BVB: Der Kagawa-Verkauf und seine Folgen

Von Jochen Tittmar
Jürgen Klopp (r.) wird in der kommenden Saison Shinji Kagawa als Zehner ersetzen müssen
© Getty

Nach 49 Bundesligaspielen, 21 Toren und 13 Vorlagen verlässt Shinji Kagawa Doublesieger Borussia Dortmund. Was passiert nach diesem Transfer beim BVB und welche Rolle wird der Japaner bei Manchester United spielen? SPOX gibt Antworten auf die vier dringlichsten Fragen.

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Was passiert mit den Transfereinnahmen für Shinji Kagawa?

Durch die frühzeitigen Transfers von Marco Reus und Leonardo Bittencourt ist der BVB in Vorleistung getreten. Die Abgänge von Lucas Barrios und eben Kagawa kompensieren diese Ausgaben von rund 20 Millionen Euro jedoch problemlos. Der angedachte Einkauf von Stuttgarts Julian Schieber würde nicht explizit über diese Einnahmen finanziert, immerhin erwartet Dortmund nach dem Doublesieg einen Gewinn von bis zu 40 Millionen Euro.

Teile der gut 16 Kagawa-Millionen investiert die Borussia dagegen in Steine: So soll ein weiterer Fanshop in der Nähe des Signal Iduna Parks entstehen und die BVB-Erlebniswelt erweitert werden. Hinzu kommen Investitionen in ein Ausbildungscamp am Trainingszentrum im Stadtteil Brackel. Wie schon im Vorjahr wird auch das Stadion weiter auf Vordermann gebracht, hier sind neben einer Erneuerung des Südtribünen-Gerüsts auch sieben weitere VIP-Logen geplant. Zudem: Eine Generalüberholung des Rasens, eine neue Lautsprecheranlage sowie Videosysteme für die Stadionsicherheit.

"Wir nutzen unseren Boom und die Kagawa-Millionen, um unser Vereins-Fundament weiter zu zementieren. Insgesamt investieren wir etwa zwölf Millionen Euro in unsere Infrastruktur", sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Wer ersetzt Kagawa auf dem Rasen?

"Wir haben in Marco Reus bereits jemanden verpflichtet, der ihn ersetzen kann. Wir haben im Mittelfeld ausreichend Spieler - das haben wir so analysiert", schloss Watzke kürzlich einen weiteren Zukauf aus. Reus wäre jedoch kein Eins-zu-Eins-Ersatz, da der Neuzugang dort meist als hängende Spitze auflief und sich je nach Spielsituation auch ganz auf vorderer Linie bewegte. Sicher ist: Jürgen Klopp wird die Vorbereitung zum Tüfteln auf der Zehnerposition nutzen, mehrere Kandidaten testen und dazu auch die Systematik variieren.

Die Auswahl an möglichen zentralen Mittelfeldspielern ist enorm. Neben Reus kommen Mario Götze, Ivan Perisic und Moritz Leitner in Frage, mit Abstrichen zudem noch Ilkay Gündogan und Bittencourt. Beste Chancen haben freilich Reus und Götze, zumal der Kagawa-Abgang für Letzteren die Wunschposition in der Mitte freispült. In diesem Fall dürfte Reus nicht die Rolle des klassischen Rechtsaußen a la Jakub Blaszczykowski einnehmen, sondern wie dieser zu Klopps Anfangszeit 2008 eine über die rechte Seite kommende hängende Spitze darstellen und wie in Gladbach die Halbräume besetzen.

Borussia Dortmund: Der Kader im Überblick

Andererseits ist Klopp nicht dafür bekannt, gleich mehrere Positionen neu zu gestalten. Drückt er demnach Reus als Zehner ins System, ändert sich am Grundgerüst des 4-2-3-1 in der Theorie kaum etwas - zumal Reus auch zentral zwischen den Linien wandeln kann. Denkbar ist auch eine Variante im 4-4-2 mit Raute und Reus in Gladbacher Rolle als Unterstützung zu Robert Lewandowski. Die Zentrale wäre dann auf dem Papier zwar nicht fest besetzt, aber genau der Raum, in den die Pendler Reus und Götze, der dann wie gewohnt über rechts käme, hineinstoßen könnten.

Was passiert, wenn der BVB Angebote für die EM-Spieler bekäme?

Stand jetzt steht der Kader für die neue Saison, einzig Schieber oder ein anderer Angreifer werden noch hinzukommen. Kuba (Vertrag bis 2013) wird die Gespräche über seine Zukunft nach dem Turnier wieder aufnehmen, Dortmund möchte verlängern. Von allen Spielern, die in Transfergerüchten auftauchen, ist der vorzeitige Verkauf des Polen die realistischste Variante. Die bärenstarke Rückrunde und seine Rolle als Kapitän eines der EM-Gastgeberländer wird niemandem entgangen sein, die besten Angebote in seiner Zeit beim BVB werden ihm wohl derzeit vorliegen.

Was seine beiden Landsmänner Lewandowski und Lukasz Piszczek betrifft, betonen die Verantwortlichen seit Monaten, dass beide nicht zum Verkauf stehen. Daran könnte sich höchstens dann etwas ändern, wenn man ein derzeit fiktives Szenario durchspielt: Sollte beispielsweise der umworbene Lewandowski (Vertrag bis 2014) nach der EM wie Kagawa entscheiden, sein Arbeitspapier nicht mehr verlängern zu wollen und zeitgleich ein Verein eine exorbitante Ablösesumme um die 30 Millionen Euro bieten, würde der BVB eventuell mit sich diskutieren lassen. Wirtschaftliche Notwendigkeiten, Spieler abzugeben, bestehen allerdings längst nicht mehr.

Welche Rolle soll Kagawa überhaupt bei Manchester United spielen?

Einen echter Zehner, wie ihn der Japaner in Dortmund verkörperte, fand man in Uniteds System zuletzt nicht. Wayne Rooney agierte als Halbstürmer und kam dieser Position am nächsten, Ryan Giggs stellt keine Option für die kommenden Jahre dar.Sir Alex Ferguson änderte zudem seine Anfangself häufig, so dass sich gerade bei der Besetzung des Mittelfelds keine feste Formation bildete, da Spieler wie Tom Cleverley, Anderson oder Darren Fletcher lange verletzt fehlten.

Japanische Medien wollen erfahren haben, dass Kagawa bei den Gesprächen in Manchester von Ferguson angeboten wurde, zentraler Drehpunkt eines wie in Dortmund praktizierten 4-2-3-1 zu werden und somit den Platz hinter Rooney einzunehmen. Dies erscheint auch fast als einzig sinnvolle Variante, zumal die Red Devils auf den Flügeln mit Antonio Valencia, Nani, Ashley Young oder auch Danny Welbeck ideal besetzt sind. Was dafür spricht: Seit Cristiano Ronaldos Abgang und Paul Scholes' Rückholaktion als Quarterback fehlt United eine Kraft, die aus dem zentralen torgefährlich wird und attackiert.

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