"So darf es natürlich nicht weitergehen"

Von Interview: Jochen Tittmar
Julian Schieber (M.) stand in dieser Saison noch keine Minute für den BVB auf dem Rasen
© getty
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SPOX: Wie sind Sie mit der Situation umgegangen?

Schieber: Wenn man als Spieler einmal in einem solchen Tief steckt und sich dann offen und ehrlich mit dem Trainer austauscht, tut das unheimlich gut. Erst recht, als ich im DFB-Pokalspiel gegen Wilhelmshaven nicht im Kader stand. Da hockst du zuhause auf der Couch und denkst: Das kann doch nicht sein, deine Mannschaft spielt und du sitzt daheim auf dem Sofa rum. Ich habe mir daraufhin viele Gedanken gemacht. Zusammen mit den Gesprächen mit dem Trainer und kontinuierlicher Arbeit hat es aber zügig geklappt, mich aus dem Loch zu befreien.

SPOX: Was hat Ihnen Jürgen Klopp genau vermittelt?

Schieber: Dass ich mich einfach nicht verstecken und - ganz wichtig - Spaß am Spiel haben soll. Es gab in den Testspielen einige Situationen, in denen ich hätte abschließen können, aber trotzdem nochmal abgespielt habe. Stattdessen: Lieber einfachmal draufhauen und die Kugel 15 Meter über den Kasten jagen, als den Ball alibimäßig nochmal nach links oder rechts rauszulegen. Das ist der gesunde Egoismus, den man als Stürmer einfach braucht.

SPOX: Letzte Saison haben Sie 36 Pflichtspiele absolviert, sieben davon von Beginn an. Wäre diese Bilanz nach der aktuellen Saison in Ordnung oder zu wenig?

Schieber: Das ist so konkret nicht zu benennen. Ich führe keine Strichliste, die ich strikt durchdefiniert habe. Ich wurde bislang noch nicht eingesetzt. So darf es natürlich nicht weitergehen. Mein Anspruch ist, das schleunigst zu ändern. Ich bin jetzt wieder dran an der Mannschaft und habe im Unterbewusstsein nochmal eine Schippe draufgepackt. Ich fühle mich richtig gut.

SPOX: Was passiert, wenn die Einsatzzeiten dennoch nicht mehr werden?

Schieber: Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass irgendwann einmal in der Zukunft der Punkt kommen könnte, an dem ich überlege, ob ich nicht einen anderen Weg gehen muss. Jetzt beginnen aber bald die englischen Wochen, die mich zuversichtlich stimmen, der Mannschaft entweder über Kurzeinsätze oder nach einer Rotation auch in der Startelf helfen zu können. Ich fühle mich hier wohl und akzeptiert, ich gebe noch lange nicht auf.

SPOX: Das Interesse anderer Vereine soll aber bereits dagewesen sein.

Schieber: Es gab die eine oder andere Anfrage, ja. Aber das ist für mich kein Thema, das habe ich immer wieder gesagt. Trotzdem bin ich jetzt aber auch froh, dass der 2. September vorbei ist. Auch wenn man sich von den Gerüchten der Transferphase abschottet, im Freundes- oder Familienkreis kommt es schon vor, dass man auf solche Dinge angesprochen wird. Es passiert häufig, dass die Leute meinen, es besser zu wissen und der Spieler selbst gar nicht mitbekommen hat, was überhaupt gerade geschrieben wurde. Das nervt natürlich, gehört aber wiederum auch zum Geschäft.

SPOX: Das kann einen doch aber auch in gewisser Hinsicht verrückt machen, oder nicht?

Schieber: Man sollte als Spieler eigentlich nie viel lesen, da man im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien eben auch schnell mal aus der Anonymität heraus mit Kritik beschossen werden kann. Ich bin SPOX-Fan, aber wenn ich über Eure App einen Artikel anwähle, die unzähligen Kommentare sehe und dann noch versucht wäre, sie beispielsweise bei einem Bericht über mich zu lesen, würde ich ja erstens nicht nachkommen und zweitens wohl tatsächlich verrückt werden (lacht). Im Internet wird von Usern manchmal über Spieler, Trainer und Vereine auf eine Art und Weise diskutiert, die nicht immer den Tatsachen entspricht. Niemand kann sich aber dagegen wehren, sonst wäre man ja den ganzen Tag damit beschäftigt, selbst zu kommentieren und die Dinge gerade zu rücken.

SPOX: Wie bewerten Sie das Feedback, dass Sie von den BVB-Fans bekommen? Da scheint es welche zu geben, die Ihnen den Durchbruch zutrauen. Andere haben Sie mittlerweile aufgegeben.

Schieber: Es ist in der Tat gespalten. Die Erwartungshaltung in Dortmund ist natürlich riesig, gerade nach den zuletzt so erfolgreichen Jahren. Ich kann versichern, alles in meiner Macht stehende zu tun, um mich und alle Schwarzgelben zufrieden zu stellen. Ob es letztlich reicht, wird die Zukunft zeigen. Ich war und bin davon aber überzeugt.

SPOX: Wenn Sie in der SPOX-App am Ende der aktuellen Saison einen Artikel über sich finden sollten, welche Überschrift hätte der dann im Idealfall?

Schieber: "Julian Schieber hat es seinen Kritiker gezeigt."

Julian Schieber im Steckbrief