Bas Dost: Der Unterschätzte

Von Max Marbeiter
Bas Dosts große Stärke ist der Kopfball. Bei 1,92 Metern kein Wunder
© Imago

Zeit seiner Karriere traute man Bas Dost nicht viel zu, durchgesetzt hat sich der 1,92-Meter-Hühne dennoch immer. Jetzt hat Felix Magath den Torschützenkönig der niederländischen Eredivisie zum VfL Wolfsburg gelotst. Eine eingebaute Torgarantie sollte man in der Autostadt aber besser nicht erwarten.

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Als sich Twente Enschede vor zwei Jahren auf Stürmersuche begab, war der Topkandidat schnell gefunden: Marc Janko sollte es sein.

Der Österreicher, damals in Diensten von Red Bull Salzburg, hatte seine 49-Tore-Spielzeit 2008/09 zwar nicht ganz bestätigen können, insgesamt 22 Treffer in allen Wettbewerben genügten dem damaligen niederländischen Meister als Leistungsnachweis allerdings völlig. Janko wurde verpflichtet.

32 Tore in 34 Spielen

In Almelo hatte ein gewisser Bas Dost indes gerade sein zweites Jahr in der Eredivisie beendet. Die Bilanz: 18 Tore in 34 Spielen, 15 mehr als im Vorjahr. Eigentlich aufreizend genug, um auch Begehrlichkeiten beim Meister zu wecken.

Sollte man meinen, denn in Enschede befand man Dost trotz seiner imposanten Statur offenbar für zu leicht - zum Unverständnis der niederländischen Öffentlichkeit, die dem Angreifer den Sprung durchaus zugetraut hätte.

Unterschätzt zu werden, ist ein Stigma, das Bas Dost während seiner gesamten Karriere anhaftet. Auf Grund seiner Körpergröße gehört der 23-Jährige nicht zu den Feinmotorikern unter den Stürmern - und dennoch besitzt er Qualitäten, die auch Felix Magath nicht verborgen blieben.

Der Trainer-Manager hat Dost zum VfL Wolfsburg gelotst und den Niederländer mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet. Doch wer ist dieser Bas Dost, der vergangene Saison in 34 Spielen satte 32 Tore für den SC Heerenveen erzielt hat?

Der klassisch niederländische Mittelstürmer

Dost selbst sieht sich als Strafraumstürmer, mit Vorzügen im Kopfballspiel. Ihn darauf zu reduzieren, wäre aber ziemlich töricht. Hört man sich in den Niederlanden um, bekommt man einen etwas genaueren Eindruck, worauf sich und die Abwehrreihen der Bundesliga in der kommenden Saison einzustellen haben.

Patrick Leemans, Hauptredakteur des niederländischen Fußball-Magazins "EFL Voetbal", hebt ebenfalls Dosts Kopfballstärke hervor. "Technisch reicht er jedoch nicht an einen Luiz Suarez, Fernando Torres oder auch Klaas-Jan-Huntelaar heran", so Leemans im Gespräch mit SPOX. "Im Grunde ist er der klassische Strafraumstürmer, der außerhalb der Box oder auf dem Flügel nicht wirklich zurechtkommt, vor dem Tor allerdings eiskalt ist." Ein weiterer großer Vorteil: Der 23-Jährige wisse ganz genau, was er kann und wie er sich bestmöglich in eine Mannschaft einzubringen hat.

Als klassischer Mittelstürmer niederländischer Prägung klappt dies bevorzugt im 4-3-3. Ein Spielmacher, starke Flügelspieler, die die klassische Flanke nach innen dem vertikalen, direkten Spiel in die Spitze auch mal vorziehen, machen Dost besonders gefährlich. Hier kann er seine Stärken im Abschluss optimal ausspielen.

Kontinuität als oberstes Gebot

Mit Luciano Narsingh über Außen und Filip Djuricic im Zentrum hatte der SC Heerenveen ebensolche Voraussetzungen geschaffen. Das System funktionierte und für Trainer Ron Jans gab es kaum Anlass zu Veränderungen. Man war eingespielt. "Und genau das ist es, was Dost braucht", erklärt Leemans, "eine Offensive, die auf ihn zugeschnitten, die eingespielt ist. In der jeder weiß, was der andere tut."

Ob aber Magath, der nun nicht gerade dafür bekannt ist, ein und derselben Stammformation auch bei Misserfolg bedingungsloses Vertrauen zu schenken, seiner Offensive die nötige Zeit geben wird, sich einzuspielen, bleibt erstmal ungewiss.

Überhaupt sorgt der Name Magath in Verbindung mit der personell wankelmütigen Vergangenheit des VfL in den Niederlanden für ein wenig Unbehagen. "Bas braucht das volle Vertrauen des Trainers, nur so bekommt er das nötige Selbstvertrauen, das er unbedingt benötigt, soll er seine volle Durchschlagskraft entfalten. Er muss unbedingt regelmäßig von Beginn an spielen", erklärt Leemans. Mit harscher öffentlicher Kritik komme er nicht so klar, offenbar ist Dost in der Beziehung recht sensibel.

Startschwierigkeiten in Heerenveen

Während seiner Anfangstage in Heerenveen versuchte sein damaliger Trainer, den Angreifer zu Topleistungen zu triezen. Ein sinnloses Unterfangen. Der feinfühlige Dost funktionierte nicht wie gewünscht. Er wollte schnell weg, ein Wechsel stand im Raum.

Auf Rückschläge und Unwägbarkeiten sollte er sich aber in Wolfsburg durchaus einstellen. Eine Karriere - ähnlich der von Patrick Helmes in der vergangenen Saison - über die zweite Mannschaft des VfL zurück in die Torschützenlisten der Bundesliga, ist beim Niederländer eher nicht zu erwarten.

Dabei gilt Dost in den Niederlanden als angenehmer Zeitgenosse, ist bei den Fans hoch geschätzt. Eskapaden oder Starallüren? Niemals. Was zählt, ist sein Job. "Im Grunde", so Patrick Leemans, "ist er ein Durchschnittsniederländer. Das macht ihn sympathisch."

Große Konkurrenz in der Elftal

Dass es für den Durchschnittsniederländer bislang noch zu keinem Länderspiel für die Elftal gereicht hat, liegt in erster Linie an der Qualität der Sturmkonkurrenz. Mit Robin van Persie, Klaas-Jan Huntelaar und Luuk de Jong standen bislang mindestens drei Mittelstürmer in der Hierarchie vor Dost.

Der Wechsel in die Bundesliga könnte die Vorzeichen etwas verbessern. Nur sollte Bert van Marwijks Nachfolger trotz des angeblich nicht zu tolerierenden Verhaltens von Huntelaar oder der allgemein schwachen Leistung der Niederländer bei der EM von Konsequenzen absehen, könnte Dost ein ähnliches Schicksal blühen wie einst Roy Makaay. "Roy war auch ein klasse Stürmer, hatte mit Ruud van Nistelrooy, Patrick Kluivert oder Dennis Bergkamp aber stets mehrere Hochkaräter vor sich und kam deshalb nie so recht zum Zug", so Leemans.

Keine eingebaute Torgarantie

Zunächst will Dost aber das Abenteuer Deutschland angehen, mit vollem Elan. Am liebsten würde er direkt loslegen, sagt er. Und legte gleich im ersten Testspiel mächtig los, als er gegen einen Kreisligisten mit vier Treffern bester Torschütze war.

Dem Trainer Magath gibt Journalist Leemans dann auch noch einen Tipp mit auf den Weg. "Wenn er ihn kauft, nur weil er denkt, dass er dann schon irgendwie seine Tore machen wird, wird es schwer." Viel wichtiger sei es, sich Gedanken zu machen, wie man ihn in die bestmögliche Lage bringen kann, Tore zu erzielen, und wie man seine Offensive um ihn herum aufbaut.

Allerdings, so gibt Leemans zu, ist er noch skeptisch, ob Dost auch tatsächlich den Sprung in die Bundesliga schafft. "Auf der anderen Seite hat er uns bereits oft genug überrascht." Mit Sicherheit auch den FC Twente. Denn während Bas Dost sich als Torschützenkönig aus der Eredivisie verabschiedet, wurde Marc Janko im Winter unter Einkaufswert in Richtung Portugal verscherbelt.

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