"Die Leute hatten eine große Demut"

Von Interview: Fabian Herbers
Verstehen sich blendend: Torsten Lieberknecht und Dortmunds Trainer Jürgen Klopp
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SPOX: Sie sind seit 2008 Trainer in Braunschweig. Seitdem geht es für die Eintracht eigentlich nur bergauf. Haben Sie damals mit so einem Erfolg überhaupt gerechnet?

Lieberknecht: Nein, das hat niemand von uns. Wir waren einfach froh, den Verein vor dem Sturz ins absolute Bodenlose bewahrt zu haben. Das, was danach gekommen ist, konnte keiner absehen, schon gar nicht, dass wir in die Bundesliga kommen. Wir haben viel dafür getan und mussten viele harte Momente auch im Einklang mit der finanziellen Konsolidierung durchstehen.

SPOX: Sie sprechen den jahrelangen Sparkurs an. Warum waren Sie in den letzten Jahren sportlich dennoch so erfolgreich?

Lieberknecht: Fakt ist, dass hier die Kontinuität in vielen Bereichen vorhanden ist. Es herrscht Ruhe im Verein, auch im emotionalen Umfeld, das sich von diesem Weg hat begeistern lassen. Im Bereich der sportlichen Führung ist Ruhe, die Mannschaft konnte sich kontinuierlich weiterentwickeln. Das alles ist aber auch durch die unglaubliche Unterstützung der Fangemeinde getragen.

SPOX: Sie haben einen guten Draht zu Jürgen Klopp. Ist Ihr ehemaliger Mitspieler "nur" Trainerkollege oder auch Vorbild?

Lieberknecht: Jürgen Klopp hat viel für Borussia Dortmund und den Trainerberuf im Allgemeinen getan. Ich glaube, dass sich viele Vereine im Anschluss an die Klopp-Zeit bei Mainz 05 an diese Situation erinnert und dann Leuten das Vertrauen geschenkt haben, die man jetzt vielleicht nicht direkt im Profifußball finden würde. Diese Tür hat er geöffnet. Dazu gehört aber auch ein Jupp Heynckes, der über Jahre hinweg sehr viel für den deutschen Fußball getan hat. Ich schätze Heynckes auch persönlich sehr.

SPOX: Sie sagten, dass in Braunschweig eine große Identifikation mit dem Klub herrscht, die Fans haben große Ehrfurcht vor den Spielern und dem Trainer. Können Sie das genauer erläutern?

Lieberknecht: Das muss man einfach spüren und erleben, wenn man hier ist. Ich hatte hier Drittliga- und sogar Regionalligaspieler. Es hat sich aber immer so angefühlt, als seien das Nationalspieler. Als wären die Eintracht-Spieler keine normalen Menschen, sondern in gewisser Weise außergewöhnlich. Die Leute hatten eine große Demut, die erst mal gelockert werden musste. Sie sollten sehen, dass wir ganz normale Menschen sind.

Torsten Lieberknecht im Steckbrief