Von der Entwicklung überholt

Von Tim Holzwarth
Sven Ulreich wollte mit dem VfB hoch hinaus - jetzt sitzt er auf der Bank
© getty
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Der bisherige Stammkeeper hat für den VfB zweifelsohne einiges geleistet, bewies nach Schwächephasen Charakterstärke und hat großen Anteil am Klassenerhalt 2011 und 2014, doch das größte Problem liegt in seiner Entwicklungskurve: Er stagniert. Und das schon seit langem.

Andere junge Torhüter wie Leno, Trapp oder Baumann haben ihn überholt. Das muss sich auch Torwarttrainer Andreas Menger ankreiden lassen, selbst wenn er klarstellt: "Das Wichtigste ist immer noch, dass der Ball nicht ins Tor geht. Das ist wichtiger als die Frage, ob ich meinem Mitspieler den Ball über 50 Meter auf die Brust spielen kann."

Menger genießt großes Ansehen in der Branche und hat sich beim VfB zum Ziel gesetzt eine regelrechte Torhüter-Dynastie aufzubauen. Zweifelsohne hat der 42-Jährige in seiner Anfangszeit in Stuttgart bei Ulreich eine deutliche Leistungssteigerung herbeigeführt, doch im Gegensatz zu anderen Bundesliga-Torhütern hat dieser es nicht geschafft seinen Stil weiterzuentwickeln und sich dem modernen Torwartspiel anzupassen.

Aufgrund des höheren Ausgangsniveaus ist bei den oben genannten Keepern auch langfristig noch eine Steigerung zu erwarten, Ulreich dagegen fehlt die Konstanz. Vom Dunstkreis der Nationalmannschaft bis zur Nummer zwei im Verein ist die Karriere des 26-Jährigen von Extremen geprägt. Mehr Konstanz erhofft man sich in Stuttgart nun von der neuen Nummer eins. "Kirsche" soll positiven Einfluss auf seine Vorderleute haben und mit seinem Spiel die Statik des Teams grundlegend verändern.

Ulreich bleibt sich selbst treu

Mit Odisseas Vlachodimos wird zudem ein Talent aus den eigenen Reihen bei nicht wenigen als kommende Nummer eins gehandelt. Der 20-Jährige hatte bei der zweiten Mannschaft des VfB in der 3. Liga einen durchwachsenen Start, hat sich mittlerweile aber stabilisiert und wird immer kontinuierlich besser.

Und Ulreich? Der bleibt professionell, zeigt eine menschlich einwandfreie Haltung und bleibt sich damit selbst treu. "Ich habe mir für mein Fußballerleben das Wort Respekt als die wichtigste Leitlinie festgelegt", stellt er klar.

Nach dem ersten Saisonsieg gratulierte er Kirschbaum, machte öffentlich kein Fass auf. Er weiß genau wie schwierig und angespannt die Situation bei seinem geliebten VfB ist.

Torwart-Wechsel als Impuls

Ein Torhüter-Wechsel wie in Stuttgart ist dabei längst kein Einzelfall mehr. Ist die Situation eines Klubs zu verfahren und eine Systemänderung effektlos verpufft, wird gerne auf einen neuen Impuls zwischen den Pfosten gesetzt. So geschehen in Bremen, Hamburg oder auch aktuell beim 1. FC Nürnberg.

Da auf der Torwart-Position im Gegensatz zu den Feldspielern mit einem Tausch auf einen Schlag viel mehr Veränderung herbeigeführt werden kann, nutzen manche Trainer einen Wechsel auch zur Profilschärfung oder als Versuch den eigenen Kopf zu retten. Wie sonst auch entscheidet dabei letztendlich der sportliche Erfolg über richtig oder falsch.

Wie schnell die vermeintlich korrekte Entscheidung aber wieder in die Kritik geraten kann, zeigt aktuell das Beispiel Raphael Wolf bei Werder. Nach 15 Gegentoren in sechs Spielen wird am Nachfolger von Sebastian Mielitz langsam gezweifelt.

Wie man in Stuttgart später über die insgesamt dritte Degradierung von Sven Ulreich sprechen wird, liegt an seinem Team. Ist der VfB erfolgreich, hat Veh mit Kirschbaum alles richtig gemacht und "Ulle" bleibt nur das respektvolle Bankdasein.

Rationale Entscheidung und fußballerischer Defizite

Stagnation und Torwart-Wechsel als Impuls

Sven Ulreich im Steckbrief

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