"Die Playstation interessiert mich nicht"

Simon Rolfes hat 26 Länderspiele (zwei Tore) für die deutsche Nationalmannschaft bestritten
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SPOX: 75 Mark war doch aber viel Geld für Sie in diesem Alter?!

Rolfes: Klar, aber ich habe gespart und empfand den Preis auch als nicht allzu teuer. Also habe ich eine Münze bestellt und bin danach mit dem Fahrrad zum Abholen auf die Bank gefahren. Da wurde mir ein fingernagelgroßes Teil hingelegt. Ich sagte zu der Angestellte: "Das ist nicht meine." Sie aber: "Doch, hier steht Simon Rolfes drauf." Ich: "Das kann nicht sein, ich habe doch 75 Mark dafür bezahlt. Die muss so groß sein wie meine Silbermünzen." War aber eben nicht so. Ich bin dann zwar todtraurig nach Hause gefahren, habe aber letztlich gelernt, welch Unterschiede es zwischen Größe und Wert geben kann.

SPOX: Haben Sie auch schon mal so richtig ins Klo gegriffen?

Rolfes: Ja, das war beim Aktienfonds, den ich mit meinem Bruder zusammen gekauft hatte. Das ist auch eine nette Geschichte, aus der ich früh etwas mitnehmen konnte. Der Aktienfonds ging zur Zeit des Neuen Markts ständig nach oben. Wir haben uns gefreut ohne Ende und dachten auch, das ginge jetzt einfach so weiter. Als der Markt jedoch einbrach, fiel der Fonds vollkommen ins Bodenlose. Wir haben ihn damals - und so machen es ja viele - auch in der Euphorie gekauft. Ich weiß gar nicht mehr genau, was er alles beinhaltete. Letzten Endes war alles völlig substanzlos.

SPOX: Wie ist es denn im Kollegenkreis, spricht man mit Ihnen darüber, wie man seine eigenen Finanzen am besten regelt?

Rolfes: Es ist schon vorgekommen, dass ich unter vier Augen nach Rat gefragt wurde. Da gab es von mir dann aber keine Tipps, sondern es ging darum, wie man solche Dinge grundsätzlich angeht.

SPOX: Es gibt eine Statistik, die besagt, dass ein Viertel der Spieler in den deutschen Profiligen nach dem Karriereende kein Geld mehr auf dem Konto haben. Denkt die heutige Spielergeneration beim Thema Geld für Ihre Begriffe zu kurzfristig, wenn man neben der Statistik bedenkt, dass mittlerweile auch 20-Jährige Autos im Wert von über 100.000 Euro fahren?

Rolfes: Darauf wird es häufig reduziert, aber das setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Es besteht beim Ausgabeverhalten die Gefahr zu unterschätzen, wie viel man für seinen Lebensstandard wirklich braucht und wie sozusagen die Kaufkraft stabil bleibt, ohne dass das Kapital aufgefressen wird. Dafür sollte man schon ein Gefühl entwickeln können. Es gibt natürlich auch eine große Bandbreite an Profis, die Verdienste sind unterschiedlich. Ich glaube, dass da der Standard bei dem einen oder anderen teilweise zu hoch ist und eben unterschätzt wird, dass die Karriere auch nur zehn bis 15 Jahre lang dauert. Oft fehlt ein Plan B.

SPOX: Denken Sie, dass ein 20-Jähriger heutzutage überhaupt die Geduld aufbrächte, eine Aktie als langfristige Anlageform zu sehen?

Rolfes: Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass für einen jungen Kerl grundsätzlich nichts dagegen sprechen würde. Gehen wir mal davon aus, dass es sportlich für einen läuft, dann würde er viele Jahre lang nichts mit seinen Aktien tun müssen. Wer denkt, er würde mit Aktien nach ein, zwei Jahren schon total glücklich, der sollte es lieber gleich sein lassen. Das ist eine Altersvorsorge. Je langfristiger es angelegt ist, desto mehr minimiert sich das Risiko.

SPOX: Welche Rolle spielt für einen Profifußballer denn die Sorge, dass das Vermögen nicht den Rest des Lebens ausreicht?

Rolfes: Da man selbst ja keinen Erfahrungswert hat, was ausreicht und was nicht, sollte man sich nicht auf Schätzungen verlassen. Es ist keine Frage, dass man die zehn, 15 Jahre nutzen muss - weil es ganz einfach auch eine großartige Chance ist. Darüber hinaus sollte man sich Gedanken machen, dass man mit 35 vielleicht nicht nur auf dem Sofa sitzen will, sondern auch dann etwas tut, was einem Spaß bereitet. Es geht ja nicht nur um den Verdienst, sondern um Freude im Leben. Dazu habe ich übrigens kürzlich ein Interview mit Phil Collins gelesen.

SPOX: Was sagt der dazu?

Rolfes: Er muss sich ja keine finanziellen Sorgen machen, hat aber geäußert, dass der normale Alltag nach seinem Rückzug aus dem Musikgeschäft schwieriger zu bewältigen sei. Auch die Freude am Alltag wiederzufinden sei für ihn nicht einfach gewesen, weil ihn die Musik sein Leben lang erfüllt hat.

SPOX: Das Problem, nach der Karriere den Alltag vernünftig zu meistern, wurde auch schon von vielen Ex-Fußballern beschrieben.

Rolfes: Das sollte man auch nicht unterschätzen. Es war von allen aktiven und nicht-aktiven Fußballern bereits als Kind der Lebenstraum, Profi zu werden. Darauf wird hingearbeitet. Heutzutage muss man mit 14 oder 15 unglaubliche Entbehrungen im Vergleich zu Gleichaltrigen auf sich nehmen. Diese Jungs sind schon in diesem Alter sehr durchgetaktet, leben extrem für ihren Traum und bringen Opfer. Wenn man dann tatsächlich Profi geworden ist, merkt man schnell, wie sehr man sich in diesem harten Geschäft durchsetzen muss. Dass es dann irgendwann mit über 30 nicht so einfach ist, das Gewohnte hinter sich zu lassen und etwas Neues zu beginnen, ist auch irgendwo nachvollziehbar. Man sollte sich in der Spätphase seiner Karriere zumindest ein bisschen damit beschäftigen. Dann wächst man in solche Gedankengänge hinein und es mag einem leichter fallen.

SPOX: Nimmt man als Profi überhaupt wahr, wann man sich zumindest ungefähr in der von Ihnen angesprochenen Phase befindet?

Rolfes: Das kann ich nicht allgemeingültig beantworten, aber viele tun das sicherlich nicht. Es ist ja keine Frage, dass die Zeit als Fußballer sehr schön und komfortabel ist - und man denkt, danach wird schon irgendwas werden. Ich glaube, je früher man der Wahrheit sozusagen ins Auge schaut, desto leichter wird auch der Neustart.

SPOX: Über Uli Hoeneß wurde bekannt, dass er sich zu einem Zocker entwickelte und ständig wie besessen die aktuellsten Aktienkurse abrief. Können Sie nachvollziehen, dass das auch zu einer Sucht werden kann?

Rolfes: Das kann ich nicht beurteilen. Es kann ja vieles im Leben zu einer Sucht werden.

SPOX: Wie oft schauen Sie nach Ihren Aktienkursen, genügt da eine App auf dem Handy?

Rolfes: Ja, das reicht völlig. Wenn ich eine Woche ohne Handy in den Urlaub fahre, dann fahre ich eine Woche ohne Handy in den Urlaub und es ist auch nichts passiert (lacht). Es besteht da weder mehr noch weniger Gefahr als mit allen anderen Sachen auch. Wenn ich Zeit habe, informiere ich mich. Ich habe nicht das Gefühl, mich permanent informieren zu müssen, sagen wir es so. Mich interessieren wie gesagt die Unternehmen - und die bringen nicht jeden Tag neue Meldungen heraus. Ich lese Zeitung und dann beispielsweise entsprechende Quartalsberichte. Der Kurs ist völlig zweitrangig.

SPOX: Wer 50 Euro übrig hat und nicht auf den kurzfristigen Erfolg aus ist, in welche Aktien sollte man jetzt investieren?

Rolfes: Es ist unmöglich und zu kurz gedacht, da eine sinnvolle Prognose abgeben zu können. Man kann nicht sagen, dieses oder jenes ist für alle gut. Zumindest ist es aber interessant, dass die Deutschen sehr stolz auf ihre Industrieunternehmen sind, aber nie selbst daran beteiligt sein wollen. Sie arbeiten gerne für sie, sind aber nicht gerne Teilhaber. Das ist durchaus komisch und vielleicht eine Sache, die die Deutschen bei ihrer Altersvorsorge bedenken sollten. Amerikaner sind da beispielsweise viel offener und bei der Altersvorsorge dementsprechend erfolgreicher als die Deutschen.

Seite 1: Rolfes über Karriereende, sein Studium und eine Goldmünze für 75 Mark

Seite 2: Rolfes über das Thema Geld und den Alltag nach der Karriere

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