siege, 7 Unentschieden). Das ist nicht nur der beste Streak Niedersachsens, sondern sogar der beste im Vergleich mit den fünf Topligen Europas. Also: Weder die - jaja - Bayern noch irgendwer in Italien, Spanien, England oder Frankreich sind so gut wie Wolfsburg.

Nur so: Alle vier Pflichtspiele zwischen Darmstadt und Ingolstadt vor dem Sonntagabend waren 2:2 ausgegangen. Diesmal entschied man sich dafür, die vier Tore anders aufzuteilen: drei für Ingolstadt, nur eins für Darmstadt. Die Bundesliga ist nicht gerecht.

Der 13. Spieltag im Überblick