"Wiese passt ins WWE-Schema"

Von Interview: Maurice Kneisel
Sieht man Tim Wiese in naher Zukunft bei WrestleMania?
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SPOX: Wäre ein WWE-Engagement denn finanziell attraktiv für einen Fußballer wie Wiese?

Wright: Das ist schwer zu sagen, dafür müsste ich seine persönliche Situation kennen. Ein Sportler kann Millionen im Jahr verdienen, aber aufgrund eines hohen Lebensstandards trotzdem in den Miesen sein. In einem solchen Fall könnte ich mir vorstellen, dass er sich genötigt fühlen würde, so etwas aus PR-Gründen zu machen, obwohl er eigentlich keine rechte Lust dazu hätte. Aber ich gehe jetzt mal davon aus, dass Wiese ein schlauer Kopf ist und seine Verdienste gut angelegt hat, sodass er es finanziell nicht machen müsste. Ich denke jedenfalls nicht, dass ein Angebot so ausfallen würde, dass er sich denken würde: "Okay, das mache ich gleich!" Die WWE ist auch nur ein Business und wird nicht gleich ein paar Millionen raushauen, um einen Profisportler aus einem anderen Bereich unter Vertrag zu nehmen. Es gibt schließlich keine Garantie dafür, dass er auch für diesen Sport geeignet ist. Er mag im Fußball Erfolg gehabt haben, aber Wrestling ist eben doch etwas völlig anderes.

SPOX: Würde man bei Wiese also die Katze im Sack kaufen?

Wright: Genau. Wenn jemand so viele Jahre auf eine Sache eingefahren ist, ist es schwer, umzuschalten. Wenn ich in meiner Wrestlingliga NEW jemanden unter Vertrag nehmen würde und einer der Gründe für diese Verpflichtung die PR wäre, dann würde ich natürlich auch wollen, dass er schnell einsteigen kann. Es wäre eben die Frage, ob Wiese das Wrestling so schnell erlernen könnte.

SPOX: Nachdem das WWE-Angebot bekannt wurde, lieferten die sozialen Medien bereits Namensvorschläge für Wieses Wrestling-Alter-Ego. Hätten Sie denn einen Namen auf Lager?

Wright: So etwas entwickelt sich beim Training. Dafür müsste ich erst mal seine Persönlichkeit kennenlernen und wissen, wie er tickt, wo seine Stärken und Schwächen liegen und was für einen Charakter er darstellen könnte. Erst danach wäre der Name ein Thema, das man gemeinsam angeht. Wichtig ist auf jeden Fall, dass sich in dem Namen die Persönlichkeit widerspiegelt, er muss authentisch wirken.

SPOX: Das ist sehr interessant zu hören. Man fragt sich doch immer mal wieder, wie Namen wie beispielsweise Seth Rollins entstehen.

Wright: Das hält jeder Promoter anders. Wie die WWE das macht, weiß ich natürlich nicht. Vielleicht sagen sie auch einfach: Du heißt jetzt Soundso (lacht). Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich wohler fühlt, wenn man sich mit seinem Namen identifizieren kann. Dann kommt auch die Arbeit im Ring besser rüber.

SPOX: Sie engagieren sich mit der NEW, Ihrer Wrestlingschule und diversen anderen Projekten sehr stark für das Wrestling in Deutschland. Wie empfinden Sie es, wenn solche Geschichten derart viel Aufmerksamkeit bekommen?

Wright: Ich freue mich generell, wenn Wrestling in den Medien stattfindet. Wenn das Ganze im positiven Licht dargestellt wird, ist es natürlich immer schöner. Auf der anderen Seite finde ich es etwas schade für die Wrestlingschüler, die nun auch Profis sind, drei Jahre wirklich hartes Training hinter sich haben und nun sehen müssen, dass ein Tim Wiese eher ein Angebot bekommt als sie. Aber so läuft das Geschäft nun mal ab. Drei ehemalige Schüler von mir hatten bereits WWE-Tryouts und Adrian Severe wurde sogar nach Orlando eingeladen. Ich glaube daran, dass jeder, der hart arbeitet, früher oder später auch eine Chance bei der WWE erhält.

SPOX: Solche Schlagzeilen helfen also auch dem Wrestling in Deutschland?

Wright: Absolut! Wie lautete die "Bild"-Schlagzeile: "SPD-Politiker fordert Tim Wiese heraus"? (lacht) Dadurch war Wrestling auf der Titelseite. Wenn das Match nun tatsächlich zustande käme und man einen Abend mit Promi-Kämpfen, aber auch mit Matches zwischen ausgebildeten Wrestlern veranstalten würde, wäre das dem Sport zuträglich. Es würde viele neue Leute in die Halle ziehen, die das Spektakel sehen wollen und danach vielleicht vom Wrestling-Fieber infiziert sind. Es ist wie mit allem: PR ist immer gut.

SPOX: Denken Sie, es könnte Überschneidungen zwischen Fußballanhängern und Wrestlingfans geben?

Wright: Es gibt definitiv Fans, die Wrestling und Fußball mögen, aber sicher auch nicht alle. Leider Gottes hatte Wrestling früher nicht den besten Ruf, weil alle dachten, es sei nur Show und es in den Medien sehr negativ präsentiert wurde. Das hat sich in den letzten Jahren glücklicherweise sehr verändert. Es ist Sports Entertainment, aber eben auch ein echter Hochleistungssport. Fans anderer Sportarten erkennen mittlerweile eben auch die Athletik und das Können der Leute, die in den Ring steigen.

SPOX: Sie sehen also die generelle Entwicklung der Wahrnehmung eher positiv?

Wright: Ja, von allen Interviews, die ich in letzter Zeit gegeben habe, wurde immer entweder objektiv, informativ oder sogar sehr positiv über Wrestling berichtet. Die Leute haben einen Live-Test bei mir in der Halle bzw. ein Training gemacht oder eine Veranstaltung besucht und waren begeistert davon, was die Jungs drauf haben.

SPOX: Wie viel von dieser positiven Entwicklung würden Sie sich selbst als dem einzigen deutschen Wrestler, der sich in den USA langfristig durchsetzen konnte, zuschreiben?

Wright: Mit meiner Schule bringe ich das Wrestling in Deutschland sicherlich voran. Interessierte können Schritt für Schritt kompetentes und fachgerechtes Wrestling erlernen. Früher gab es zwar ähnliche Einrichtungen. Aber bei mir steht Sicherheit und Spaß an erster Stelle. Man muss sich über eines im Klaren sein: Es ist sehr schwer, den Sport zu erlernen. Man ist trotzdem kaum in der Lage, genau das nachzumachen, was man im TV sieht. Grundsätzlich habe ich aber mit Sicherheit meinen Beitrag dazu geleistet, dass sich die Qualität des Sports und die Einstellung der Sportler positiv verändert haben, indem ich meine jahrelange Berufserfahrung einfließen lasse und ihnen von A bis Z alles beibringe, damit sie sich auch international etablieren können. Zum anderen veranstaltet meine Liga New European Championship Wrestling jeden Monat Shows, wir sind im Sports Entertainment-Bereich in Deutschland die größte Liga und machen es 1:1 wie die WWE, nur dass wir eben nicht das große Budget haben. Aber wir haben jetzt schon eine große Fanbase und ich denke, dass das sich positiv auf die Wrestlingszene auswirkt und mögliche Fans dazu bewegt, beim Wrestling hängen zu bleiben. Ich wollte dem schönen Sport Wrestling, dem ich so viel verdanke, etwas zurückgeben. Deswegen ist die Förderung von Talenten das Wichtigste für mich.

Seite 1: Wright über Wieses WWE-Angebot und Wrestling-Training

Seite 2: Wright über Gehälter und Wrestling in Deutschland

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