Der leise gelebte Traum

Von Von der Säbener Straße berichtet Fatih Demireli
Mario Götze bekommt beim FC Bayern die Trikotnummer 19
© getty

Als Mario Götzes Wechsel zum FC Bayern München bekannt gegeben wurde, kam die deutsche Fußball-Welt beinahe zum Erliegen. Die Vorstellung des Nationalspielers beim Triple-Sieger ging dagegen leise vonstatten. Das lag vor allem an Götze selbst.

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Zwischendurch war Mario Götze wohl ganz froh, ein bisschen Pause machen zu können. Nicht mehr die x-te Frage beantworten zu müssen, warum er denn zum FC Bayern wechselt und Borussia Dortmund den Rücken kehrt. Die Medienvertreter lenkten ihr Interesse auf den Mario, der gar nicht zugegen war und stocherten Matthias Sammer entsprechend mit Fragen. Zu Mario Gomez' Zukunft.

Der Sportvorstand des FC Bayern antwortete mit Geduld - und mit Bedacht. Und als die Gomez-Fragen nicht mehr aufhören wollten, sagte er: "Heute geht's um den Mario". Und deutete auf Götze. Kurze Zeit später kam aber die nächste Gomez-Frage. Vielleicht lag es daran, dass der hiesige Mario zwar redete, aber wenig sagte.

Mario Götzes Vorstellung im Relive

Auch Kirchhoff zurückhaltend

Dass der Neuzugang des FC Bayern bei seiner Vorstellung am Dienstag keine großen Reden schwingen wird, war zu erwarten. Es entspricht einfach nicht dem Naturell des gerade erst 21 Jahre alten Fußballers. Aber Götze legte vor großer Presserunde noch eine große Packung Zurückhaltung drauf und wich vielen Fragen weiträumig aus.

Nicht anders präsentierte sich der gleichaltrige Jan Kirchhoff ein paar Minuten später. Viel Demut, viel Bescheidenheit. Angesprochen auf die Frage, ob er sich der Herausforderung beim FC Bayern stelle, sagte er: "Herausforderung hört sich so an, als müsste ich jemanden wehtun." Das sei nicht so. Die größte Herausforderung für Kirchhoff und Götze war an diesem Tag das Treffen mit den Medien.

Vor allem Götze war anzumerken, dass er an diesem Tag auch gerne ein Alternativprogramm absolviert hätte. Er redete extrem leise, zeigte bisweilen wenig Emotionen und übte sich in wenigen standardisierten Redewendungen. Inzwischen Usus bei vielen Fußball-Profis, die möglichst nicht (negativ) in die Schlagzeilen geraten wollen.

Götzes Treffen mit Pep

Götze legt derzeit seinen Fokus nicht auf Schlagzeilen, die hatte er im April zu Genüge, sondern auf seine Rückkehr: ins Training, auf den Platz. Zum Ball. "Momentan fühle ich mich sehr gut. Ich würde gerne schon mittrainieren", so Bayerns neue Nummer 19. "Ich hoffe, in der nächsten Woche wieder laufen zu können und dass ich in drei bis vier Wochen wieder mit der Mannschaft trainieren kann."

Dann wagt er vielleicht auch einen Ausblick darauf, was ihn beim FC Bayern erwartet. Das erste Gespräch mit Trainer Josep Guardiola hat Götze schon hinter sich: "Wir haben uns früh ausgetauscht, was sehr wichtig für mich war", berichtet der Youngster. "Es war etwas Besonderes. Er hat mich gefragt, wie es mir geht und wir haben ein bisschen über seine Philosophie gesprochen."

Götze als falsche Neun?

Philosophie war die Lieblingsvokabel Götzes an diesem Mittag. Und auch wenn sie in der Fußball-Welt inzwischen inflationär genutzt wird, ist es die spannendste Frage um den Star-Einkauf des Triple-Siegers: Welche Rolle nimmt Götze in Peps Philosophie ein? Sammer sprach übergeordnet von einer Verstärkung für den "zentraloffensiven Bereich". Diese beinhaltet sowohl das offensive Mittelfeld, als auch das Sturmzentrum, wo nach Gomez' fast sicherem Abgang eine Stelle frei wird.

Die Bayern würden die Position - wenn überhaupt - mit Borussia Dortmunds Robert Lewandowski neubesetzen. Da auch Claudio Pizarro am Mittwoch seinen inzwischen abgelaufenen Vertrag verlängern soll, ist kein Interimseinkauf für die kommende Saison geplant. Für Götze ist es die Fahrkarte für die Rolle, die er sowohl in Dortmund, als auch schon in der Nationalmannschaft in drei Länderspielen gegen Kasachstan (zwei Mal) und beim 0:0 in den Niederlanden bekleidet hat.

Und die Rolle, die Lionel Messi beim FC Barcelona unter Pep Guardiola erlernt hat. "Es ist klar, dass Vergleiche zu Barca und seiner Zeit fallen werden. Darauf wird jeder Spieler, also auch ich, gewappnet sein", sagt Götze. Ob er es dem Argentinier, den Götze sehr schätzt, nachmachen wird, ist dem Nationalspieler nicht bekannt: "Ich weiß nicht, was der Trainer vorhat und wer auf welcher Position spielen wird."

Ärger mit Hummels beigelegt

Wichtig ist, und das ist derzeit die größte Aufgabe, dass Götze überhaupt wieder spielt. "Wir haben den besten Arzt der Welt, was schon mal eine gute Voraussetzung ist", sagt Bayerns Sportchef Sammer. "Die Geschichte heilt aus, wir nehmen ja auch unsere angeschlagenen Spieler mit ins Trainingslager." Auch Götze soll mitreisen und dort idealerweise mit dem Lauftraining beginnen.

Die ersten Einsätze werden dann auch die Vergangenheitsbewältigung beschleunigen, zumal Götze unumwunden zugibt, dass die Zeit nach der Transferverkündung nicht einfach war. "Rückblickend war es keine einfache Zeit. Aber es liegt jetzt hinter mir." Inzwischen hat sich auch Mats Hummels für seine Äußerungen in der "Sport Bild" entschuldigt, wie Götze berichtete.

Der Dortmunder Abwehrchef sagte wörtlich: "Ich glaube einfach, dass es sportlich wenig bis keine Gründe gibt oder gab, uns zu verlassen. Man konnte sehen, wie sich unser Team entwickelt hat und Mario hat sich mit vielen super verstanden. Deswegen hat es mich auch so geärgert, dass er der Meinung war, so früh weggehen zu müssen."

Der Traum wird wahr

Götze sieht es anders. Er sei stolz, "mit 21 meinen Traum als Fußballer leben zu können". Den leise gelebten Traum, beim FC Bayern zu spielen, bei dem "das gesamte Paket, der sportliche Aspekt" ausschlaggebend für einen frühen Wechsel in der noch jungen Karriere war: "Ich will den nächsten Schritt machen."

Dies gilt indes auch für Kirchhoff, der nach eigenen Angaben die "Komfortzone" in Mainz verlassen wollte, um sich einer höheren Aufgabe beim FC Bayern zu stellen. Die Bayern planen ihn vornehmlich als Innenverteidiger ein, wo er nach Holger Badstubers Verletzung und der Absicht, auf allen Positionen Rotationsmöglichkeiten zu haben, gebraucht wird.

Das Ding mit dem Swoosh

Dass sich Bayerns junge Neuzugänge schon außerhalb des Platzes klar positionieren können, zeigte das private Rüstzeug, mit dem sie sich bei ihrem ersten offiziellen PR-Termin ihres neuen Klubs präsentierten. Sowohl Götze als auch Kirchhoff zeigten sich im Nike-Outfit - in den Hallen des Adidas-Klubs FC Bayern.

Der fränkische Sportartikelhersteller ist nicht nur langjähriger Ausrüster und Partner des Klubs, sondern besitzt auch 9,1 Prozent Anteile der FC Bayern München AG. Den Münchener ist es wohl entgangen, dass beide Spieler mit dem Swoosh unterwegs sind und mussten sich inzwischen bei Adidas entschuldigen. Zumindest ein Aufreger einer sonst wenig ereignisreichen Veranstaltung.

Mario Götze im Steckbrief