"KHR übernimmt den Hoeneß-Part"

Von Interview: Jonas Schützeneder
Gemeinsam erfolgreich: Niko und Robert Kovac wollen mit Kroatien zur EM 2016.
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SPOX: Das klingt wie die Erklärungen eines Cheftrainers. Momentan sind Sie allerdings noch Assistent bei der kroatischen Nationalmannschaft. Haben Sie einen Karriereplan im Kopf?

Kovac: Zuerst einmal will ich meine Trainer-Ausbildung erfolgreich abschließen und die Quali zur EM schaffen. Danach kann so etwas natürlich möglich sein. Aktuell passt die Aufgabe in der zweiten Reihe allerdings hervorragend. Ich kann in Ruhe arbeiten und fühle mich total wohl im Team.

SPOX: Beim kroatischen Verband sind Sie auch verstärkt als Manager gefragt. Wie sieht Ihre Tätigkeit abseits der Spiele aus?

Kovac: Ich verfolge sehr viele Partien in ganz Europa. Unter der Woche ist zudem Planung und Organisation angesagt. Wir sind nicht so groß wie der DFB, deshalb sind bei uns alle gefragt. Vor allem die Anreise und Logistik rund um die Spiele sind enorm wichtig.

SPOX: In Ihrer Funktion als Co-Trainer waren Sie bei der WM in Brasilien dabei. Denken Sie manchmal noch an die 69. Minute im Eröffnungsspiel und das Elfmeter-Geschenk für Brasilien?

Kovac: Deutlich seltener, obwohl wir natürlich sehr enttäuscht waren. Wir haben ein super Spiel gemacht, alles gut umgesetzt und am Ende unglücklich verloren. Die WM ist aber abgehakt, jetzt zählt nur noch die EM-Qualifikation.

SPOX: Trotzdem: In einer Gruppe mit Brasilien, Kamerun und Mexiko wäre das Achtelfinale schon realistisch gewesen, oder?

Kovac: Natürlich hatten wir uns das vorgenommen. Wir haben insgesamt auch einen tollen Fußball gespielt. Gegen Kamerun haben wir klar dominiert, im entscheidenden Spiel gegen Mexiko waren wir am Drücker, bevor wir wegen eines Standards verloren haben.

SPOX: Jetzt warten mit Italien und Norwegen zwei harte Gegner in der Quali. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Kovac: Es ist ganz normal, dass man in der Qualifikation solche Hochkaräter als Gegner bekommt. Italien ist immer ein Topteam und in Norwegen entsteht eine sehr gute Mannschaft. Aserbaidschan mit Berti Vogts und Bulgarien darf man auch nicht vergessen. Aber wir haben ein gutes Team, Ziel ist ganz klar die Qualifikation.

SPOX: Vor einem Jahr waren Sie noch im Trainerteam der U 21. Plötzlich wurden Sie befördert, standen vor über einer Milliarde Zuschauer im Eröffnungsspiel. Haben Sie die letzten Monate schon richtig realisiert?

Kovac: Es stimmt schon, es ging unglaublich schnell. Im Fußball passiert so etwas und man muss sich dann von der einen auf die andere Sekunde umstellen. Wir sind mit der klaren Idee angetreten, einen neuen Spielstil zu entwickeln. Und daran arbeiten wir jetzt.

SPOX: Wie soll der Stil aussehen?

Kovac: Kurz gesagt: so wie Deutschland. Wir wollen ein offensives Pressing und ein schnelles Umschaltspiel. Dazu mehr Qualität im eigenen Ballbesitz. Natürlich braucht so etwas Zeit, aber wir haben ein starkes Team und sind von unserem Weg überzeugt.

SPOX: Kroatiens Cheftrainer ist Ihr älterer Bruder Niko. Was zeichnet ihn als Coach aus?

Kovac: Er hatte als Spieler eine großartige Karriere und hat dabei bei verschiedenen Vereinen Erfahrung gesammelt. Niko ist äußerst zielstrebig und hat eine klare Vision vom Fußball. Außerdem lässt er sich nicht von seinem Weg abbringen, was gerade als Nationaltrainer sehr wichtig ist.

SPOX: Kroatien war nach der tollen WM 1998 die Nummer 3 der Weltrangliste. Danach klappte aber nur 2008 der Sprung über die Vorrunde hinaus. Was ist schief gelaufen?

Kovac: Der Erfolg von 1998 hängt natürlich mit der starken Generation dieser Jahre zusammen. Danach haben wichtige Spieler ihre Karriere beendet und wir haben eine sehr schwere Qualifikationsgruppe erwischt. Für ein so kleines Land ist deshalb jede Teilnahme an einer Endrunde ein großer Erfolg.

SPOX: Ähnlich verlief die Entwicklung nach der starken EM 2008. Es war Ihr letztes internationales Turnier.

Kovac: Das Ausscheiden gegen die Türkei schmerzt auch heute noch. Wir waren klar besser und kassierten in der Nachspielzeit den Ausgleich. Dann gehst du mit einem psychologischen Nachteil ins Elfmeterschießen. Auch danach haben wieder mehrere Leistungsträger aufgehört. Für uns ist es heutzutage wichtig, auch nach Erfolgen weiter hart zu arbeiten und sie nicht als selbstverständlich zu sehen. Das darf man sich nicht mehr erlauben.

SPOX: Blicken wir doch mal auf Ihren Kader. Mit Rakitic, Modric und Mandzukic haben Sie absolute Weltklasse im Team. In der Breite können Sie aber nicht ganz mit den Topteams konkurrieren.

Kovac: Kroatien ist ein sehr kleines Land mit nur vier Millionen Einwohnern. Deshalb müssen wir im Nachwuchsbereich noch intensiver arbeiten, um diesen Nachteil wettzumachen. Bisher gelingt uns das recht gut. Wir haben einige Talente und unsere Leistungsträger können noch mehrere Jahre spielen. Das macht uns schon optimistisch.

SPOX: Bei Talenten müssen wir natürlich über Alen Halilovic sprechen. Er ist der jüngste Nationalspieler Kroatiens aller Zeiten und hat jüngst auch in Barcelona eine starke Premiere gefeiert.

Kovac: Darüber sind wir sehr glücklich. Aber Alen ist noch ein sehr junger Spieler. Er kann kein Team führen. Aber als Mittelfeldspieler kann er bei uns von großen Spielern lernen und noch besser werden. Man muss ihm nur Zeit geben und Schritt für Schritt aufbauen.

SPOX: Den nächsten Schritt hat im vergangenen Jahr definitiv Ivan Rakitic gemacht. Zur Belohnung gab es den Wechsel nach Barcelona. Wie haben Sie seine Entwicklung verfolgt?

Kovac: Für ihn ist es ein Traum, das Barca-Trikot zu tragen. Er hat in den letzten Jahren unglaublich zugelegt und verdient es, bei diesem Top-Klub zu spielen. Ivan wird sich in Barcelona noch mal weiterentwickeln, da bin ich mir sicher.

SPOX: Abschließend ein kurzer Rückblick auf Ihren Sommer-Urlaub. Sie waren in Ihrer Heimat als Reiseleiter für Bastian Schweinsteiger gefragt. War er zufrieden?

Kovac: Ich denke schon (schmunzelt). Bastian kam damals als junger Spieler zu den Profis und wir haben uns immer gut verstanden. Deshalb habe ich ihm meine Heimat natürlich gerne gezeigt. Wir haben viel gesehen und er hatte nach der WM natürlich großen Erholungsbedarf. Er hat die Zeit dort sehr genossen.

Seite 1: Kovac über die Bayern, Guardiola und Mandzukic

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Robert Kovac im Steckbrief

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