Mit "Rambo" aus der Krise

Von Tim Noller
Gertjan Verbeek unterschreibt beim Club einen Vertrag bis Juni 2015
© getty

Der 1. FC Nürnberg hat Gertjan Verbeek als neuen Trainer vorgestellt. Der 51-jährige Niederländer erhält einen Vertrag bis Juni 2015 und wird schon am Freitag auf der Trainerbank sitzen. Mit Disziplin und harter Arbeit soll er den Club aus der Krise führen. Doch ihm eilt ein gewisser Ruf voraus.

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Die Suche ist beendet. Der Club hat einen neuen Trainer. Nachdem die Verhandlungen mit Christian Gross und dem österreichischen Nationaltrainer Marcel Koller scheiterten, hat der 1. FC Nürnberg am Dienstagmittag Gertjan Verbeek als neuen Cheftrainer vorgestellt. Doch wer ist dieser 51-jährige Mann, der mit seiner Frisur stark an Keith Richards und Rod Stewart erinnert?

Schon früh reizte Gertjan Verbeek, Jahrgang 1962, der Job als Trainer, sodass er dem SC Heerenveen am Ende seiner Spielerkarriere als Co-Trainer erhalten blieb.

In der Folge etablierte sich der einstige Zweitligaverein in der höchsten Spielklasse, doch dem ehrgeizigen Arbeiter Verbeek genügte die Rolle als Assistenztrainer nicht mehr. So wechselte er 2001 zunächst zu Heracles Almelo, bevor er 2004 wieder als Cheftrainer zum SC Heerenveen zurückkehrte.

Harte Arbeit und Disziplin

Verbeek profilierte sich in den Niederlanden als Trainer, der den Erfolg mit harter Arbeit und viel Disziplin anstrebt und zumeist auch realisiert. Seine Mannschaften zeichnen sich durch eine ungeheure Fitness aus, mit der sie ihre Gegner zur Not auch niederlaufen können.

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Nicht die schlechtesten Tugenden, um den Club nun zum Klassenerhalt zu führen. Sportdirektor Martin Bader war nach dem ersten Eindruck von Verbeek begeistert: "Er ist heiß auf diese Aufgabe und bringt richtig Herz und Feuer mit. Das war von der ersten Minute an zu spüren."

Verbeek überlegte nach der Anfrage von Bader vor zehn Tagen nicht lange: "Wenn Nürnberg kommt, sagt man nicht nein."

Kuriose Entlassung nach Sieg

Doch sein Feuer wurde dem 51-Jährigen schon des Öfteren zum Verhängnis. "Nach zwei bis drei Jahren ist das zu Ende und er hat sich bei den Spielern abgenutzt. Das ist vielleicht sein Problem. Er arbeitet zwei bis drei Jahre sehr gut mit einer Mannschaft, aber danach ist Schluss", sagt der niederländische Journalist Leon Ten Voorde im Gespräch mit SPOX. Dies sei auch der Grund für die Entlassung beim AZ Alkmaar gewesen.

Dort wurde Verbeek am 29. September nach einem Sieg gegen den Tabellenführer PSV Eindhoven entlassen. Noch nach dem Spiel sagte er damals: "Ich bin besonders zufrieden über die Art und Weise, wie sie Mut gezeigt hat. Wir hatten viel Energie und der Teamgeist war hervorragend."

Kurze Zeit später wurde er aufgrund von atmosphärischen Störungen gefeuert. "Ich habe das nicht verstanden. Das müssen Sie die Leute in Alkmaar fragen. Sie sagten mir, die Chemie habe nicht mehr gestimmt", äußerte er sich rückblickend.

Aus demselben Grund musste er schon 2009 bei Feyenoord Rotterdam die Koffer packen. "Ein Dolch in den Rücken von Rambo", titelte eine niederländische Zeitung damals und spielte auf die öffentliche Kritik einiger Spieler an. Den Spitznamen "Rambo" verlieh ihm die holländische Presse wegen seiner imposanten Erscheinung und seiner Hartnäckigkeit, die er bei seiner Arbeit an den Tag legt.

Do-it-yourself als Prinzip

Verbeek wird von den Medien als Mann mit Prinzipien geschätzt, der Fragen ehrlich beantwortet und immer 200 Prozent gibt. Bezeichnend ist, dass er sich an freien Tagen eine eigene Blockhütte im Wald baute, anstatt sich vom Ligastress zu erholen. Er ist ein Mann, der immer unterwegs sein muss und bei allem, was er tut, einen ungeheuren Eifer an den Tag legt.

Jedoch scheint es, als ließe er keine anderen Meinungen in einem Verein zu. "Sein Weg ist der Weg", berichtet Ten Voorde. Diese eigensinnige Einstellung scheint so lange gut zu gehen, wie Erfolge eingefahren werden. Die Geschichte in Rotterdam zeigt aber, dass schon kleine sportliche Krisen ausreichen können, um etwaige Spannungen ans Licht zu bringen und die Stimmung kippen zu lassen.

Verbeek soll "schnell Konstanz bringen"

Für die momentane Krise beim 1. FC Nürnberg scheint Verbeek dennoch wie gemacht zu sein. Er wird von den Spielern Disziplin einfordern, um mit harter Arbeit die nötigen Punkte für den Klassenerhalt einzufahren.

So dürften sich Baders Hoffnungen erfüllen. Er beschrieb, dass Verbeek "daran arbeiten werde, schnell Konstanz in die Leistungen zu bringen und die nötige Ruhe an den Tag legen, um mit einem erfolgreichen Auftreten die momentane Situation zu meistern."

Überzeugt habe Bader auch die erfolgreiche Arbeit mit jungen Talenten, während Verbeeks Zeit in den Niederlanden, als er beispielsweise Klaas-Jan Huntelaar weiterentwickelte. Nun möchte Verbeek seine eigenen Ideen einbringen, jedoch gehe es ihm immer um die Qualitäten der Spieler. Danach müsse er sich richten.

Der Sportdirektor ist sich bewusst, dass mit dem neuen Trainer auch seine eigene Zukunft steht und fällt: "Wenn der nächste Trainer nicht funktioniert, dann bekomme ich in die Fresse. Aber dafür werde ich bezahlt. Das halte ich nach zehn Jahren im Verein schon aus."

Traum von der Bundesliga

Es bleibt abzuwarten, ob die sich die Meinung der niederländischen Journalisten, Verbeek sei ein Trainer für die Bundesliga, als richtig erweisen oder ob sich der neue Trainer beim Club mit seiner Art schon schnell abnutzen wird.

Von der Bundesliga hat Verbeek nach eigener Aussage schon immer geträumt: "Meine Ambition war hier zu arbeiten mit dieser großen Konkurrenz. Die vollen Stadien und die Art und Weise wie hier gespielt wird, sprechen mich sehr an. Deshalb freut es mich, dass ich hier arbeiten kann."

"In den Club verliebt"

Für die kommenden Wochen gab Verbeek auf der Vorstellungs-Pressekonferenz die Richtung vor: "Das Ziel ist, von den untersten Tabellenregionen wegzubleiben. Wir wollen aber auch attraktiven Fußballspielen und als Mannschaft ein Gesicht haben, wo es viele Tore gibt."

"Wie ich bin? Ich glaube, ihr müsst mich kennenlernen. Dann könnt ihr sagen wie ich bin", begegnete Verbeek der Frage nach seinem Charakter. Bei seiner Vorstellung präsentierte sich Verbeek jedenfalls sehr locker und meinte, dass die Mannschaft über viele Talente und auch erfahrene Spieler verfüge.

Als er das Stadion und die Trainingsstätten sah, sei bei ihm Vorfreude auf die kommenden Wochen entstanden: "Ich habe mich in den Club verliebt." Selbst als ein Journalist ihn auf den Vergleich mit Rod Stewart ansprach, blieb der Coach gelassen und schmunzelte: "Das ist ein Kompliment. Aber singen kann ich nicht."

Gertjan Verbeek im Steckbrief