Auch auf den Letzten kommt's an

Von Benedikt Treuer
Nicklas Bendtner wechselte 2014 zum VfL
© getty

Durch seine siegbringenden Treffer im Supercup hat Nicklas Bendtner gezeigt, dass mit ihm noch zu rechnen ist. Euphorische Prognosen waren beim dänischen Problemstürmer in der Vergangenheit meist mit Vorsicht zu genießen. Kurz vor Saisonbeginn scheint der Lord aber auf die richtige Spur einzubiegen - und seine Rolle im Team zu erkennen. Womöglich zum ersten Mal.

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"Als Alonso verschossen hat, war ich mir sicher, dass es auf den Letzten ankommen wird. Ich bin froh, dass ich es dann gut gemacht habe", erklärte Nicklas Bendtner nach dem Supercup-Finale konzentriert gegenüber Wölfe TV.

Wenige Momente zuvor hatte Wolfsburgs Problemstürmer den VfL zum Titel gegen die Bayern geführt - durch den wichtigen Ausgleich in der 89. Minute und einen nicht minder wichtigen Elfmeter zum 5:4 im Elfmeterschießen. Ansatzlos und lässig - so, wie es sich für einen internationalen Topstürmer gehört.

Und der Matchwinner fand großen Anklang - sehr großen sogar, denn die internationale Presse sprang ganzheitlich auf seine Leistung an. Auch wenn das sicherlich in hohem Maße mit dem ohnehin existierenden Hype um seine Person zusammenhängt, zeigte der Samstagabend: Bendtner hat sich noch nicht aufgegeben.

Die Argumente gingen aus

Dass der Däne zum Mann des Abends avancieren würde, war in Anbetracht seiner bisherigen Zeit beim VfL nicht abzusehen. Alleine die Tatsache, dass Hecking ihn in einer spielentscheidenden Phase gegen die Bayern brachte, überraschte während der Partie nicht wenige.

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Denn Bendtner schien längst abgeschrieben, der Toleranz-Puffer aufgebraucht. Zu selten hatte er im vergangenen Jahr seine Verpflichtung rechtfertigt, zu wenige Argumente standen noch auf der Habenseite.

Bei einem entsprechenden Angebot hätte ihm in Wolfsburg keiner Steine in den Weg gelegt - die Verantwortlichen bemühten sich jedenfalls nicht, diesen weit verbreiteten Glauben zu korrigieren.

"Zu viele Ungereimtheiten"

Das Trainingslager hatte den Eindruck zuletzt sogar weiter verstärkt: Anstatt Integration stand vielmehr das Schlagwort Isolation in engem Zusammenhang mit dem 27-Jährigen, der häufig individuell abseits der Mannschaft trainierte.

"Wir waren an einem Punkt, dass wir gesagt haben, dass wir ihn an die Grenze bringen müssen und darüber hinaus. Das hat er in den letzten Jahren nicht mehr gespürt. Da waren zu viele Ungereimtheiten bei seinen Stationen", erklärte Allofs die Trainingsmaßnahmen.

In der Tat schien Bendtner bei seiner Reise durch Europa zu einem gewissen Grad der Ernst und die Professionalität abhanden gekommen zu sein. Seine nicht immer gewollte Fähigkeit, in den sozialen Medien stets Gesprächsthema Nummer eins zu sein, verdrehte ihm ein ums andere Mal den Kopf. Sein allseits bekannter Spitzname "Lord" trug ebenfalls nicht unwesentlich zum schwindenden Fokus bei.

Plötzlich mit Verstand?

Doch Bendtner, den viele für stets eigensinnig und unbelehrbar halten, wachte auf. Das bescheinigt ihm mittlerweile auch sein Coach, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, Lob und Euphorie nach außen zu tragen - erst recht nicht für Spieler, deren Soll weit über dem Ist liegt.

Ein Schalter in Bendtners Kopf schien sich umgelegt zu haben: "Wir wünschen uns natürlich, dass Nicklas in die Rolle reinschlüpft, die wir ihm zugedacht haben. Seit sieben bis zehn Tagen hat er verstanden, was wir von ihm wollen", sagte Hecking nach dem Supercup. Worte mit Nachdruck, aber auch Worte, die im Fall Bendtner hoffen lassen wie selten zuvor.

Natürlich weiß man beim VfL nur zu gut, dass ein überzeugendes Spiel nicht gleich Grund zur überschwänglichen Euphorie ist. Gerade Bendtner diente der Fußballwelt in dieser Hinsicht schon mehrfach als Paradebeispiel. Man weiß aber auch, was man am dänischen Angreifer hat: Einen erfahrenen, kaltschnäuzigen Vollstrecker, der nur hin und wieder die Gedanken ordnen muss.

Es kommt auch auf den Letzten an

Bendtner wird sich aller Voraussicht nach keinen Stammplatz im Wolfsburger Kader erspielen. Dazu ist die Konkurrenz um Bas Dost und Neuzugang Max Kruse schlichtweg zu stark. Gerade in der Anfangsphase, in der Kruse noch Fuß fasst, sind Spiele wie der Supercup aber die große Chance, das persönliche Bewerbungsschreiben auch für den Trainer wieder interessant zu machen.

Irgendwie könnten Bendtners Worte nach Spielende zum Sinnbild der kommenden Wolfsburger Saison werden. Denn mit der Dreifachbelastung Bundesliga, Pokal und Champions League wird es über die gesamte Spielzeit im VfL-Kader auch auf den vermeintlich Letzten ankommen.

Bis vor wenigen Tagen hatte in der öffentlichen Wahrnehmung Bendtner diesen Platz inne - Schlusslicht eines eingeschworenen Haufens. Doch er hat verstanden, dass er auch aus dieser Position heraus Chancen hat. Ob er es dann auch am Saisonende "gut gemacht" hat, wird sich zeigen. Zu wünschen wäre es ihm.

Nicklas Bendtner im Steckbrief

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