Back to the roots

Von Fatih Demireli
Einst gemeinsam bei Hoffenheim und Schalke: Markus Gisdol (l.) und Ralf Rangnick
© imago

1899 Hoffenheim hat sieben Spieltage vor Saisonende erneut einen kompletten Wechsel der sportlichen Führung unternommen. Dass es dazu kommen musste, ist keine Überraschung. Mit Markus Gisdol kommt nun nicht nur einer Kenner des Klubs, sondern auch einer, der Ralf Rangnicks Weg gehen kann.

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Hoffenheim trennt sich von Kurz und Müller - Gisdol und Rosen übernehmen

Zugegeben ist es relativ einfach, auf 1899 Hoffenheim einzudreschen. Der Klub, der einst bei Umfragewerten zu den beliebtesten Klubs der Bundesliga gehörte (2009 auf Platz 2, Quelle: Sportfive), ist inzwischen zum ungeliebten Kind verkommen. Für viele ein Klub wie aus Plastik: Nicht gefühlsecht, nicht wirklich einladend für den geneigten Fußball-Fan.

Dabei hatte die Idee Hoffenheim wirklich mal was: Junge Spieler in einem modernen System auf dem Platz und in der Struktur, urplötzlich in unser Bundesliga-Leben eingedrungen: mit einer großen Portion Spaß und Aufregung. Unvergesslich das Herbstmeisterschaftsfinale 2009 in der Allianz Arena beim FC Bayern.

Und jetzt?

Hoffenheim hat am Dienstag seinen vierten Trainer in der Spielzeit 2012/13 eingestellt. Dazu den zweiten Sportchef 2012/13 entlassen, nachdem der gleiche Posten schon in den letzten Jahren mehrfach neu besetzt worden war. Es ist schlimm genug, dass die Fluktuation in Hoffenheim diese Maße erreicht hat. Noch schlimmer ist es aber, wen Hoffenheim einen Tag nach Ostern entlassen musste.

Wer auf die Idee kam, mit den Verpflichtungen von Andreas Müller und Marco Kurz ein Zeichen zu setzen, eine Euphorie auszulösen, eine sportliche Philosophie zu erarbeiten und letztlich zum Erfolg zu kommen, muss seine Denkweise bitte erklären.

Bei allem Respekt: Müller und Kurz sind Leute vom Fach und waren einst mehr oder weniger erfolgreich, doch das Momentum sprach weder zur Zeit der Einstellung für sie, noch sprach es zuletzt für das Duo. Kurz kam, weil er sich mit dem Abstiegskampf auskannte, holte aber mit Kaiserslautern, das letztlich in die 2. Liga absteigen musste, zuletzt keinen einzigen Rückrundensieg.

Und Andreas Müller? Als dieser 2009 nach 21-jähriger Zugehörigkeit bei Schalke 04 entlassen wurde, hieß es in einer Verlautbarung des Aufsichtsrats, dass "das sportliche Konzept, das er uns schon vor einigen Wochen vorgelegt hat, uns nur teilweise überzeugt hat". Dies habe "Zweifel geschürt", ob er noch der richtige Mann für Schalke ist.

Von Diesem erhoffte sich Konzept-Klub Hoffenheim nun eine Strategie, um wieder nachhaltig Erfolg zu haben. Ein Denkfehler.

Nicht nur die sportliche Talfahrt (Hoffenheim war seit November nie besser als Platz 16), sondern auch die Transferpolitik und vor allem das Krisenmanagement wurden ihm zum Verhängnis. Der Umgang mit Tim Wiese, der selbst sicherlich nicht alles richtig machte, zeugte von schlechtem Stil und schadete in der Nachbetrachtung nur dem Klub.

Müller ist weg, Kurz ist weg - möglicherweise vielleicht auch bald die Bundesliga-Zugehörigkeit. Aber die Wahl Markus Gisdol könnte für Hoffenheim eine Chance sein. "Back to the roots", heißt es nun im Kraichgau. Gisdol ist ein enger Vertrauter Ralf Rangnicks, dem Schöpfer des einstigen Hoffenheimer Erfolgsmodells. Gisdol war damals Trainer der zweiten Mannschaft und Gisdol steht für die Werte, für die Rangnick steht.

Jener Rangnick, der gar nicht vor allzu langer Zeit davon sprach, dass ein Abstieg eine Chance wäre, um zu den Wurzeln zurückzukehren. Man mag ihm kaum widersprechen: Der erste Schritt ist getan.

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