"Tuchel und Streich sind Vorreiter"

Von Daniel Reimann
Thomas Schneider trat beim VfB Stuttgart das Erbe von Bruno Labbadia an
© getty
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SPOX: Sie haben Ihren Fußballlehrer unter anderem mit Markus Gisdol, Markus Weinzierl und Michael Wiesinger gemacht. Alle wurden bereits vor Ihnen Profitrainer. Waren Sie da manchmal neidisch?

Schneider: Neid ist mir völlig fremd. Ich habe riesen Respekt vor deren Leistung und habe mich von Herzen für sie gefreut. Trainer wie Wiesinger und Gisdol hatten schon mehr Vorerfahrung als ich. Ich kann mich ganz gut selbst einschätzen und weiß, wie wichtig die zwei Jahre im Jugendbereichen waren, um mich weiterzuentwickeln.

SPOX: Schließlich nahmen Sie das Angebot vom VfB an. Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, dass Sie es dort sogar bis zum Cheftrainer schaffen könnten?

Schneider: Das ist schwer zu beurteilen. Ich wusste zwar, dass meine Arbeit wahrgenommen und geschätzt wurde. Erst recht, als mein Vertrag vorzeitig um vier Jahre verlängert wurde. Zudem gab es mehrere Anfragen von Bundesligisten - auch direkt an den Verein. Aber ich hatte immer ein gutes Rollenverständnis und wollte meine aktuelle Aufgabe bestmöglich erfüllen. Konkret wurde es erst, nachdem der Verein die Trennung von Bruno Labbadia beschlossen hat.

SPOX: Haben Sie sich zu diesem Zeitpunkt denn Hoffnungen auf den Cheftrainerposten gemacht?

Schneider: Damit habe ich mich kaum auseinandergesetzt. Ich lebe in meinem Mikrokosmos, beschäftige mich hauptsächlich mit meiner Mannschaft und meinem eigenen Umfeld. Auch wenn es im Hinterkopf immer diesen einen Traum gab, eines Tages mit einer Profimannschaft zu arbeiten.

SPOX: Die Übernahme von Trainern aus der eigenen Jugend liegt im Trend. War das ein entscheidender Vorteil für sie?

Schneider: Das weiß ich nicht. Aber es stimmt schon, dass Vereine heutzutage ihre Trainer viel genauer selektieren, als es früher der Fall war. Es wird mehr Wert darauf gelegt, ob ein Coach zum Verein passt. Trainer wie Tuchel oder Streich sind die Vorreiter in dieser Hinsicht. Sie haben den Weg für viele andere geebnet und bewiesen, dass solche Modelle funktionieren können.

SPOX: Wurde denn früher zu wenig auf Faktoren wie Identifikationsvermögen und Stallgeruch geachtet?

Schneider: Ich bin mir nicht sicher, ob das eine so große Rolle spielt. In meinem Fall ist es höchstens ein Teilaspekt, dass ich Stallgeruch habe und mich mit dem Verein identifizieren kann. Es ist ein riesiger Komplex aus vielen Faktoren, die in solchen Fällen relevant sind. Außerdem gibt es genügend erfolgreiche Trainer, die von extern kommen und trotzdem hervorragende Arbeit leisten.

SPOX: Durch Ihre Arbeit in der VfB-Jugend kennen sie viele der Nachwuchsspieler gut. Derzeit stehen besonders Timo Werner und Rani Khedira im Fokus. Wie schützen Sie die Jungs vor all dem Rummel?

Schneider: In beiden Fällen sehe ich keine Probleme, da beide ein sehr gutes Elternhaus haben. Von Seiten des Vereins geben wir lediglich Hilfestellungen für das Fußballerleben. Wir versuchen sie zu führen und in jeder Hinsicht zu unterstützen. Letztendlich kommt es vielmehr darauf an, ob die Spieler selbst solche Dinge wie Medienhype an sich heran lassen. Aber beide sind gut strukturierte Jungs. Sie können ihre Situation trotz ihres jungen Alters vernünftig einschätzen.

SPOX: Timo Werner wurde vor allem nach dem Sieg über Hoffenheim hochgelobt. Ihm wird eine vielversprechende Perspektive attestiert - zu Recht?

Schneider: Ja, definitiv. Timo Werner ist ein Vollblutstürmer. Für einen so jungen Spieler hat er bereits viele Qualitäten. Er ist blitzschnell, hat einen guten Zug zum Tor und ist stark im Abschluss. Aber trotz seines Talents muss er immer den Willen haben, hart an sich zu arbeiten und sich beständig weiterzuentwickeln. Er hat einen Traum, weiß wo er hin will und dabei werden wir ihn bestmöglich unterstützen.

Thomas Schneider im Steckbrief