Drei Trainer unter Druck

Von SPOX
Markus Babbel (l.) und Holger Stanislawski: Zwei Bundesliga-Trainer im Fokus
© Imago

Lügenvorwürfe, Resignation, deftige Kritik von der Chefetage: In Berlin eskaliert die Trainer-Situation, aber auch in Hoffenheim und Leverkusen brodelt es. Markus Babbel, Holger Stanislawski und Robin Dutt stehen unter Druck.

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1899 Hoffenheim

Die sportliche Situation: Das 2:0 in Nürnberg sollte ein Aufbruch sein, nach dem trostlosen und glücklichen 1:1 gegen Berlin bleibt Hoffenheim jedoch im nichtssagenden Mittelfeld. In den letzten sieben Partien gab es nur fünf Punkte und einen Sieg. Besonders auffällig, dass es dem Team an mentaler Stabilität mangelt - ersichtlich an den vielen Gegentoren in der Schlussphase wie jetzt gegen Berlin.

Die Trainer-Situation: Vom Esprit der Anfangszeit ist bei Holger Stanislawski nur noch wenig zu spüren. Auffällig der Zickzackkurs: Nach dem guten Saisonstart zeigte sich Stanislawski häufig übertrieben kritisch, dann versuchte er die Spieler trotz unengagierter Leistungen aufzubauen - nur um nach dem Berlin-Spiel das Team verbal anzugreifen.

Das Hauptproblem: Stanislawski sollte die Wende zum Guten bringen: Als klassischer Fußball-Lehrer, aber eben auch als Garant für Offensivfußball, als Förderer der Jugend und als Sympathieträger für die Fans. Mittlerweile scheint er frustriert ob der Mehrfachbelastung und der Erfolglosigkeit. Auffällig, wie oft er nicht nur die Spieler, sondern auch die Fans und die fehlende Unterstützung tadelt.

Stanislawski: Wir sind zu dämlich

Der Ausblick: Noch spricht niemand über einen vorzeitigen Weggang - doch es gibt ausreichend Indizien für eine zunehmende Entfremdung. Das Verhältnis zwischen Manager Tanner und Stanislawski soll nicht so harmonisch sein wie nach außen kommuniziert, außerdem zeigt sich der Trainer von seiner Mannschaft überdrüssig: "Wir sind einfach zu dämlich", sagte Stanislawski. Und folgende Worte könnten durchaus als Gedankenspiele an einen Rücktritt interpretiert werden: "Ich bin mittlerweile der falsche Ansprechpartner. Wir machen Fehler nicht nur einmal, sondern teilweise fünfmal im Spiel und versuchen es beim sechsten Mal wieder so zu machen. Das ist schon große Kunst, dass wir das so hinkriegen."

 

Hertha BSC

Die sportliche Situation: 20 Punkte und Rang elf sind an und für sich ein ordentliches Hinrunden-Ergebnis für einen Aufsteiger - das Last-Minute-1:1 in Hoffenheim bewahrte die Berliner allerdings haarscharf vor größeren Problemen. Die Hertha ist nämlich seit sechs Spielen sieglos und hat nur eine der letzten neun Partien gewonnen. Der Anfangsschwung ist lange schon verflogen, der Abstand auf einen Abstiegsplatz beträgt nur fünf Punkte.

Die Trainer-Situation: Markus Babbel startete sportlich sehr gut in die Saison, nach fünf Spieltagen lag die Hertha mit acht Punkten auf Rang acht. Die Berliner waren vor allen Dingen auswärts äußerst gefährlich, gewannen unter anderem bei Meister Dortmund. Außerhalb des Platzes hatte Babbel aber bereits seit Saisonbeginn Probleme mit dem Umfeld: Besonders seine kritischen Interview-Äußerungen über die Berliner Mentalität ("Der Berliner an sich neigt ja tendenziell gerne mal zum Größenwahn. Er ist laut, redet viel, will viel - aber getan wird oft erstmal wenig") und die teilweise "unsachliche" Medienberichterstattung ließen keine Ruhe aufkommen. Dazu gesellte sich die Never-ending-Story um seinen Vertrag, der am Saisonende ausläuft.

Das Hauptproblem: Das Tischtuch zwischen Babbel und der Hertha ist komplett zerschnitten. Der Coach und Manager Michael Preetz können wohl schon länger nicht mehr miteinander, spätestens seit Samstag ist die Dimension des Bruchs auch der Öffentlichkeit klar: Beide bezichtigten sich vor laufenden TV-Kameras quasi als Lügner. Die Ehe Babbel-Hertha ist an den Diskussionen um Babbels auslaufenden Vertrag zerbrochen.

Lügenvorwürfe: Eskalation in Berlin

Der Ausblick: Momentan ist es nur schwer vorstellbar, dass Babbel am Mittwoch im DFB-Pokal gegen Kaiserslautern überhaupt noch auf der Hertha-Bank sitzt. Auch aus den obersten Etagen der Berliner bekommt Babbel massiven Gegenwind. "Die Geschichte, die Babbel erzählt, ist nicht das, was Michael Preetz Stein auf Bein schwört", sagte Präsident Werner Gegenbauer nach dem Hoffenheim-Spiel. Die Berliner Tage von Babbel sind endgültig gezählt, aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat ist Michael Skibbe. Der Coach des türkischen Erstligisten Eskisehir sagte am Samstag: "Das sind Dinge, die nicht in der Öffentlichkeit besprochen werden sollten. Ich werde nach dem letzten Hinrundenspiel gegen Mersin mit unserem Vorstand alles weitere besprechen." Ein Dementi klingt anders.

 

Bayer Leverkusen

Die sportliche Situation: Gegen Nürnberg sollte ein versöhnlicher Jahresabschluss her nach einigen Tiefen in der Hinrunde. Trotz davor sechs Spielen am Stück ohne Niederlage - aber mit wenigen überzeugenden Leistungen - wurde das Spiel gegen den Club zum Tiefpunkt. Leverkusen steht bei lediglich 26 Punkten, das sind sieben weniger als noch letzte Saison nach der Hinrunde. Für einen Klub, der heimlich auch nach dem ganz großen Wurf schielt, ist das viel zu wenig. Dazu kommt das blamable Aus im DFB-Pokal. Lediglich das Weiterkommen in der Champions League übertüncht(e) einiges. Auf einen direkten CL-Platz sind es jetzt schon acht Punkte Rückstand...

Die Trainer-Situation: Robin Dutt musste ein schweres Erbe antreten, ging den Job aber voller Elan und Zuversicht an. Schnell wurden aber kritische Stimmen laut: nach den unglücklichen Aussagen bezüglich Simon Rolfes und Michael Ballack, dann nach den beiden Klatschen gegen Köln und bei den Bayern. Immer, wenn Dutt angekommen scheint, erfolgte der nächste Rückschlag. Dass Dutt selbst bei der Trainingssteuerung wankelmütig war, hat seinem Standing in der Mannschaft nicht geholfen.

Völler nach dem 0:3 gegen Nürnberg: "Es muss alles auf den Tisch"

Das Hauptproblem: Dutt bekommt wie viele seiner Vorgänger das Mentalitätsproblem in Leverkusen nicht in den Griff. Nach guten Auftritten unter der Woche in der Champions League gerieten die Bundesligaauftritte zu trostlosen Veranstaltungen, mit Barca im Hinterkopf wurde das Nürnberg-Spiel zum echten Desaster. Dazu fehlt immer noch eine klare spielerische Linie. Lediglich 22 Tore sind für Bayer, das traditionell für Offensivfußball steht, viel zu wenig. Jetzt geht sogar der sonst eher zurückhaltende Rudi Völler ungewohnt kritisch an die Öffentlichkeit.

Der Ausblick: Der Ton wird rauer, Robin Dutt wollte am Samstag gar nicht mehr groß etwas zur Niederlage gegen den Club sagen. Dafür redeten die Bosse Klartext. "Man hat die gesamte Vorrunde über gesehen, dass irgendwas nicht stimmt. Das wurde dann durch kleinere Erfolgserlebnisse und zuletzt durch die Serie von sechs Spielen in Folge ohne Niederlage übertüncht", sagte Völler. "Wir werden jetzt die Wunden lecken und dann nach Weihnachten alles auf den Tisch bringen. Mit den 26 Punkten nach der Hinrunde können und dürfen wir nicht zufrieden sein." Dutt steht laut Wolfgang Holzhäuser nicht zur Disposition - er dürfte aber mehr denn je unter Beobachtung stehen.

Der 17. Spieltag im Überblick