Krakeelt wird vor allem ganz oben

Von Für SPOX in Dortmund: Thomas Gaber
Die Rivalität zwischen Bayern und Dortmund wird abseits des Feldes zusätzlich angeheizt
© getty

Der Testlauf fürs Champions-League-Finale war keineswegs überhart. Die Spieler gehen mit der Rivalität zwischen BVB und FCB normal und sogar entspannt um. Ganz anders läuft es auf Führungsebene ab. Die Offiziellen beider Vereine sind die wahren Zankteufel.

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Uli Hoeneß hatte sichtlich Spaß am Samstagnachmittag. Seine Bayern waren ziemlich überlegen, die Stimmung entsprechend großartig und ein paar seiner berühmten Schäfchen hatten sich auch noch um ihn gescharrt.

Flankiert von Bastian Schweinsteiger und Arjen Robben feierte der Präsident des FC Bayern die Show der Basketball-Abteilung zum Auftakt der BBL-Playoffserie gegen das Flaggschiff der letzten zwei Dekaden, Alba Berlin.

Matthias Sammer: "Die Situation mit Jürgen war harmlos"

Dieser Nachmittag im Münchner Audi-Dome hat Hoeneß gut getan; er konnte für ein paar Stunden abschalten. Schon am Montagabend könnte es für ihn wieder ungemütlich werden, wenn "Der Spiegel" richtig recherchiert hat und die Aufsichtsräte ihrem Chef nahelegen, seine Ämter zumindest vorübergehend nach dem Champions-League-Finale am 25. Mai ruhen zu lassen.

Kahn-Empfang für Neuer

Einen so ausgelassen fröhlichen Hoeneß hat die Öffentlichkeit schon lange nicht mehr gesehen. Ein schönes Bild, aber doch irgendwie bizarr. Denn knapp 600 Kilometer nordwestlich gingen die, die Hoeneß immer noch die liebsten sind, mit Fleiß und Inbrunst in den Infight mit dem Rivalen der letzten und wohl auch der kommenden Jahre.

Rafinha vs. Blaszczykowski, Santana vs. Müller, Boateng vs. Lewandowski. BVB-Fans auf der mächtigen Südtribüne vs. Manuel Neuer, okay ein Schalker Jung, aber über die Zäune segelnde Bananen landeten doch früher schon immer in Oliver Kahns Vorgarten.

Es war eine Menge los an diesem flauschigen Frühlingstag in Dortmund, aber damit durfte man auch rechnen. Es wäre auf dem Platz auch zur Sache gegangen, wenn sich beide Mannschaften nicht in drei Wochen im größten Spiel des Vereinsfußballs wieder treffen würden.

Jeder wollte auch so sein Revier abstecken, die Bayern ihre Rekordserien ausbauen und der BVB seine Serie an ungeschlagenen Bundesligaspielen gegen die Münchner halten.

Kehl: "das war eher noch ruhig"

"Wenn Borussia Dortmund und Bayern München aufeinandertreffen, ist immer Brisanz drin. Mein Empfinden war aber, dass es eher ruhig war. Da gab es schon andere Spiele hier", sagte BVB-Kapitän Sebastian Kehl zu SPOX.

Zum Beispiel im April 1999, als die Bayern ebenfalls in der Liga meilenweit vorausmarschierten und sich vor allem Oliver Kahn mit Ku-Fu-Aktionen und Beißversuchen trotzdem ziemlich daneben benahm.

Rafinhas Ellbogen hatte freilich in Kubas Gesicht nichts zu suchen. Es war aber auch die einzige wirklich hässliche Szene auf dem Platz.

Die Spieler scheinen mit der Rivalität, die in den letzten Jahren durch die Erfolge des BVB wiederbelebt wurde, relativ entspannt umzugehen.

Neuer freute sich sogar über den Bananenregen. "Die kann ich einem Freund schenken, der in Gelsenkirchen einen Laden hat", sagte der Bayern-Torhüter und lachte dabei.

Der Spießrutenlauf vor der Südtribüne habe ihm auch überhaupt nichts ausgemacht. "Ich bin das gewohnt, das war hier immer so. Dass die Leute mich nicht mögen, kann man ja irgendwie sogar verstehen", sagte Neuer und lachte erneut.

Auch Kevin Großkreutz oder Blaszczykowski sahen die Vorgänge auf dem Platz als völlig normal an. "Dortmund gegen Bayern ist nun mal das beste Spiel in der Bundesliga. Ist doch klar, dass es da keine Geschenke gibt", sagte Großkreutz.

Bissig wird's ganz oben

Es sind nicht die Spieler, die aus dem Vergleich im Dunstkreis des Champions-League-Finals das große Fass aufmachen. Es sind eher die Offiziellen, die sich offenbar nicht (mehr) besonders grün sind.

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat den Abgang von Mario Götze immer noch nicht verkraftet und schmollt. Das obligatorische Mittagessen mit der Führungsriege des FC Bayern wurde abgesagt, weil es Redebedarf "vor ein paar Wochen" gegeben hätte, so Watzke.

Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge hat mit Watzke kein Problem, lässt aber auch keine Gelegenheit aus, dem BVB eine mitzugeben. Der Arsch von Jürgen Klopp werde im Museum des FC Bayern landen und der BVB solle doch in Transferangelegenheiten bitte ein bisschen entspannter werden, lauteten nur zwei Aussagen des Münchner Chefs in den letzten Wochen.

Klopp kann sich bissige Kommentare in Richtung München auch selten verkneifen und seit Samstag mischt zudem Matthias Sammer kräftig mit. Sein Tete-a-tete mit Klopp nach der Hinausstellung von Rafinha war bemerkenswert. "Es sind auch bei uns Emotionen dabei. In der Szene ist aber trotzdem alles mit Respekt abgelaufen. Von meiner Seite aus zumindest", sagte Sammer.

Klopp sah es ähnlich. "Ich war heute nicht auf der Suche nach neuen Freunden, aber das ist jetzt auch kein Drama. Ich hoffe nur, dass ich mit Mitte, Ende 60 nicht mehr so abgehe, sonst hätte ich wirklich ein Problem."

Watzke contra Sammer

Sammer ist kein persona non grata in Dortmund, dafür hat der Verein ihm zu viel zu verdanken. Champions-League-Sieg 1997, zwei Meisterschaften als Spieler, eine als Trainer. Doch seitdem er für die Bayern arbeitet, metamorphosiert er zur Reizfigur.

Watzke mutmaßt im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", dass die Veränderungen der Bayern im Umgang mit dem BVB mit Sammer zu tun haben könnten.

"Ich habe vor dem FC Bayern immer sehr viel Respekt gehabt, ihnen teilweise Bewunderung entgegengebracht. Im Moment fällt mir das schwerer. Ich habe das Gefühl, dass sich bei Bayern in letzter Zeit etwas geändert hat. Es gibt in der Führung ja eine personelle Veränderung. Kann sein, dass es damit zu tun hat", sagte Watzke.

Als Sammer nach dem Spiel Richtung Gästekabine stürmte, hatte er sich noch immer nicht beruhigt. "Mit 14 Mann 1:1, Hut ab", sagte er so, dass es auch jeder um ihn herum hören konnte.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc fand die gesamte Szenerie "irgendwie ungut" und befürchtet, dass es im CL-Finale am 25. Mai "von der Brisanz her noch deutlich intensiver werden wird".

"Schüsse" auf Uli Hoeneß

Die Reizschwelle ist bei den Offiziellen schon jetzt recht hoch und in London wird ja auch wieder Uli Hoeneß dabei sein. Der hat Zeit seines Lebens beim FC Bayern mit Abstand am liebsten gepoltert und gestritten. Ein Hoeneß in Stichel-Bestform, das hat gerade noch gefehlt.

Doch dazu wird es nicht kommen. Hoeneß wird schweigen bis zum großen Finale. Er war ja physisch nicht mal in Dortmund.

Wenigstens war sein Konterfei anwesend. Vor dem Stadion hatte sich ein Dortmund-Fan anlässlich des Junggesellenabschieds Hoeneß' Gesicht auf den Hintern geklebt und ließ sich Bälle auf eben jenen dreschen. "Voll auf den Uli" stand auf einem Schild, "zwei Schüsse, ein Euro" auf einem anderen. Da blieb der leibhaftige Uli doch lieber in München.

Der Bundesliga-Spielplan im Überblick