"Da geht das Theater wieder los"

Zlatko Junuzovic geht bei Werder Bremen in seine fünfte Saison
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SPOX: Im Spiel gegen Hertha durfte zudem Maximilian Eggestein erstmals in der Startelf ran - er gilt als großer Hoffnungsträger für die Zehn. Zu Recht?

Junuzovic: Maxi hat eine sehr gute Vorbereitung gespielt und sich seine Chance als 18-Jähriger erarbeitet - das verdient Respekt. Ich finde, er hat seine Sache ordentlich gemacht, obwohl ein Auswärtsspiel zum Debüt sicher nicht einfach ist. Und trotzdem geht das Theater da sofort wieder los.

SPOX: Was meinen Sie?

Junuzovic: Ach, das Gerede über Positionen, Philosophien, Personalien, das immer sofort aufkommt, wenn mal ein Spiel nicht so erfolgreich läuft. Davon darf man sich nicht ablenken lassen. Natürlich gelingt einem so jungen Spieler am Anfang nicht alles, er kann aber nur besser werden, wenn er Spielzeit bekommt. Das gilt für alle unsere jungen Leute, egal wie talentiert sie sind. Es macht daher keinen Sinn, nach ein, zwei Spielen direkt ein Urteil abzugeben, was sie erreichen können.

SPOX: Bremen gilt nicht als ungeduldiges Pflaster, dennoch spielt die Zehn aufgrund der Tradition eine spezielle Rolle. Was denken Sie, woher dieses Phänomen kommt?

Junuzovic: Ja, aber wir sind jetzt in einer ganz anderen Situation. Johan Micoud, Diego oder Mesut Özil - das ist Vergangenheit. Sie alle spielen seit vielen Jahren nicht mehr hier, der Fußball ist seitdem sowieso ein anderer. Es bringt nichts, in der Vergangenheit zu leben oder da irgendwelche Parallelen ziehen zu wollen.

SPOX: Das System - die Raute - ist allerdings dasselbe...

Junuzovic: Mag sein, aber nur nominell. Das System ist jetzt ein anderes als beispielsweise mit Diego. Diesen klassischen Zehner, von dem immer geredet wird, den gibt es heute fast nicht mehr. Die Positionen sind viel flexibler und variabler geworden. Nicht einmal Özil hat in seiner Werder-Zeit einen klassischen Zehner gespielt, er hat eine viel modernere Interpretation der Rolle gezeigt.

SPOX: Wie sieht das Anforderungsprofil an einen modernen Mittelfeldspieler denn aus?

Junuzovic: Heutzutage musst du auf den Außen, defensiv oder offensiv spielen können, immer in der Lage sein, die Position zu wechseln und zu verschieben. Man muss von überall Gefahr ausstrahlen können, nicht von dieser einen vordefinierten Position, die man auf dem Spielbogen verpasst bekommt. Dieser Zehner-Fokus ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

SPOX: Sie selbst haben jede Menge Positionen gespielt, bei Werder und auch in der österreichischen Nationalmannschaft. Gibt es da überhaupt eine Art Lieblingsposition?

Junuzovic: Man rätselt hier seit Jahren, wo ich am ehesten hingehöre. In der Nationalmannschaft ist es relativ klar, weil ich einer von drei Mittelfeldspielern in der Zentrale bin. Da kommt dann wieder der Stempel und die Realität: Offiziell spiele ich auf der Zehn, aber ich rotiere sehr viel mit den anderen und weiche mal nach hinten aus, oder gehe mit in den Sturm. Wir wechseln uns da viel ab, nur ist eben alles zentral. Diese Rolle gefällt mir sehr gut, die Abstimmung funktioniert hervorragend.

SPOX: Bei Werder spielen sie meist auf der linken Halbposition. Fühlen Sie sich dort falsch aufgehoben?

Junuzovic: Nein, das nicht. Ich musste mich ein bisschen dran gewöhnen, das stimmt schon. Ich spiele eigentlich am liebsten zentral, weil man dort am meisten Einfluss auf das Tempo nehmen kann. Die Raute ist aber eben kein 4-2-3-1 wie in der Nati, sondern ein völlig anderes System. Hier spiele ich mehr auf den Außen, das stört mich aber nicht. Ich habe gelernt, wie ich das Spiel dort beeinflussen kann.

SPOX: Ihre Position, die Torhüter oder die Zehner; es scheint, als wären Sie ziemlich gut über die Berichterstattung zum Verein und zu Ihrer Person informiert.

Junuzovic: Die meisten Dinge schaue ich mir an. Gerade dann, wenn es sich um so eine Geschichte wie mit dem HSV geht, auf die ziemlich heftig reagiert wurde. Zu so einem Blödsinn muss ich ja Stellung beziehen und es klarstellen. Generell ist es für mich natürlich interessant, wie ich als Person und Spieler wahrgenommen werde.

SPOX: Bei Werder gehören Sie mit Clemens Fritz nun zu den etabliertesten Akteuren. Hat sich Ihre Rolle dadurch gewandelt? Sind Sie nun mehr als Anführer gefordert?

Junuzovic: Klar, das hat mich in meiner Rolle beeinflusst. Ich habe dadurch mehr Verantwortung, die ich aber gerne übernehme. Ich habe schon deutlich mehr Erfahrungen gesammelt als unsere jüngeren Spieler, deswegen kann ich ihnen mal Ratschläge gegeben. Ich bin ja jetzt schon ein bisschen älter, werde bald 28. Das passt also schon. (lacht)

Seite 1: Junuzovic über seine Verlängerung und die "HSV-Affäre"

Seite 2: Junuzovic über die Zehner-Diskussion und die Raute

Zlatko Junuzovic im Steckbrief