Zeit für das Feintuning!

SID
Felix Magath krempelt seinen Kader im Sommer ordentlich um
© Getty

Nach der Saison ist vor der Saison! Die Bundesligisten arbeiten längst mit Hochdruck auf die Spielzeit 2012/2013 hin. SPOX beleuchtet die Baustellen aller 18 Vereine - im Duett mit einem Mitglied der User-Redaktion. Diesmal: Der VfL Wolfsburg.

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Von SPOX-Redakteur Bastian Strobl

Wer kennt es nicht: Der Urlaub naht, die letzten Tage in der Arbeit werden mehr schlecht als recht über die Runden gebracht, man spürt schon einen Hauch von Sommer, Sonne, Strand und Meer.

Sollte Felix Magath dieses Gefühl auch kennen, kann er es zumindest gut verbergen. Denn bevor es in den wohl verdienten Urlaub ging, trennte er sich mit Hasan Salihamidzic, Thomas Hitzlsperger und dem Brasilianer Chris von drei Spielern.

Es wird vermutlich ein erstes Indiz gewesen sein. Denn der Sommer in Wolfsburg dürfte unter dem Motto stehen: Weg mit den Altlasten!

Weg mit den Altlasten

Nachdem Magath Wolfsburgs Kader im letzten Jahr in seiner bekannten Art und Weise aufgebläht hat, geht es jetzt - passend für die Autostadt - ans Feintuning. Brazzo und Co. werden dabei nur der Anfang gewesen sein.

Denn neben den Neuzugängen wie Ivica Olic oder Vaclav Pilar kehren auch zahlreiche Leihspieler wieder zu den Wölfen zurück, von denen ein Großteil wohl keine Zukunft beim VfL haben wird.

Einen besonderen Platz nimmt dabei die Causa Diego ein. Der Brasilianer fand bei Atletico Madrid zu alter Stärke zurück. Fußballerisch würde er den Niedersachsen also auf jeden Fall weiterhelfen.

Doch ob sich Magath die launische Diva wirklich noch mal antut, darf bezweifelt werden. Alles andere als eine endgültige Trennung wäre eine kleine Sensation.

Konzentration auf die Abwehr

Denn eines ist über die Saison deutlich geworden. Wolfsburgs größte Schwachstelle ist die Defensive. Hat sich die Offensive besonders im Liga-Schlussspurt merklich gefangen, glich die Hintermannschaft nicht selten einem Hühnerhaufen.

60 Gegentore in der abgelaufenen Saison und damit die viertschlechteste Abwehr sprechen eine deutliche Sprache. Das weiß auch Magath: "Wir werden sicher etwas im Abwehrzentrum tun. Mit Ivica Olic haben wir uns im Sturm ja schon verstärkt. Es wird drauf ankommen, wer und wie viele Spieler uns noch verlassen."

Das mag für einige bereits nach der nächsten großen Shoppingtour klingen. Allerdings erteilte Magath dieser bereits eine Absage. Nachhaltigkeit muss in diesem Sommer das Zauberwort sein - auch bei der Besetzung der einzelnen Mannschaftsteile.

Gerade seine Abwehrformation wechselte Magath (notgedrungen) im letzten Jahr häufiger, als andere ihre sprichwörtliche Unterhose. Die Folge waren unerklärliche Aussetzer und Patzer. Will Wolfsburg wieder Teil des internationalen Zirkus werden, muss er vor allem dort die Hebel ansetzen.

Europa im Blick

Dass VW Magath jedoch zutraut, dem VfL wieder nach Europa zu führen, zeigt die Vertragsverlängerung, die so gut wie in trockenen Tüchern ist. Ein wichtiges Zeichen für den gesamten Verein.

Denn die Geschichte hat uns gelehrt: In seiner ersten Amtszeit in Wolfsburg hat Magath den VfL in seiner zweiten Saison zum Titel geführt. Dass ihm ähnliches noch mal gelingt, wäre zwar zu hoch gegriffen. Ein Platz unter den ersten Sechs ist aber sicherlich im Bereich des Machbaren, wenn Magath den Fokus auf den Trainingsplatz und nicht auf den Transfermarkt richtet.

Das Leihspieler-Problem

Von mySPOX-User mr_olympier

25 Minuten vor dem Ende der abgelaufenen Bundesligasaison stand der VfL auf Platz 7 und belegte einen Startplatz für die Europa League. Dass das Saisonziel letztlich nicht erreicht wurde, führte zwar zu großer Enttäuschung im Gästefanblock, doch viele waren ehrlich: Verdient hätte der VfL die EL-Teilnahme nicht.

Zu unkonstant und in vielen Spielen zu unsicher agierte das Team um Kapitän Christian Träsch über weite Strecken der Saison. Für ein Spitzenteam zu wenig. Verdenken konnte man den Spielern die Unsicherheit angesichts der in Wolfsburg gängigen Methoden nicht. Und auch die Inkonstanz war ein Stück weit selbst verursacht.

Die große Unbekannte

Auch für die neue Saison gibt es einige offene Fragen. Mit welchem Spielsystem und welchen Spielern plant Magath? 4-2-3-1 , 4-4-2 mit Raute, Tannenbaum... Der VfL probierte in den vergangenen zehn Monaten beinahe jedes gängige Spielsystem aus. Im letzten Saisondrittel agierte man schließlich im 4-4-2 mit offensiven Außen.

Obwohl sich diese Formation als erfolgreichste herauskristallisierte, ist sie für die neue Saison keineswegs gesetzt. Denn auch wenn Magath beteuert, keinen großen personellen Umbruch vollziehen zu wollen, ist dieser nicht unwahrscheinlich. Allen voran droht in der Offensive, jenem Mannschaftsteil, der noch am besten funktionierte, ein erneuter Gesichtswechsel.

Die Tage von Mario Mandzukic scheinen nach gescheiterter Vertragsverlängerung gezählt und auch Patrick Helmes befindet sich nach Felix' EM-Plädoyer mitten in den vier Magath'schen Verkaufsphasen (1. Ignorieren, 2. Spielen lassen, 3. Öffentlich loben, 4. Verkaufen). Mit Ivica Olic, Vaclav Pilar und wohl auch Bas Dost stehen bereits drei neue Angreifer in den Startlöchern, sodass mindestens einer der beiden Torjäger den Klub verlassen wird.

Die Fälle Diego & Koo

Verlassen muss den Klub auch ein Großteil der zurückkehrenden Leihgaben. Gleich zehn Akteure, von Caiuby über Lakic bis Kahlenberg, feiern im Sommer ihr Comeback auf dem Trainingsplatz am Mittellandkanal. Am ehesten dürfte Peter Pekarik aufgrund einer ordentlichen Saison in der Türkei und der Unterbesetzung hinten rechts Chancen auf einen Verbleib haben.

In der Causa Diego dagegen sehe ich anders als die lokale Presse kein großes Sommertheater auf den VfL zukommen. Auch wenn öffentlich etwas Anderes behauptet wird: Weder der Brasilianer noch der VfL dürften an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sein. Und nur die zynischsten VfL-Fans würden Diego gerne wieder im Wolfsburger Trikot sehen. Spätestens nach seinen Auftritten in der Europa League sollte sich nun jedoch ein Verein finden lassen, der Diego gerne in seinen Reihen sieht.

Fokus auf die Schwachstellen auf dem Trainingsplatz

Dennoch: Auch der Tag von Felix Magath hat nur 24 Stunden. Und Spieler verkaufen kostet Zeit. Die wird wiederum dringend benötigt, um im Trainingslager intensiv mit dem vorhandenen Personal zu arbeiten. Eine Schwachstelle der abgelaufenen Saison gilt es dabei auszumerzen - das Defensivverhalten der Mannschaft.

Oftmals übte das Wolfsburger Mittelfeld zu wenig Druck auf den Gegner aus, was in der Folge die sehr hoch stehende Viererkette in große Schwierigkeiten versetzte. Mit neuen Transfers lassen sich mannschaftliche Schwachstellen dieser Art schwer lösen. Die personelle Qualität im Kader ist größtenteils vorhanden, doch nun muss ein Rädchen ins andere greifen. Eine weitere tabellarische Verbesserung traue ich dem VfL daher zu. Ob es zu einem Vorstoß in die Spitzengruppe reicht, wird sich zeigen müssen.

Der Kader des VfL Wolfsburg