Ein Sammelsurium an Problemen

Von Stefan Rommel
Dem Bundesliga-Dino droht der erste Abstieg der Vereinsgeschichte
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Die Mentalität

"Man kann berechtigte Zweifel am positiven Ausgang haben", sagte Kreuzer am Anfang der Woche. Der Sportdirektor ließ sich zu einigermaßen unbedachten Äußerungen hinreißen, die die komplette Ratlosigkeit der sportlichen Führung belegten.

"Alleine können wir es nicht mehr schaffen. Wir brauchen die Unterstützung der anderen", sagte Kreuzer. "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir extremst in die anderen Stadien gucken müssen." Das mag gefühlt richtig sein, ist aber angesichts von einem beziehungsweise zwei Punkten Vorsprung auf Nürnberg und Braunschweig ein völlig falsches Signal an die Mannschaft. Im Prinzip muss ja der HSV "nur" seine beiden Spiele gewinnen, hat es also sehr wohl selbst in der Hand.

Kreuzer hat in dieser Saison schon nahezu alles versucht, um die Mannschaft zu packen. Fast immer vergeblich. Vor dem Augsburg-Spiel appellierte er an die Ehre seiner Spieler. "Wir befinden uns auf der Zielgeraden, es sind vielleicht noch 30 Meter zu absolvieren. Jetzt muss jedem Spieler bewusst sein, was es heißt, alles aus sich rauszuholen. Sie müssen mehr als 100 Prozent geben, es geht um das große Ganze, um das Überleben des Vereins. Totale Hingabe, unglaublicher Siegeswillen, bedingungsloser Einsatz - das ist es, was ich fordere."

Es wurden Einzelgespräche geführt, ein Kurztrainingslager organisiert, Slomka holte sogar einen Bioenergetiker zu Hilfe. Geholfen hat es gar nichts, in Augsburg spielte der HSV einmal mehr wie ein Absteiger.

"Jeder Spieler hat gewusst, was auf dem Spiel steht. Das war zu wenig, das war einfach zu wenig. Ich warte schon seit Wochen auf eine Reaktion der Mannschaft. Sie hat es auf die Spitze getrieben", formulierte Kreuzer seine Enttäuschung nach der Partie. "Irgendwann ist alles an- und ausgesprochen. Am Ende des Tages ist es soweit, dass es die Jungs auf dem Platz umsetzen müssen."

Die so genannten Führungsspieler verstecken sich entweder oder sind mit der Situation schlicht überfordert. Ein gutes Beispiel ist Torhüter Adler. Dem unterlaufen nicht zufällig so viele schwere Fehler wie noch nie in seiner Karriere. Adler will unbedingt, hat aber weder in Hamburg noch in seiner Zeit davor in Leverkusen gelernt, voranzugehen und eine Mannschaft zu führen.

Selbst zwei Spieltage vor Schluss und mit dem Rücken zur Wand haben einige Spieler offenbar den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt. "Spielerisch war es nach vorne ganz okay, hinten fallen die Tore zu einfach", erklärte Arslan nach der Augsburg-Partie lapidar. Jener Spieler, der bei den beiden ersten Gegentoren nicht wie gefordert den Halbraum gesichert und Doppeltorschütze Halil Altintop in irgendeiner Weise am Abschluss gehindert hatte.

Streng genommen führt die Mannschaft die Mentalität des gesamten Klubs nur stringent auf dem Platz fort. Es gibt seit fünf Jahren keinen echten Leistungsgedanken auf allen Ebenen. Niederlagen und Rückschläge werden schulterzuckend hingenommen, vereinzelte Siege schnell als Trendwende verkauft - dabei schürten die immer nur die latente Selbstzufriedenheit im Klub.

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