Gehemmte Entwicklung

Nachdenklich: Derzeit funktioniert Luhukays Hertha noch nicht wie gewünscht
© getty

Erstmals in seiner dreijährigen Amtszeit droht Jos Luhukay mit Hertha BSC in unruhige Gewässer zu geraten. Der Saisonstart mit nur einem Punkt aus drei Spielen ging in die Hose. Die Neuzugänge haben noch keine Bindung und das Team offenbart ungeahnte Schwächen. Gegen den punktgleichen SC Freiburg (20. 15 Uhr im LIVE-TICKER) sollte der Umschwung eingeleitet werden.

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Hertha BSC hatte im Sommer einige namhafte Abgänge zu verzeichnen. Den besten Torschützen Adrian Ramos zog es nach Dortmund. Pierre-Michel Lasogga war zwar schon im vergangenen Jahr an den HSV ausgeliehen, hätte aber den Ramos-Abgang auffangen können. Doch Lasogga zog es vor, in Hamburg zu bleiben.

Michael Preetz suchte lange nach einem Nachfolger im Sturm und fand ihn in Person von Salamon Kalou. Der Champions-League-Sieger von 2012 wechselte kurz vor Ende der Transferperiode vom OSC Lille nach Berlin.

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Zudem verpflichtete Preetz mit Jens Hegeler, Valentin Stocker und Marvin Plattenhardt verheißungsvolle Talente. Hegeler soll in Berlin der Durchbruch gelingen. Stocker war eines der interessantesten Talente beim FC Basel und Plattenhardt spielt seit Jahren in diversen U-Teams des DFB eine gute Rolle.

Roy Beerens und Genki Haraguchi komplettierten die Transferoffensive in Berlin gemeinsam mit der Verpflichtung von Julian Schieber. Mit Johnny Heitinga kam auch noch ein international renommierter Spieler in die Hauptstadt.

Die Alte Dame zickt

Doch bisher blieb die Alte Dame so ziemlich alles schuldig. Ein Punkt aus drei Spielen - so hatte man sich den Start in Berlin garantiert nicht vorgestellt. Das Problem sind aber nicht die Neuzugänge, sondern scheint durchaus tiefgründiger zu sein.

In der letzten Saison legten die Berliner eine unfassbar gute Hinrunde hin, an der sie nun gemessen werden (wollen). Basis des Erfolgs war die ausgeprägte Defensivstärke. Nur 20 Gegentore ließ man in 17 Spielen zu - ein starker Wert allemal, für einen Aufsteiger fast schon sensationell.

Nach drei Spielen in der aktuellen Saison hat die Hertha bereits neun Tore gefressen. In der Vorbereitung versuchte Luhukay eine Dreierkette zu installieren, diese Formation war in den bisherigen drei Spielen noch keine wirkliche Option. Defensiv zu anfällig präsentierte sich die Mannschaft auch im gewohnten System.

Eine Frage der Mentalität?

Flexibilität sollte in der neuen Saison groß geschrieben werden. Doch derzeit fehlt dem Team auf dem Platz noch die Orientierung, die Automatismen greifen noch nicht, was aber nicht nur an der fehlenden Eingespieltheit liegt, sondern scheinbar auch eine Frage der Mentalität ist, was Luhukay schon sauer aufgestoßen ist.

Belegen lässt sich diese These anhand der Mannschaftslaufleistung, die im Vergleich zur vergangenen Saison um acht Kilometer durchschnittlich zurückging (112 statt 120 Kilometer). Es scheint fast so, als ruhe sich das Team noch immer auf der Hinrunde aus dem letzten Jahr aus.

Zudem brachte die Torwart-Diskussion um Thomas Kraft ebenfalls nicht zwingend Ruhe in das Team. Die Hertha spürt den Ausfall von Tolga Cigerci. Auch Fabian Lustenberger kann nach seiner halbjährigen Verletzungspause noch nicht wieder die gewohnte Leistung zeigen. Das alles sind Aspekte, die in die Leistung der Berliner einfließen.

Probleme bei Stocker

Für neuen Wind soll ausgerechnet Kalou sorgen. Möglich, dass der Ivorer gegen den SC Freiburg in der Startelf steht. "Ich bekomme meine Fitness zurück. Ich denke, dass es für Freiburg reicht. Ich gehe auf die 100 Prozent zu", sagte der 29-Jährige.

Doch Luhukay will nichts überstürzen. Kalou "braucht noch Zeit" sagte der Trainer: "Er ist noch nicht eins mit seinen Mitspielern und tut sich schwer, Bindung zu kriegen."

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Ähnlich läuft es bei Stocker, der mit dem FC Basel bereits in der Champions League spielte. Luhukay sieht noch deutliche Defizite beim 24-jährigen Schweizer: "Valentin war bis dato körperlich nicht in der Lage, um Bundesliga zu spielen. "Wenn ein Spieler diese Basis nicht habe, müsse er geschützt werden. "Ansonsten helfe ich weder dem Spieler noch der Mannschaft."

Trainingswoche gibt Hoffnung

Einziger Lichtblick ist bisher Julian Schieber, der in Dortmund zwei eher bescheidene Jahre erlebte und für die Hertha nun schon drei Mal traf. Von der Qualität des Teams ist man in der Hauptstadt weiterhin überzeugt, doch die schwache Ausbeute der vergangenen Rückserie (13 Punkte, Platz 17) steckt noch immer in den Köpfen. So sagte Manager Michael Preetz vor der Saison: "Wir wollen uns möglichst rasch etablieren. Die unbefriedigende Rückrunde hat dieses Ansinnen, sich weiterzuentwickeln, noch mal untermauert." Bisher sieht man aber wenig davon.

Allerdings sind auch erst drei Spiele gespielt. Nach der Länderspielpause hatte der Trainer erstmals alle Mann weitestgehend an Bord: "Die Situation hat sich beruhigt, wir konnten während der Woche mit 21 Feldspielern trainieren", sagte Luhukay unter der Woche.

Der Gegner aus Freiburg hat ebenfalls nur einen Punkt auf dem Konto. Das Gute an der Begegnung könnte aus Hertha-Sicht sein, dass die Probleme des SC eher in der Offensive liegen.

Sollte am Freitagabend allerdings kein Sieg gelingen, könnte es erstmals in drei Jahren für Luhukay tatsächlich ungemütlich werden. Und Hektik wollte man in Berlin nach den letzten Jahren eigentlich tunlichst vermeiden.

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