Chef im Schatten

Von Daniel Börlein
Leverkusens Cheftrainer Sascha Lewandowski im Kreise seiner Mannschaft
© Getty

Sascha Lewandowski ist Bayer Leverkusens Cheftrainer, im Fokus steht beim Werksklub allerdings meist Teamchef Sami Hyypiä. Lewandowski gefällt das. Der 40-Jährige tüftelt lieber an Team und Taktik.

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Immer mal wieder zückte Sascha Lewandowski während der Europameisterschaft sein Handy und tippte eine SMS. Der Empfänger der Kurzmitteilungen: Lars Bender. "Können wir dich nächste Saison auch in Leverkusen als Rechtsverteidiger einsetzen?", fragte Lewandowski den deutschen Nationalspieler etwa nach dessen starker Leistung im Spiel gegen Dänemark.

Bei Bayer soll Bender künftig noch mehr Verantwortung übernehmen und im Jahr nach Ballack, Adler und Derdiyok zum Kopf der Werkself werden. Allerdings: im Mittelfeld. Lewandowskis SMS war deshalb auch eher als kleine Frotzelei Richtung Bender gedacht. Als lockerer, launiger Austausch zwischen Vorgesetztem und Spieler.

Jürgen Klopp gilt darin als Meister. Dortmunds Coach versteht es wie kein anderer, Nähe zu den Spielern aufzubauen. Hier mal ein lockerer Spruch, da mal eine flapsige Bemerkung. So erzeugt Klopp ein Vertrauensverhältnis zu seinen Schützlingen.

Schon seit 20 Jahren Trainer

Auch Lewandowski hat ein gutes Gespür für die Zwischentöne. Er weiß, wie man Fußballer anpacken muss - schließlich ist er schon lange Trainer. "Ich habe das von der Pike auf gelernt", sagt der 40-Jährige, der es als Aktiver (nur) bis in die Oberliga schaffte. "Ich bin seit 20 Jahren Trainer."

Schon Anfang der 90er Jahre stand er mit gerade mal Mitte 20 als Coach an der Seitenlinie, zunächst in der Jugend bei Eintracht Dortmund, später in Wattenscheid, anschließend in der Nachwuchsabteilung des VfL Bochum. Als er 2003 die U 19 des VfL übernahm, zog man zweimal in Folge ins Finale der Deutschen Meisterschaft ein.

Nach einer Saison als Trainer der zweiten Mannschaft des VfL holte ihn Bayer 2007 nach Leverkusen, um der eigenen U 19 neuen Schwung zu verleihen. Mit Erfolg. Von seinen ersten 15 Pflichtspielen gewann Lewandowski 14. In den vergangenen beiden Jahren qualifizierte sich Bayer als Meister der Weststaffel zweimal für die Endrunde der Deutschen Meisterschaft.

Zahlreiche Spieler ausgebildet

"Sascha Lewandowski hat hier in der Jugendabteilung sehr tiefe Spuren hinterlassen", sagt Bayers Jugendleiter Jürgen Gelsdorf. "Er hat bei uns im Jugendbereich herausragende Arbeit geleistet", ergänzt Sportdirektor Rudi Völler. "Sascha hat viele gute Ideen und schon einige Spieler ausgebildet."

Marcel Risse, Bastian Oczipka, Pierre-Michel Lasogga, Fabian Giefer, Thanos Petsos, Richard Sukuta-Pasu oder Danny da Costa - alles Talente, die in Leverkusen unter Lewandowski trainierten und anschließend den Sprung in die Bundesliga schafften.

Arbeitsteilung mit Sami Hyypiä

Den hat er nun auch selbst vollzogen. Anfang April sprang er nach der Entlassung von Robin Dutt zusammen mit Sami Hyypiä als Interimslösung ein. Nach sechs Spielen ohne Niederlage und der Qualifikation für die Europa League beförderte Bayer das Duo im Sommer und stattete beide mit Verträgen bis 2015 aus.

Lewandowski als Cheftrainer und Hyypiä als Teamchef sollen die Geschicke gemeinsam lenken. Einen Chef gibt es nicht. Es setzt sich derjenige durch, "der die besten Argumente hat", sagt Lewandowski, "aber wir sind ohnehin in vielen entscheidenden Punkten deckungsgleich. Wir ergänzen uns gut."

Das gilt auf dem Platz - und auch daneben. Für die Öffentlichkeit ist Ex-Profi Hyypiä Ansprechpartner Nummer eins und steht vornehmlich in erster Reihe. "Dass er mehr Aufmerksamkeit bekommt, ist auch gut so. Sami ist eine große Persönlichkeit, er hat diese Stahlkraft", sagte Lewandowski dem "Express".

Angenehm unaufgeregt

Doch auch er bleibt nicht außen vor. Bei offiziellen Pressekonferenzen verlangt die DFL die Anwesenheit des Cheftrainers - also muss Lewandowski ran. "Ich habe kein Problem damit, vermehrt im Rampenlicht zu stehen", sagt er. "Allerdings brauche ich es auch nicht."

Lewandowski sagt das mit einer gewissen Gelassenheit. Er hatte nie das ausdrückliche Ziel, es in den Profi-Fußball zu schaffen, die Aufgabe im Jugendbereich füllte ihn vollkommen aus. Auch deshalb geht er seinen Job als Cheftrainer angenehm unaufgeregt an. "Ich bin gut beraten, mich sehr schnell rational mit dem Thema Bundesliga auseinanderzusetzen", sagte er bei seinem Amtsantritt im April.

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Lösungen für jede Situation

Und Lewandowski ist jemand, der sich bis ins kleinste Detail mit diesem Thema beschäftigt. "Ich bin Trainer mit Haut und Haaren", sagt er selbst über sich. "Er hat mir unglaublich geholfen", sagt Hyypiä. "Sascha macht zum Beispiel eine hervorragende Videoanalyse. Und viele Übungen auf dem Trainingsplatz kommen von ihm."

Bei Spielen hat Lewandowski gerne eine Taktiktafel in der Hand, um seinen Spielern seine Vorstellungen sofort möglichst anschaulich erklären zu können. Er ist ein Tüftler, der für jede Situation eine Lösung parat haben will. "Wir müssen flexibel sein, das ist ganz entscheidend. Mannschaft und Trainer müssen auch einen Plan B oder C erarbeiten", sagt er.

Bayer künftig im 4-3-2-1?

Momentan bastelt er zusammen mit Hyypiä daran. Als Ergänzung zum gängigen 4-2-3-1-System probt Bayer derzeit auch im 4-3-2-1, in dem die beiden offensiven Mittelfeldspieler mal auf den Flügel ausweichen, mal ins Halbfeld einrücken.

Dahinter soll eine Dreierreihe für die nötige Stabilität in der Defensive und spielerische Impulse in der Offensive sorgen. Fest eingeplant dafür ist Lars Bender, auch wenn der nach der EM erst vor ein paar Tagen wieder das Training aufnahm. Lewandowski hat ihn über seine Pläne längst informiert. Dieses Mal allerdings nicht per SMS.

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