Marcus Sorg: Ein Neuling, aber kein Greenhorn

Von Christian Bernhard
Der Trainer und sein Torgarant: Freiburg-Coach Marcus Sorg (M.) und Papiss Demba Cisse (l.)
© Getty

Der SC Freiburg hat unter Bundesliga-Neuling Marcus Sorg gegen Wolfsburg den ersten Saisonsieg eingefahren. Der 45-jährige Cheftrainer und Nachfolger von Robin Dutt ist ein Freund des Offensivspiels, der taktischen Variabilität und ein unbeschriebenes Bundesliga-Blatt - aber kein Greenhorn.

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Die vergangene Woche dürfte eine sehr angenehme für Marcus Sorg gewesen sein. Am 4. Spieltag fuhr der Freiburg-Coach beim klaren 3:0 gegen Wolfsburg seinen ersten Sieg als SC-Chefcoach ein, nur vier Tage später hatte er dann die Gewissheit, dass Torgarant Papiss Demba Cisse dem Verein zumindest bis Winter erhalten bleibt.

"Ich bin sehr froh, dass wir uns endlich mit Punkten für unsere gute Leistung belohnt haben", sagte Sorg nach seinem ersten Bundesliga-Dreier. "Wir sind sehr dominant und diszipliniert aufgetreten."

Besser hätte Sorg sein Sieg-Debüt kaum timen können, durch die Länderspielpause hatten er und sein Team zwei entspannte Wochen, um sich auf das Auswärtsspiel beim FC Bayern vorzubereiten.

Freiburg: ideales Ambiente für einen Trainer

Wobei wohl selbst ein Remis oder gar eine Niederlage an diesem Umstand nichts verändert hätte. Kaum ein Bundesligatrainer kann schließlich ruhiger fernab des Medienrummels arbeiten, als Sorg im Breisgau.

So verwundert es nicht, dass Sorg sich nach eigenen Angaben "nirgends so wohlgefühlt hat wie in Freiburg", wie der 45-Jährige der "Stuttgarter Zeitung" erzählte. "Die Stadt ist durch ihr Umfeld der ideale Arbeitsplatz für einen Profitrainer."

Es ist das Ambiente, von dem jeder Coach träumt. Ein Arbeitsplatz, um den ihn viele Kollegen beneiden. Das Trainergeschäft ist enorm schnelllebig geworden, Ergebnisse und Erfolge müssen sich schnell einstellen - sonst zahlt oft und gerne der Trainer drauf. Außer in Freiburg. Dort ist Sorg nach Volker Finke und Robin Dutt erst der dritte Coach der Freiburger Bundesliga-Geschichte - in 20 Jahren wohlgemerkt.

"Auch wenn ich weiß, dass es im Profigeschäft keine Garantien gibt, bin ich sehr froh, beim SC Freiburg arbeiten zu dürfen, wo Kontinuität Teil der Vereinsphilosophie ist", freute sich Sorg in der "Badischen Zeitung."

Die Handschrift Sorgs ist bereits nach wenigen Spieltagen zu erkennen. Unter ihm schoss die zweite Freiburger Mannschaft, die er in der vergangenen Saison trainierte, die meisten Treffer in der Regionalliga. Die SC-Profis haben nun nach vier Spielen neunmal getroffen und stellen damit hinter Schalke den zweitbesten Angriff der Liga - zusammen mit den Bayern und Bremen.

Sorgs Faible für die Offensive

Nicht umsonst hatte Sorg in der Vorbereitung unterstrichen, sein Team müsse "eben versuchen, unsere Qualitäten, die wir mit Sicherheit in der Offensive haben, noch mehr zu fördern."

Klar für Sorg ist aber auch: "Ein couragiertes Offensivspiel darf nicht auf Kosten der Abwehr gehen." So geschehen beim spektakulären, aber wenig ertragreichen 3:5 in Bremen. Balance ist in Freiburg eben Trumpf.

Dem besonnenen Offensivgeist liegt eine ausgeprägte taktische Variabilität zugrunde. In vier Bundesliga-Spielen hat Sorg sein Team bereits mit drei Spielsystem auf das Feld geschickt: Zweimal in dem aus der vergangenen Saison gewohnten 4-1-4-1-System und je einmal im 4-4-2 sowie erfolgreich im 4-2-3-1 zuletzt gegen Wolfsburg. Trotzdem sagte Sorg nach dem Premierensieg: "Wir müssen immer sehr variabel sein."

Variabilität ist das Lösungswort beim SC. "Als SC Freiburg kann man nicht in jedes Spiel gehen und dem Gegner sein Spiel aufdrücken. Wir müssen je nach Gegner in der Lage sein, eine gesunde Mischung aus Aktion und Reaktion zu finden und auch im Spiel mal die Systeme wechseln, um angemessen auf neue Gegebenheiten zu reagieren", unterstreicht Maximilan Nicu im Interview auf der Vereins-Homepage.

Der taktische Schlüsselspieler von Marcus Sorg ist Julian Schuster, der auf der Sechs das Spiel organisiert - und das taktisch geprägte Umfeld liebt: "Für mich ist der SC genau der richtige Verein, weil hier unheimlich viel Wert auf die Taktik gelegt wird."

Schon zwölf Jahre Trainer

Sorg kennt die Stärken und Schwächen des SC in- und auswendig. Denn so überraschend seine Beförderung vom Freiburg-II-Coach zum Cheftrainer der Profis für den Rest der Republik war, so logisch wird sie im Breisgau gesehen.

Die Entscheidung steht für die Kontinuität des SC - und für die Durchlässigkeit im Klub. "Ich bin ja bereits seit drei Jahren im Verein und deshalb ist es für mich nicht ganz so neu, da das Umfeld das alte ist, nur in neuer Funktion", unterstrich Sorg im Interview mit "Sport1".

Außerdem ist Sorg bereits zwölf Jahre als Trainer aktiv - Bundesliga-Neuling also ja, Greenhorn nein. Der gelernte Bauingenieur kennt die Strukturen des Vereins bestens und feiert in diesen Tagen zusammen mit dem Klub das zehnjährige Bestehen des vereinseigenen Nachwuchs-Leistungszentrums.

Oliver Baumann, Johannes Flum und zuletzt die beiden U-20-Nationalspieler Christian Bickel und Simon Brandstetter kommen aus der SC-Talentschmiede, die als "Leistungszentrum der höchsten Kategorie" eingestuft wird - und im Verein eine wichtige Rolle spielt.

"Unsere Ziele als Mannschaft sind klar: Wir wollen so schnell wie möglich die Liga-Zugehörigkeit sichern und die gute Arbeit der vergangenen Jahre weiterführen. Mit einem Auge werden wir natürlich auch immer auf unser Nachwuchszentrum schauen, dass wir den einen oder anderen Spieler bei uns integrieren können", betont Sorg, der in der Vorbereitung erklärt hatte: "Nach fünf, sechs Spielen kann man draufschauen und erstmals bewerten."

Zwei Spiele hat er also noch Zeit, dann flattert das erste selbstauferlegte Zwischenzeugnis ins Haus.

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