Zeljko Buvac: Schweigen und schinden

Von Für SPOX in Bad Ragaz: Jochen Tittmar
Zwei auf einer Wellenlänge: Zeljko Buvac ist mehr als Jürgen Klopps rechte Hand
© getty

Zeljko Buvac bleibt seit Jahren seiner Linie treu: Er redet öffentlich nicht. Auf dem Platz explodiert der experimentierfreudige Co-Trainer von Borussia Dortmund dagegen regelrecht. Eine seiner Einheiten im Trainingslager ist bei den BVB-Spielern besonders gefürchtet.

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Es wäre hochinteressant, mit Zeljko Buvac ein längeres Gespräch über seine Ansichten zum modernen Fußball, die Evolution der Taktik und seine eigene Inspiration zu führen. Nicht wenige Journalisten würden sich ein Loch in den Bauch freuen, einmal einer solchen Gelegenheit beiwohnen zu dürfen. Doch wie es aussieht, wird das in diesem Leben nicht mehr passieren.

Richtet man eine entsprechende Anfrage an die Pressestelle von Borussia Dortmund, wird einem meist mit einem Lächeln entgegnet: Ihr wisst doch, keine Chance. Buvac fährt seit Jahren eine eiserne Linie, was die Öffentlichkeitsarbeit angeht. Er überlässt das Reden den anderen, allen voran seinem langjährigen Weggefährten Jürgen Klopp.

Beim Spaß-Kick im Hotel

Beim Spaß-Kick im Trainingslager in Bad Ragaz zwischen BVB-Vertretern und den anwesenden Journalisten, den diese nach einer Energieleistung in der Schlussviertelstunde in einen 5:4-Erfolg drehten, stand Klopp als Beobachter an der Seitenlinie, der zweite Co-Trainer Peter Krawietz mischte als Sturmtank sogar selbst mit. Buvac blieb im Hotel und dürfte nach dem Eindruck am Montagvormittag eine Trainingseinheit vorbereitet haben.

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"Jeder hat andere Talente. Meines ist, ein gutes Training zu machen", ist eines der wenigen überlieferten Zitate, dessen Schlichtheit sinnbildlich für den "öffentlichen" Buvac steht. Doch auf dem Trainingsplatz kommt der im bosnischen Banja Luka groß gewordene 51-Jährige wie ein anderer Mensch herüber.

Da schreit Buvac in strengem Ton und gestikuliert wie wild, rennt über den Platz und gibt den Spielern unmissverständliche Anweisungen. Buvac explodiert regelrecht und verfällt wie selbstverständlich in den Cheftrainermodus. Diesen Posten bekleidete er in der Tat schon einmal, kurz nach seiner Spielerkarriere war das. 1998 heuerte er beim Oberligisten SC Neukirchen an. Bis Klopp 2001 das Versprechen einlöste, dass sich beide zu Mainzer Spielerzeiten gaben: Sobald einer von ihnen Chefcoach wird, nimmt er den anderen mit.

"Jürgen kann so gut reden"

So arbeiten Klopp und Buvac nun schon seit zwölf Jahren zusammen und vor allem gleichberechtigt Seite an Seite. "Jeder macht Vorschläge, dann entscheidet Jürgen. Und weil er so gut reden kann, sagt er der Mannschaft: Jungs, so machen wir's", meinte Buvac einmal, der im Innern der Trainerkabine nicht nur ausgiebig den Mund aufmacht, sondern seine Spezial-Einheiten strategisch aufbereitet und mit den einzelnen Elementen experimentiert.

"Der schaut in keine Lehrbücher, er denkt sich das aus", erklärt Manager Christian Heidel, sein ehemaliger Weggefährte in Mainz. Am Ende kommen Übungen heraus, die reichlich komplex sind, so dass es für Klopp und Krawietz Sinn macht, die Durchführung vollständig ihrem Kollegen zu überlassen, am Spielfeldrand in die Beobachterrolle zu schlüpfen und in kurzen Einzelgesprächen mit den Spielern lediglich ein wenig Feintuning vorzunehmen.

Dieses Schema ist derzeit auch bei einigen Trainingseinheiten auf dem Sportplatz Ri-Au zu beobachten. Während die Spieler am Montag ein Aufwärmprogramm auf dem Nebenplatz durchzogen, schritt Buvac minutiös das Hauptspielfeld ab, postierte Hütchen und nahm sich Dolmetscher Massimo Mariotti zur Brust, damit dieser den drei Neuzugängen die Anforderungen der nun folgenden Übung detailliert übersetzt.

Training fast ausschließlich mit Ball

Buvac ließ die Schwarzgelben dann bei praller Sonne etwas mehr als eine Stunde lang auf einem Korridor von 60 Metern ein Sieben gegen Sieben spielen. Jedem Team standen drei Ersatzspieler zur Verfügung. Beim Startschuss befanden sich alle 14 Akteure rund 20 Meter vor dem Tor, die ballführende Mannschaft wurde vom Gegner sofort gepresst und sollte Lösungsmöglichkeiten für Pässe und Läufe in die Tiefe finden.

Dazu postierte Buvac bei jedem Team zwei Außenverteidiger, die allerdings nur bei Ballbesitz angespielt werden durften. Wurde eine Offensivaktion beendet, schrie Buvac laut auf und warf willkürlich einen Ball in die Gegenrichtung, so dass sich beide Mannschaften keine Ruhephase gönnen konnten und das Team, das soeben die Abschlussaktion hatte, in einer gewissen Unordnung im Rückwärtsgang erwischt wurde.

Damit bündelte Buvac gleich mehrere Elemente innerhalb eines Intervalls: Zweikampfführung, Gegenpressing, Umschaltverhalten und Angriffsspiel inklusive Torabschluss - eine für ihn typische Komposition. Auffällig ist dazu, dass Buvac fast ausschließlich mit Ball trainieren lässt. Für einen Profi ist das immer noch ein entscheidendes Argument, um dem Trainer zu folgen. Und das tun sie in Dortmund. Die Spieler schätzen Buvac sowohl für sein taktisches Verständnis als auch für den engen Draht, den er zur Truppe pflegt.

Doch in den Trainingslagern im Sommer und Winter gibt es eine Einheit, während der die Kicker Buvac am liebsten auf den Mond schießen würden. Sie ist eine Mischung aus Konditionsarbeit und Willensschulung, trägt intern den vielsagenden Namen "Schweine-Einheit" und ist bei den Spielern gefürchtet.

Eine Stunde lang Steigerungsläufe

Bislang blieb sie in Bad Ragaz jedoch aus. Es wird vermutet, dass am Mittwoch die Stunde der Wahrheit schlagen wird, doch so richtig weiß das niemand, wie das BVB-Umfeld bestätigt. Buvac lässt keine Einblicke zu.

Wenn es dann aber soweit ist, wird er wieder deutlich über eine Stunde Steigerungsläufe über das komplette Feld absolvieren lassen, Pausen sind selten. Auf sein Kommando hin hat man den Ball entweder in hohem Tempo zu führen oder muss ihn abstoppen und in die Gegenrichtung mitnehmen. Nach einer gewissen Zeit ermöglicht Buvac den Spielern, die Einheit durch eine erfolgreich absolvierte Koordinationsübung oder einen gezielten Schuss an die Latte des Tores vorzeitig zu beenden. Wer sich für diese Option entscheidet und dabei versagt, wird noch etwas länger geschunden.

Nach der Vormittagseinheit am Montag wollte sich Buvac wie gewohnt zügig aus dem Staub machen, ehe ihn SPOX kurz aufhalten konnte. "Vielleicht", antwortete er einsilbig auf die Frage, ob die Schinderei auch diesmal stattfinden wird. Dann radelte er davon. Buvacs andere, die öffentliche Seite, hatte ihn da längst wieder eingenommen.

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