Kempter spielt sich auf

Von Patrick Völkner
Robert Kempter stand zuletzt immer wieder im Mittelpunkt
© getty

Fehlentscheidungen, Körpersprache, Fingerspitzengefühl - auch in der neuen Saison analysieren wir in unserem faktenbasierten Schiri-Check das Leistungsniveau der Bundesliga-Schiedsrichter und bewerten ihre Spielleitungen. Nach acht Spieltagen wagen wir ein erstes Zwischenfazit und werfen dabei ausnahmsweise auch mal den Blick auf einen Zweitligareferee.

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Durchaus ansehnlich gestalten sich die Zahlen im ersten Zwischenfazit für die Schiedsrichter. Doch hier und da trügt der Schein. Derweil kann ein Neuling überzeugen, während der Flop der letzten Saison auch diesmal wieder oft daneben liegt. Den schwächsten Eindruck hinterlässt jedoch ein Unparteiischer, der gar nicht in der ersten Liga pfeift.


Wenn, dann richtig

Der Blick auf die nackten Zahlen spricht für Konstanz. 0,69 Fehler pro Spiel bei einer Durchschnittsnote von 2,93 - dies sind ordentliche Werte als Zeugnis von in der Summe durchaus vorzeigbaren bis guten Schiedsrichterleistungen. Dies zeigt auch der Vergleich mit der Statistik der letzten Saison. So stand nach acht Spieltagen der Spielzeit 2014/15 eine Durchschnittsbewertung von 2,99 (bei dem gleichen Fehlerwert von 0,69) zu Buche.

Die insgesamt erfreuliche Bilanz darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Referees mitunter haarsträubende Patzer unterlaufen. So lautet das Zwischenfazit nach knapp einem Viertel der Saison denn auch: Selten daneben, wenn aber, dann richtig. Beispielhaft dafür steht Florian Meyers Leitung der Partie zwischen Hertha und dem 1. FC Köln am 6. Spieltag.

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Der Burgdorfer Unparteiische erlaubte sich über die 90 Minuten nur eine Fehlentscheidung, lag da aber gründlichst daneben. Die Grätsche des Kölners Heintz gegen Berlins Kalou nicht mit dem an sich gebotenen Elfmeterpfiff zu ahnden, bedurfte schon eines Höchstmaßes an kreativer Regelauslegung.

In eine ähnliche Kategorie fällt auch Felix Zwayers Auftritt im Spiel zwischen Darmstadt 98 und dem FC Bayern München am 5. Spieltag. Auch hier gab der Referee über weite Strecken des Spiels eine ordentliche Figur ab, machte jedoch einen schwerwiegenden Fehler: Hollands Einschreiten gegen Bayerns Rode hätte zwingend einen Strafstoß nach sich ziehen müssen. Zwayer sah jedoch zur allgemeinen Verwunderung davon ab, erhielt wegen der ansonsten respektablen Leistung noch die SPOX-Note 3,5.


Erfahrung und Jugend on Top

Die Spitzenposition in unserer Schiedsrichtertabelle hat aktuell Manuel Gräfe inne. Der Berliner Schiedsrichter, der wegen seiner grotesken Leistung im Relegationsrückspiel zwischen Karlsruhe und dem HSV in den Fokus der Kritik geraten war, kam erst am 5. Spieltag zu seinem ersten von bis dato drei Einsätzen. In allen drei Begegnungen blieb der 42-Jährige fehlerlos und verdiente sich jeweils die SPOX-Note 2,0.

Der jüngst zum Schiedsrichter des Jahres gekürte Dr. Felix Brych lieferte bei seinen vier Saison-Einsätzen ebenfalls eine gute Gesamtperformance ab. Allein bei seinem letzten Aufritt am 8. Spieltag in der Partie zwischen Hertha und dem HSV offenbarte Brych Schwächen, als er sowohl bei Holtby und Skjelbred jeweils auf die an sich gebotene Verwarnung verzichtete und mit seinem Gespann die Abseitsstellung von Ibisevic vor dem 3:0 übersah. Davon abgesehen überzeugt Brych auch in der neuen Saison durch abgeklärtes und selbstsicheres Auftreten.

Auf dem zweiten Rang findet sich derweil neben Dr. Jochen Drees und Wolfgang Stark mit Benjamin Brand ein Bundesliga-Neuling wieder. Der26-jährige Bamberger stieg zur neuen Saison in den Kreis der Erstligareferees auf und nahm den Platz ein, der durch das altersbedingte Ausscheiden von Thorsten Kinhöfer und Peter Gagelmann frei geworden war.
Bei seinen ersten beiden Auftritten (Schalke - Darmstadt am 2. Spieltag und Frankfurt - Hertha am 7. Spieltag) machte Brand jeweils eine gute Figur und erlaubte sich abgesehen von kleineren Unsicherheiten keine größeren Fehlern. Beide Spielleitungen wurden jeweils mit der SPOX-Note 2,5 bewertet.

Der Blick auf junge Schiedsrichtertalente wie Benjamin Brand hat dieser Tage besondere Bedeutung, werden in den kommenden Jahren doch einige etablierte Unparteiische aus Altersgründen die Pfeife an den Nagel hängen müssen. Stark, Meyer, Kircher, Sippel - die Liste der demnächst ausscheidenden Referees dürfte nicht nur Schiri-Boss Herbert Fandel die Sorgenfalten auf die Stirn treiben, auch wenn neben Brand mit jungen Leuten wie Bastian Dankert oder Christian Dingert doch einige hoffnungsvolle Kräfte vorhanden sind.


Schwacher Perl - mal wieder

Auch der 45-jährige Günter Perl befindet sich auf der Zielgerade seiner Schiedsrichterkarriere. In seinem Fall jedoch dürfte sich die Besorgnis über das bevorstehende Ausscheiden aus dem Kreis der Erstligaschiedsrichter in Grenzen halten. Denn in der Vergangenheit hat der Pullacher nur selten mit überzeugenden Leistungen aufwarten können. So lag er am Ende einer für ihn insgesamt enttäuschenden Saison 2014/15 auf einem schwachen letzten 23. Platz.

Auch nach dem 8. Spieltag der neuen Spielzeit findet sich Perl wieder am Ende des Tableaus wieder. Dabei weist er mit 4,0 nicht nur die schlechteste Durchschnittsnote, sondern auch die höchste Fehlerquote auf. Nach seinen drei Spielleitungen kommt er aktuell auf 1,7 Fehler pro Begegnung.

Den absoluten Tiefpunkt erlebte der Bayer dabei am 5. Spieltag, als ihm bei der Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und Hertha BSC das fragwürdige Kunststück gelang, gleich dreimal von dem an sich gebotenen Elfmeterpfiff abzusehen. Sowohl nach dem Foul von Stark an Draxler als auch nach den regelwidrigen Aktionen von Dante und Naldo gegen Weiser bzw. Ibisevic hätte Perl jeweils auf den Punkt zeigen müssen - seine Pfeife blieb jedoch in allen drei Fällen stumm. Die mit Abstand schwächste Schiedsrichterleistung der laufenden Saison wurde mit der SPOX-Note 6 bewertet.


Der auffällige Herr Kempter

Einen noch schlechteren Eindruck als Günter Perl hinterließ bislang nur Robert Kempter, der als Zweitligaschiedsrichter zwar gar nicht im Oberhaus pfeifen darf und doch zweimal in den Mittelpunkt der Diskussionen geriet.

In besonderer Erinnerung wird dabei vor allem sein Auftritt als Schiedsrichter-Assistent bei der Partie zwischen dem FC Bayern München und dem FC Augsburg am 4. Spieltag bleiben, als er Spielleiter Knut Kircher zu einer schwerwiegenden Fehlentscheidung veranlasste.

Den Zusammenstoß zwischen Feulner und Douglas Costa als elfmeterreifes Foulspiel des Augsburgers zu interpretieren, war nicht nur völlig abwegig, sondern hatte zudem entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des Spiels, das die Münchener durch Müllers verwandelten Elfmeter mit 2:1 gewannen.

Auch am 8. Spieltag spielte sich Kempter in den Vordergrund, diesmal in seiner Funktion als Vierter Offizieller. Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking wegen eines Trittchens gegen die Trainerbank auf die Tribüne verbannen zu lassen, war genauso kleinkariert wie absurd und zeugte nicht gerade von Fingerspitzengefühl. Der alte Grundsatz, nach dem Schiedsrichter dann am besten sind, wenn man sie gar nicht wahrnimmt, gilt eben auch für Assistenten und Vierte Offizielle.

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