Andrööösen reloaded

Von Max-Jacob Ost
In seinem ersten Spiel für Hannover markiert Mo Obdeloooe seinen elften Saisontreffer. Beachtlich!
© Getty

Bayern-Fans sind jetzt schon bestens gerüstet für diese Alternative Liste. Sie haben die Taschentücher ja eh schon in der Hand. Der Rest sollte sich aber wappnen: Es geht diesen Spieltag um die ganz großen Dramen. Um Banjo-Spielen mit Ballack, um Rasuren von Skibbe und emotionale Ausbrüche von Lucien Favre. Fritz von Thurn und Taxis ist natürlich auch dabei.

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1. Kleiner Service für die Bayern-Fans: Weil ihr immer so rumquengelt, wenn es mal nicht so ist, steht ihr wenigstens in der AL ganz oben.

2. Bullslip: Wir bei SPOX haben ja unheimlich Angst vor einem Drei-Mann-Shitstorm. Weil wir uns schon beim Gedanken an drei aufgebrachte Kommentare einnässen, bekommen die Leverkusen-Fans hier besser gleich, was ihnen zusteht: Platz 2 in der Alternativen Liste. Hier fühlt Ihr Euch wohl, oder? Genießt den Moment, denn im Grunde habt Ihr das gar nicht verdient. Warum?

Wir erklären das gerne: Fußball ist ein Spiel mit den Erwartungen des Fans. Man erwartet ein lahmes 0:0 und bekommt ein lahmes 1:1. Man erwartet, dass Jürgen Klopp beim nächsten Torjubel total ausrastet, doch dann boxt er nur den vierten Offiziellen durch wie eine gut abgehangene Rinderhälfte und brüllt "Adriaaaan".

Man erwartet, dass Michael Skibbe die Rückrunde seines Lebens spielt (sprich: 4 Punkte aus 17 Spielen) und man bekommt - ok, schlechtes Beispiel. Ihr versteht aber, worauf wir hinaus wollen.

Und jetzt kommt Ihr, liebe Leverkusener. Spielt doch tatsächlich nach jedem Tor die offizielle Mucke der Darts-WM. Fiese Sache! Man erwartet ein mit eiserner Lunge gebrülltes "Onehundretandeiiiiiiiighty" und was bekommt man? Einen gemurmeltes "Tor zum 2:0 für Leverkusen, Simon Rolfes". Und anschließend sieht man statt dem Kameraschwenk auf komplett ausrastende betrunkene Britinnen mit schlecht gemachten Zähnen und Brüsten: Michael Ballack. Mit einer Schmolllippe, auf der man Banjo spielen könnte. Na herzlichen Dank. No score.

3. Любимый за титул: Wenn nicht spätestens an Platz 3 Borussia Dortmund oder wenigstens Mats Hummels kommt, fackelt Ihr uns den Laden ab. Und womit? Mit Recht. Der BVB hat einfach alles, was es für eine perfekte Mannschaft braucht: Einen Spieler, der den Vokuhila wenigstens noch mental trägt und einen Trainer, der mit seinem Körper das komplette Neue Testament tanzen kann. Beim BVB passt halt einfach alles. Und wenn man auswärts bei minus 16 Grad antritt, dreht man die Mützen halt so, dass es passt und nur "Russia" zu sehen ist. Verdammte Profis.

4. Lautern hat einen neuen Mario: Kalt war es auch in der Pfalz. Zumindest Lauterns Rodnei. Der schaffte es nämlich eine geschlagene Halbzeit nicht, seine Handschuhe anzuziehen. Stattdessen trug er sie mit sich herum und wärmte sich durch Gedanken an Handschuhe mit Betriebsanleitung. Übrigens geistern Gerüchte umher, Rodnei würde sich über die Witze zu seinem vorschulartigen Umgang mit Textilien beim nächsten Tor äußern. Schon nächste Woche werdet Ihr es sehen, wenn er erst die Bude macht, dann sein Trikot lüftet und zu lesen ist: em syawla yhW

5. Unterschichtenfernsehtrainer: Sehen wir der Tatsache ins Gesicht: Wer sich freiwillig bei Minusgraden Hoffenheim gegen Augsburg anschaut, der darf sich nicht beschweren, wenn neben abgefrorenen Fingerspitzen auch noch der ein oder andere Ästhetik-Nerv gnadenlos wegfault. Das Spiel war dann trotz der vier Tore für TSG-Trainer Stanislawski auch eher ein innerer Komposthaufen.

Minutenlang saß er nach Abpfiff mit versteinertem Blick auf der Trainerbank. Und bis zuletzt war man sich nicht sicher, ob er einfach den Schlusspfiff im Kraichgauer Hexenkessel nicht gehört hatte. Denn der Aktionsradius seiner Spieler war davor und danach derselbe. Stani, jetzt sei doch nicht so stolz. Sag sie doch einfach, diese sieben magischen Worte: "Ich bin ein Mensch, holt mich hier raus!"

6. Augsburg wird Meister. Niiicht: Augsburg dagegen ist so ein bisschen der dahinsiechende Bettlägerige der Liga. Irgendwo zwischen kurz vorm Abnippeln und Genesung, aber nie schön anzuschauen. Doch während die fiesen Cousins aus Freiburg, Lautern und Berlin ständig versuchen, den armen Augsburgern den Stecker zu ziehen, freuen wir von der AL uns über jedes kleine Pünktchen. Klar, den FC Augsburg braucht kein Mensch in der ersten Liga. Aber um den lässigsten Pornobalken seit Borat wäre es schon schade. Jos, bleib bei uns!

7. Und in der blauen Ecke...: Michael Skibbe - ein Mann im Rausch des Adrenalins. Dieser Teufelskerl tanzt auf der Klinge der Gefahr. Seine Frisur: Eine bedingungslos konsequente Hommage an jene wunderbare Zeit, in der neonfarbene Smileys auf Jeansjacken der heiße Shit waren.

Seine Karriere: Ein gnadenloser Ritt durch die Fußballhochburgen, der seine Spuren bundesweit in Selbsthilfegruppen hinterlassen hat. Sein Mobiltelefon: Hat eine Kamera.

Gegen Skibbe ist Clint Eastwood in "Gran Torino" ein Kindermädchen. Wer sich mit ihm anlegt, spürt die kalte Hand der Autorität. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zum Clash der Giganten bei Hertha kommen musste. Die beiden Bad Boys der Liga, die Halbstarken aus der ersten Bankreihe prallten unter der Woche aufeinander.

Christian Lell vs. Michael "Klartext" Skibbe. Ein gnadenloser Fight am Rande des Wahnsinns. Als würde man mit zwei Todessternen eine Runde "Pong" um die Zukunft der Galaxis spielen. Runde eins ging an den Skibbinator, der Lell im Training bis aufs Knochenmark rasierte. "Sei froh, dass du die fünfte Gelbe Karte gesehen hast. Du hättest sowieso nicht mehr gespielt." Wer dem anderen verbal dermaßen eine lellt, der sollte hoffen, dass sein Gegenüber keine Frauen schlägt. Fortsetzung folgt.

8. Wolf-Dieter Pouchman: Klar, es gibt schönere Aufgaben als den Spielbericht zu Hertha gegen Hannover zu liefern: Steuererklärung machen. Christian Wulff einen Kredit geben. 90 Minuten lang eine Kamera auf Michael Ballack halten. Mit Michel Friedman Trüffel-Spaghetti essen. Sich von einem blinden Affen mit einer Käsereibe die Hornhaut am Fußballen entfernen lassen. Wir wollen Euch nicht mit den gängigsten Beispielen langweilen.

Trotzdem bleibt die Frage: Ätzen einem 30 Jahre Spielberichte von solchen Partien die Synapsen weg oder läuft da eine interne Wette? In seiner Zusammenfassung sprach die Grande Dame des ZDF-Sports, Wolf-Dieter Poschmann, nämlich konsequent von Hannovers "Ob-de-looo-e". Was Leon Andröösen und Luis Figuuu dazu sagen, ist leider nicht bekannt.

9. Stilstudie: Fehlentscheidung gegen Dortmund: Nach der freundlichen aber bestimmten Diskussion mit Jürgen Klopp ist der vierte Offizielle nur noch anhand von Hautfetzen zu identifizieren. Kloppo bittet anschließend um einen Zahnstocher.

Fehlentscheidung gegen Gladbach: Zum dritten Mal in gefühlten zwei Sekunden wird gegen Gladbach auf Abseits entschieden. Zwei Tore wurden bereits aberkannt. Lucien Favre blickt rehäugig zum vierten Offiziellen und spricht sein vernichtendes Urteil über ihn aus: Ein in die Luft gezeichnetes Fragezeichen.

Das ist eben die Bundesliga. Hier trifft Slayer auf Beethoven. Über wahre Klasse entscheidet jedoch immer der Stil. Und da gebärdet sich der amtierende Meister eher als betrunkener Truckfahrer, der mitten ins Pianissimo der Oper grölt. Das findet Ihr nicht witzig? Isses aber, ihr Vollspacken!!!

10. Eier, wir brauchen Eier: Sätze, die so schlecht sind, dass man den Formulierer einfach mal herzlich in den Arm nehmen möchte:

 

  • "Ich schau ja nur deshalb ‚Verbotene Liebe', weil die den Plot von Star Wars mit den verliebten Geschwistern weitererzählen." (Karin E. aus Bottrop)
  • "Für jeden, der das hier bei Facebook postet, spendet Mark Zuckerberg 3 Cent für Afrika." (Gisela S. aus Schmalkalden)
  • "Dä Kevin, dat is einer von uns. Erst denkt er, dann macht er dä Mund auf." (Daniel S. aus Dortmund)
  • "Unnerstall hat die Figur eines Quarterbacks. Am Sonntag ist er ja, der 'Super-Ball'" (Fritz von T. u. T. aus Donnerwetterhausen)

 

11.Tränen trocknen: Ja, liebe Bayern-Fans, auch Ihr werdet noch einmal herzlich in den Arm genommen. Als hätten wir euer Schluchzen nicht schon die ganze AL über gehört. Ihr habt es halt auch nicht leicht. Euer Spielstil ist eine Mannschaft gewordene Kuscheldecke mit Robben-Motiv (natürlich eine jener Aufnahmen, in denen er nicht gedoppelt wurde. Irgendwann aus den frühen Neunzigern), euer Kapitän spielt so mitreißend wie ein Vortrag über Vor- und Nachteile des Hobbys "Steine sammeln im Einklang mit der Umwelt" und macht auf dem linken Flügel dem eigenen Team so viele Probleme, dass sein Spitzname "Andrea Nahles" lauten könnte. Und überhaupt: Was soll das eigentlich, dass man ohne Einsatz und Plan auf einmal in der Bundesliga nicht mehr gefeierter Meister wird?

Wir geben zu: Ihr macht wirklich harte Zeiten durch. Doch eines müssen wir Euch trotzdem sagen: Dieses Rumgenöhle nervt. Ja, der BVB spielt international komischerweise wie Arminia Bielefeld und national nicht. Ja, in einer von acht Millionen Abseitsentscheidungen stand Gomez auf gleicher Höhe. Ja, das mit der Doppelbelastung ist ganz arg dolle schlimm. Und gottverdammt ja, gegen Euch stellen sich alle immer nur hinten rein. Aber jetzt kommt's: Mit diesem ständigen Gejammer stellt Ihr Euch auf eine Stufe mit Eurem Team. Und jetzt mal im Ernst: Wollt ihr das? Wäre es nicht schön, wenn wenigstens einer von Euch beiden Eier zeigen würde? Also: Nase hochziehen, Tränen trocknen, einfach mal akzeptieren, dass andere besser sind. Wenn Ihr schön brav seid, dann gibt es schon nächste Woche wieder ein paar Großkreutz-Witze. Alles wird gut. Versprochen.

Der 20. Spieltag im Überblick

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