Panik ist ein Fremdwort

Von Fatih Demireli
Der FC Augsburg beendete die Hinrunde auf Platz 17
© Getty

Die Bundesligisten bereiten sich auf die Rückrunde vor. In den Tagen vor dem Start in die zweite Saisonhälfte beleuchtet SPOX alle 18 Klubs. Dieses Mal: FC Augsburg.

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So lief die Hinrunde

Mit viel Elan, einer großen Portion Unbekümmertheit und auch einer gesunden Dosis Realismus ging der FC Augsburg in seine erste Bundesliga-Saison. Zwei Remis gegen Freiburg und Kaiserslautern und ein treffsicherer Sascha Mölders konnten sich zum Start sehen lassen, doch was folgte, war ernüchternd: sechs sieglose Spiele - mit einem 0:4 in Dortmund als negativer Höhepunkt.

"Man hat in diesem Spiel den Klassenunterschied zwischen dem deutschen Meister und einem Aufsteiger deutlich gesehen", sagte Augsburg-Trainer Los Luhukay damals. Der Klassenunterschied offenbarte sich bis dahin aber nicht nur mit dem Primus der Vorsaison, sondern auch mit weiten Teilen der restlichen Liga.

Dass am nächsten Spieltag in Mainz mit dem 1:0 der erste Bundesliga-Sieg heraussprang, war fast lebenswichtig. "Ein Sieg wie Medizin", sagte damals Luhukay. Zwar startete Augsburg keine Siegesserie, aber das stark angekratzte Selbstvertrauen stellte sich neu auf.

15 Punkte zählt der FCA zur Winterpause, im Schlussspurt der Hinrunde übergab man sogar dem SC Freiburg die rote Laterne. Den Paukenschlag gab es ohnehin erst nach der ersten Bundesliga-Halbserie: Sportchef Andreas Rettig kündigte seinen Abschied zum Saisonende an.

Das war gut

Panik ist und war ein Fremdwort in Augsburg - auch wenn es phasenweise, wie nach dem 0:4 in Dortmund, durchaus Gelegenheit dazu gab, kurzfristig die Hoffnung zu verlieren. Die Schwaben blieben aber demonstrativ ruhig, auch weil man die erste Bundesliga-Saison sehr realistisch anging und Wunderdinge ohnehin nicht erwartete.

Ein kritischer Vorstoß von Klub-Boss Walter Seinsch bezüglich der zögerlichen Transferpolitik von Manager Andreas Rettig war die große Ausnahme, war aber inhaltlich nachzuvollziehen und in der Schärfe auch berechtigt. Auch dass Rettig nun seinen Abschied zum Saisonende ankündigt, wirft den Klub nicht aus der Bahn.

Die Ruhe von ganz oben wirkte sich auf die Mannschaft aus, die akribisch weiter arbeitete und letztlich mit drei Siegen und sechs Remis nach 17 Spielen eine Basis geschaffen hat, im Kampf um den Klassenerhalt ein realistisches Wort mitzusprechen.

Nicht unwichtig: Das Dauerthema Michael Thurk ist zu Ende - der Vertrag wurde aufgelöst, der Stürmer ist in Heidenheim gelandet und man hat sich sogar freundschaftlich verabschiedet. Gerade in schwierigen Phasen lenkte das Thema um den Stürmer ab. Jetzt gilt die Konzentration voll der aktuellen Mannschaft.

Das muss besser werden

Der Blick auf die Tabelle genügt! 15 geschossene Tore sind nach Kaiserslautern die wenigsten der Liga, mit 28 Gegentoren ist man im unteren Tabellendrittel der Liga. Der FC Augsburg hat noch in allen Belangen Luft nach oben, aber während die Truppe um Jan-Ingwer Callsen-Bracker zumindest defensiv wohl allmählich die Balance findet, sucht Luhukay vorne noch nach dem Rezept.

Mit Jan Moravek, der vom FC Schalke 04 ausgeliehen wurde, wurde ein wichtiger Transfer getätigt. Der Tscheche könnte die Probleme beheben, die man im Offensivspiel hat. Diese Rolle sollte Daniel Baier einnehmen, doch der mit allen Talenten gesegnete Spielmacher blieb über weite Strecken unter seinen Möglichkeiten.

Es ist nicht auszuschließen, dass der FCA auf dem Transfermarkt noch einmal hinlangt, nachdem Michael Thurk (Heidenheim) und Uwe Möhrle (Energie Cottbus) den Klub verlassen haben und somit finanzielle Mittel freigesetzt wurden. Nicht ganz uninteressant ist die Personalie Alexander Hleb, der seit ein paar Tagen mittrainiert. Offiziell ist eine Verpflichtung nicht angedacht, aber zumindest das Trainingsleibchen hat er ja schon mal an.

Der Spieler im Fokus

Jan Moravek. Der Tscheche ist für ein halbes Jahr aus Schalke gekommen und soll dem Augsburger Offensivspiel neuen Elan geben. "Ich habe in Kaiserslautern gezeigt, dass ich Bundesliga spielen kann", so der Youngster, der im Vorjahr auf Leihbasis bei den Pfälzern spielte, sich aber nach der Rückkehr zu den Knappen nicht durchsetzen konnte.

Nun also Augsburg, das händeringend nach Neuverpflichtungen für die Offensive Ausschau hielt. Dass der große Hoffnungsträger verletzt zu den Schwaben kommt, hat man in Kauf genommen. Moravek laborierte bis zuletzt noch an einem Muskelfaserriss.

Sollte Moravek den Aufsteiger zum Klassenerhalt führen, würde Augsburg womöglich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. "Wenn wir die Liga halten, werden die Karten neu gemischt, dann haben wir auch die Möglichkeit, Moravek an uns zu binden", sagt Noch-Manager Andreas Rettig.

Prognose

Vor der Saison galt der FC Augsburg als Abstiegskandidat Nummer eins und phasenweise zeigte der FCA auch warum. Aber es gibt auch den anderen FCA, der (teilweise unverhofft) drei Siege und sechs Remis holte. Doch genügt das, um den Klassenerhalt zu erreichen? Zweifel sind angebracht.

Es gibt zwar Hoffnungsträger, wie den genesenen Simon Jentzsch, den zuletzt richtig starken Jan-Inger Callsen-Bracker oder den neuen Jan Moravek. Aber Luhukay braucht ein Team, das in der Gesamtheit konzentriert auftritt - und das über 90 Minuten. Doch genau hier offenbaren sich die Probleme.

Zu oft hat sich die Mannschaft ergeben oder sich in den Spielen nur phasenweise so präsentiert, dass Zählbares herausspringen kann. Erhöht Augsburg die Schlagzahl, kann es bis zum Schluss spannend bleiben. Wichtig sind die ersten vier Spiele: Da geht es u.a. gegen Freiburg, Kaiserslautern und Nürnberg - direkte Konkurrenten. Macht Augsburg hier keine Quote, ist der Zug möglicherweise schon früh abgefahren.

Der Kader des FC Augsburg im Überblick