Ein Champion für die Attacke

Von Daniel Reimann
Luiz Gustavo (r.) ist der teuerste Transfer der Wolfsburger Vereinsgeschichte
© getty

Luiz Gustavos Debüt beim 4:0 gegen Schalke lief vielversprechend, Lobpreisungen gab es aus allen Ecken. Der Königstransfer lässt Wolfsburg von großen Zielen träumen. Gustavo selbst kommt dabei gleich eine besondere Rolle zu.

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Luiz Gustavo hatte so eine Vorahnung. "Ich kann mir vorstellen, dass mein neues Leben am Samstag für mich hier so richtig beginnt", sagte der Brasilianer bei seiner Vorstellung am Freitag. Tags darauf war es so weit. Spätestens um 17.03 Uhr, als sich ein Großteil der 28.405 Zuschauer in der Volkswagen-Arena von den Plätzen erhob und begeistert applaudierte.

Mit einem gerührten Lächeln spazierte Gustavo zur Seitenlinie, als seine Nummer 22 auf der Tafel des vierten Offiziellen rot aufleuchtete. Er sammelte Handshakes und Schulterklopfer, dankte den Fans und nahm auf der Ersatzbank Platz. Spätestens da blieb ihm Zeit zum Nachdenken. Und die Möglichkeit zu realisieren: Das neue Leben hatte jetzt tatsächlich so richtig begonnen.

Das neue Leben besteht im Vergleich zum alten vor allem in zwei Dingen: Spielpraxis und Anerkennung. Beides wurde ihm in München nicht ausreichend zuteil. Zwar kam er in der letzten Saison auf 22 Bundesliga-Einsätze, doch in Schlüsselspielen durften meist andere ran. Zwar war Gustavo stets beliebt und respektiert, doch im Mittelpunkt stand er nie.

Taktgeber und Staubsauger

In Wolfsburg ist das anders. Der Brasilianer ist der teuerste Einkauf der Klubgeschichte und der Königstransfer von Klaus Allofs, der sogar Arsenal ausstach. Weshalb der VfL rund 20 Millionen Euro zu zahlen bereit war, deutete Gustavo beim 4:0 gegen Schalke mehrfach an.

An der Seite des offensiveren Ja-Cheol Koo trieb er das Wolfsburger Spiel von der Sechser-Position aus an. Gustavo war von Beginn an Ballverteiler und Taktgeber bei den Wölfen, im Spiel nach vorne ging oft der erste Impuls von ihm aus. Seine Ballsicherheit war dabei schlicht beeindruckend. 98 Prozent aller Pässe kamen an.

Bei gegnerischem Ballbesitz wiederum blühte er in seiner Rolle als Staubsauger auf. Gustavo antizipierte und schloss Lücken oft schon, bevor sie entstanden. Wenn es nötig war, ging er selbst dazwischen - und das zumeist erfolgreich. Gegen die dribbelstarke Schalker Offensive gewann der 26-Jährige über zwei Drittel seiner Zweikämpfe.

"Wir brauchen solche Champions"

Doch Gustavo ist nicht nur rein sportlich gesehen enorm wertvoll für den VfL. Der Neuzugang profilierte sich im ersten Spiel für die Wölfe gleich als neuer Dirigent. Im Mittelpunkt der Brasilianer-Achse Naldo-Gustavo-Diego agierte er als Bindeglied zwischen den Mannschaftsteilen. Gustavo ist nicht nur die sportliche, sondern auch die kommunikative Schaltzentrale. Er ist der neue Leitwolf beim VfL.

Dass sich dabei drei Brasilianer gefunden haben, hat zusätzliche Vorzüge. "Die Drei können sich gut unterhalten, so dass die anderen das nicht mitkriegen. Das ist ein kleiner Vorteil", freut sich Trainer Dieter Hecking.

Auch die brasilianischen Kollegen frohlocken über die neue Verstärkung auf dem Platz. Naldo preist ihn als "Mittelfeld-Chef", für Diego ist es "ein Vergnügen, mit ihm zu spielen. Wir brauchen solche Champions, um nach oben zu kommen."

Transfer mit Signalwirkung: Wolfsburg will angreifen

Mit Gustavo soll dieses Ziel nun stärker forciert werden. Es war ein Transfer mit Signalwirkung, der eindrucksvoll unterstreicht: Wolfsburg will angreifen - zurück zu alter Stärke. Eine Vorgabe, die auch schon unter Felix Magath häufig formuliert wurde. Doch diesmal stehen die Vorzeichen anders.

Der aufgeblähte Magath-Kader, der absurde Konkurrenzkampf und die weitreichende Unzufriedenheit im Team sind Geschichte. Hecking und Allofs haben rigoros aussortiert, im Sommer verließen insgesamt 19 Spieler den Verein. Verstärkungen wurden im Gegensatz zur jüngeren Vergangenheit nur punktuell getätigt, doch dafür umso bedachter.

Mit Gustavo scheint nun der letzte Mosaikstein für die Wunschelf von Trainer Hecking gefunden - und gleichzeitig ein Anlass, das Saisonziel nochmal forscher zu formulieren: "Luiz hat vom ersten Moment an vermittelt, dass er mithelfen möchte, damit wir den großen Schritt, um die Distanz zu Mannschaften wie Leverkusen, Schalke, Dortmund und Bayern verkürzen zu können, vielleicht schon in dieser Saison schaffen", so Hecking über seinen Neuzugang.

Auch der Protagonist übt sich bereits in Kampfansagen: "Wir wollen in dieser Saison oben stehen", kündigt Gustavo an und ergänzt: "Zumindest will ich das." Und spätestens seit Samstag ist klar: Sein Wort hat in Wolfsburg Gewicht.

Luiz Gustavo im Steckbrief