Drei Fragen zum Boateng-Transfer

Von Daniel Börlein
Jerome Boateng wechselt von Manchester City zum FC Bayern München
© Imago

Der Transfer von Jerome Boateng von Manchester City zum FC Bayern ist perfekt. Der Abwehrspieler erhält beim Rekordmeister einen Vertrag bis 2015. Die Ablösesumme soll bei 13,5 Millionen liegen. Mit Boateng bekommen die Bayern ihren "Wunschspieler". Drei Fragen stellen sich allerdings.

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Was verspricht sich der FC Bayern von Boateng?

"Mit Jerome Boateng haben wir unseren Wunschkandidaten für die Innenverteidigung zum FC Bayern geholt", sagte Karl-Heinz Rummenigge. Ein Grund: Der 22-Jährige ist ein anderer Spielertyp als die vorhandenen Innenverteidiger und bringt ein scheinbar komplettes Paket mit. Boateng ist kopfballstark, enorm robust, ordentlich in der Spieleröffnung und vor allem deutlich dynamischer und schneller als Daniel van Buyten und Holger Badstuber. Dadurch soll die Anfälligkeit für den Ball in die Tiefe und den schnellen Gegenstoß behoben werden.

Für Jupp Heynckes ist er deshalb der "Wunschspieler", zumal Boateng dank seiner Fähigkeiten auch auf anderen Positionen eingesetzt werden kann. Bei Manchester City agierte der Nationalspieler, wie auch schon im DFB-Team, meist auf der rechten Seite der Viererkette; bei der WM in Südafrika kam er als Linksverteidiger zum Einsatz.

"Klar, ich könnte auch rechts spielen", sagte Boateng kürzlich dem "Kicker", stellte aber gleichzeitig klar: "Ich will nach innen."

Vierjahresvertrag: FC Bayern holt Jerome Boateng

Dort sieht man ihn auch beim Rekordmeister. "Bayern will mich als Innenverteidiger", so Boateng. Mit seinen bisherigen Stationen Hertha BSC, Hamburger SV und Manchester City hat er schon einige Erfahrungen gesammelt, seine Zukunft hat er bei gerade mal 22 Jahren aber noch vor sich. Auch deshalb wollte ihn der FC Bayern unbedingt haben.

Mit Badstuber und Boateng hat man nun zwei Innenverteidiger mit glänzender Perspektive, die künftig sogar das Abwehr-Duo in der Nationalmannschaft bilden könnten. Die Baustelle Innenverteidigung haben die Bayern durch die Boateng-Verpflichtung, zumindest falls alles gut läuft, für lange Zeit geschlossen.

Welche Risiken geht der FC Bayern mit der Verpflichtung ein?

Boateng bringt die idealen Voraussetzungen für einen Innenverteidiger mit, aber eben auch eine gewisse Verletzungsanfälligkeit. In der vergangenen Saison kam er deshalb bei ManCity nie in einen echten Rhythmus. Mehr als sieben Spiele am Stück (September und Oktober 2010) schaffte Boateng nicht. Insgesamt kam er nur auf 16 Einsätze in der Premier League (zwölf von Beginn an) und fünf in der Europa League. Seit Ende Februar stand er überhaupt nicht mehr auf dem Platz.

Aktuell kämpft er mit den Folgen einer Knie-OP. Keine Frage: Boateng mangelt es an Spielpraxis - vor allem in der Innenverteidigung. Bei ManCity musste er, abgesehen von drei, vier Ausnahmen, immer auf der Außenbahn ran. Diesen Rückstand aufzuarbeiten, wird einige Zeit in Anspruch nehmen. "Es wäre natürlich besser gewesen, wenn er schon hier wäre", sagte Heynckes zuletzt. "Die Spieler müssen sich ja aneinander gewöhnen, und er muss sich ins Spielsystem einfügen. Das dauert normalerweise etwas."

Auch wenn Boateng der Wunschspieler ist, wird er sich dem Konkurrenzkampf in der Bayern-Innenverteidigung stellen müssen. Mit van Buyten gibt's dort nur noch einen erfahrenen Mann, der - auch wenn Heynckes ihn schätzt - durchaus auf der Bank landen könnte. Ein routinierter Abwehrchef würde den Bayern dann fehlen. Badstuber geht dafür noch die Erfahrung ab, Boateng und Breno sind darüber hinaus viel zu ruhig und introvertiert.

Wer sind die Verlierer des Transfers?

Mit Boateng, Badstuber, van Buyten und Breno hat der FCB nun vier nominelle Innenverteidiger im Kader - spielen können aber nur zwei. Boateng scheint als "Wunsch-Innenverteidiger" gesetzt, sobald er fit und integriert ist. Heißt: drei Mann streiten um den Platz daneben. Relativ chancenlos ist momentan Breno. Der Brasilianer trainierte nach seiner erneuten Knieverletzung zuletzt nur individuell und schafft es nicht, in einen echten Rhythmus zu kommen. "Er muss langsam zu Potte kommen", sagte Heynckes kürzlich.

Allmählich scheint man bei den Bayern den Glauben daran zu verlieren, dass Breno die in ihn gesteckten Erwartungen auch erfüllen kann. Bis Ende des Jahres bekommt der 21-Jährige wohl noch Zeit, um die Bosse von sich zu überzeugen. Danach könnte das Kapitel beendet werden.

Vor dem Aus schien auch van Buyten schon mal zu stehen, bei Heynckes steht der Belgier allerdings hoch im Kurs. "Daniel ist ein sehr erfahrener Spieler, ein absoluter Spitzenprofi und wunderbarer Mensch. Aber er braucht auch das absolute Vertrauen des Trainers. Als Sicherheit für sich selbst. Das bekommt er von mir", sagte Heynckes der "Sport-Bild".

Klingt fast so, als ob der Bayern-Coach in van Buyten seinen neuen Abwehrchef gefunden hat. Für Badstuber bliebe dann nur ein Platz auf der Bank. Damit muss sich wohl auch Luiz Gustavo anfreunden. Durch die Boateng-Verpflichtung ist Bayerns Innenverteidigung komplett.

In der letzten Saison war der Brasilianer dort noch gelegentlich zum Einsatz gekommen. Weil Gustavos andere Ausweichposition auf links durch Philipp Lahm besetzt und im defensiven Mittelfeld derzeit Anatolij Tymoschtschuk gesetzt ist, ist für ihn vorerst kein Platz mehr. Sollte auch noch Arturo Vidal verpflichtet werden, wäre Gustavos Chance auf einen Stammplatz noch aussichtsloser.

Jerome Boateng im Steckbrief

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