"Das schlimmste Jahr meines Lebens"

Von Martin Grupp
Werder Bremens Naldo trainiert zuletzt meist alleine. Wann er wieder spielen kann, ist völlig unklar
© Getty

Wenn ein Profi mehr Zeit beim Arzt als auf dem Rasen verbringt, verheißt das nichts Gutes. In der Bundesliga klebte in der abgelaufenen Saison gleich mehreren Leistungsträgern das Verletzungspech am Fuß. Nun gilt es für Naldo, Ivica Olic, Sebastian Kehl und Co. den Anschluss wieder herzustellen. Eine Bestandsaufnahme.

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Naldo, Werder Bremen

In der letzten Spielzeit stand Naldo nicht ein einziges Mal auf dem Platz. Lange war nicht sicher, ob er wegen eines Knochenödems im Knie jemals wieder würde spielen können. "Ich hatte das schlimmste Jahr meines Lebens. Meine Familie, der Klub und die tollen Fans haben mir geholfen, das zu überstehen. Auch deshalb habe ich nie an ein Karriereende gedacht", blickt der Brasilianer in der "Kreiszeitung" zurück.

Seit Mitte April steht der 28-Jährige nun wieder auf dem Platz: "Ich mache Schritt für Schritt und es war natürlich ein tolles Gefühl, mich dem Ball wieder etwas anzunähern. Mein Knie hält, macht keine Probleme mehr. Ich hoffe, dass es so weitergeht." So optimistisch wie Naldo ist in Bremen aber sonst kaum jemand. Eine Rückkehr auf den Platz zum Trainingsauftakt am 29. Juni gilt als extrem unwahrscheinlich.

Dabei wäre ein gesunder Naldo für Bremen von essenzieller Bedeutung. Denn mit Sebastian Prödl (Muskelriss im Gesäß) und Sebastian Boenisch (Knorpelschaden im Knie) fallen zwei weitere Verteidiger noch auf unbestimmte Zeit aus.

Wie wacklig die Werder-Defensive ohne ihre Leistungsträger ist, zeigte die letzte Saison: 61 Gegentore bedeuteten die viertschlechteste Abwehr - nur St. Pauli, Gladbach und Köln waren noch mieser.

Prognose: Es ist unmöglich vorauszusagen, ob oder wann Naldo zurückkehrt. Zu oft wurde sein Comeback in letzter Zeit angekündigt und dann wieder verschoben. Wird er nicht fit, muss Bremen in der Innenverteidigung nachrüsten.

Ivica Olic, FC Bayern

In seiner unnachahmlichen Manier hetzt er schon seit einiger Zeit wieder über den Rasen an der Säbener Straße. "Jetzt macht es Spaß. Ich kann laufen und bald kommt auch der Ball dazu. Jetzt trainiere ich für den Fußball", sagte Olic Ende Mai: "Das Knie ist ruhig, ich habe keine Schmerzen."

Man sei dem Trainingsplan gut zwei Wochen voraus, lobte sein Reha-Trainer Thomas Wilhelmi. Das Ziel, zum Trainingsauftakt am 1. Juli wieder mit der Mannschaft trainieren zu können, "ist durchaus realistisch".

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Seit seinem Knorpelschaden im November letzten Jahres schuftet der 31-Jährige für sein Comeback. "Ich hatte jede Woche ein Ziel. Jeder Fortschritt war meine Motivation", so Olic. Wilhelmi muss immer wieder auf die Bremse treten: "Am liebsten würde er 24 Stunden am Tag trainieren."

Welche Rolle Olic unter Trainer Jupp Heynckes spielen wird, ist noch unklar. In der Offensive sind Franck Ribery, Thomas Müller, Arjen Robben und Mario Gomez gesetzt, zudem wurde Nils Petersen verpflichtet.

Prognose: Wenn man sich die vorletzte Saison in Erinnerung ruft, ist davon auszugehen, dass Olic ziemlich schnell wieder ein wichtiger Mann für den FC Bayern werden wird.

Sebastian Kehl, Borussia Dortmund

Für Dortmunds etatmäßigen Spielführer lief es in den vergangenen beiden Jahren wahrlich nicht rund. In den letzten beiden Spielzeiten brachte es der 31-Jährige nur auf 12 Bundesliga-Einsätze, lediglich drei davon über die volle Distanz.

In dieser Saison verdammten ihn ein Sehnenriss, Rückenprobleme und eine entzündete Schleimhaut im Knie zum Zuschauen. "Es tut schon weh, wenn man die ganzen Monate über nur zuschauen und nicht eingreifen kann", sagte Kehl schon im März zu "ran.de".

Mittlerweile sind die Verletzungen auskuriert, ab 29. Juni startet Kehl mit der Mannschaft in die Saisonvorbereitung. Sein Anspruch auf einen Platz in der ersten Elf von Jürgen Klopp ist nach der famosen Saison von Sven Bender aber erstmal dahin.

Dass der Trainer auf eine Doppelsechs mit Kehl und Bender setzt ist unwahrscheinlich, beide sind sich in ihrer defensiven Spielanlage zu ähnlich. Für die Mittelfeldzentrale hat der BVB zudem die Youngster Ilkay Gündogan und Ivan Perisic verpflichtet.

Prognose: Für Kehl ist die kommende Spielzeit die letzte Chance, um in Dortmund noch einmal Fuß zu fassen: Sein Vertrag läuft 2012 aus. An Bender vorbei zu kommen wird aber sehr schwer.

Christian Pander, Schalke 04

Er ist der ewige Patient der Bundesliga, seine Krankenakte liest sich wie ein Roman. In sieben Jahren auf Schalke kam der mittlerweile 27-Jährige nur auf mickrige 78 Bundesligaspiele, in der abgelaufenen Spielzeit standen lediglich vier Einsätze zu Buche. Aktuell laboriert Pander an einer langwierigen Zehenverletzung, die ihn seit Ende Januar außer Gefecht setzt.

Nun läuft sein Vertrag bei den Königsblauen aus. In den kommenden Wochen soll es Gespräche über eine mögliche Verlängerung geben. "Der Ausgang ist völlig offen, da gibt es keine Tendenz", sagte Manager Horst Heldt.

Die Voraussetzungen für einen Verbleib auf Schalke haben sich seit dem Rauswurf von Felix Magath aber offenbar deutlich verschlechtert. "Vorher war ich mit Magath über eine Verlängerung schon so gut wie einig. Aber dann kam der Trainerwechsel dazwischen", so Pander.

Dass Trainer Ralf Rangnick überhaupt mit dem Linksfuß plant, ist nach der Verpflichtung von Christian Fuchs aus Mainz äußerst fraglich. Den "Wolfsburger Nachrichten" zufolge ist ein Wechsel zum VfL Wolfsburg und Coach Magath eine ernsthafte Option. Insbesondere, da die Primärlösung Marcell Jansen den Wölfen bereits eine Absage erteilt hat.

Prognose: Bei Schalke stehen nach dem Fuchs-Transfer die Zeichen auf Trennung. Wird Funky P aber wieder zu 100 Prozent fit, ist er immer noch ein Stammplatzanwärter in der Bundesliga.

Romeo Castelen, Hamburger SV

So richtig beweisen konnte sich der Niederländer in Hamburg bislang nicht. Seit der 28-Jährige 2007 an die Elbe wechselte, verbrachte er wegen Knorpelschäden im Kniegelenk wohl mehr Zeit auf der Krankenliege als auf dem Rasen. Lediglich 15 Bundesliga-Einsätze in vier Saisons sprechen Bände.

Der Flügelflitzer gibt aber nicht auf: "Ich arbeite jeden Tag, denn Ende Juni will ich fit sein. Zur neuen Saison greife ich wieder an." In diesen Tagen wird Castelen von den Vereinsärzten gründlich durchgecheckt. Sollten die Tests positiv verlaufen, wird man seinen auslaufenden Vertrag um ein Jahr verlängern.

"Er hat so viel durchgemacht, war immer positiv und hat eine fantastische Einstellung", lobt Sportdirektor Frank Arnesen. Dass Castelen schon im letzten Saisonspiel wieder auf der Bank saß, habe ihm gut getan: "Er möchte dem Verein etwas zurückgeben." Auch im Urlaub wird Castelen für sein Comeback arbeiten, der HSV hat ihm ein spezielles Trainingsprogramm mit auf den Weg gegeben.

Prognose: Wird beziehungsweise bleibt Castelen fit, könnte sich er für Trainer Michael Oenning als echte Alternative auf der rechten Außenbahn erweisen. Man kann nur hoffen, dass ihm sein Körper eine Chance gibt.

Albert Bunjaku, 1. FC Nürnberg

Für den Schweizer dauerte die zurückliegende Saison gerade mal bis zum dritten Spieltag. Dann wurde bei Bunjaku ein Knorpelschaden im Knie festgestellt, es drohte ihm sogar das Karriereende. Im März gaben die Ärzte aber Entwarnung, der Schaden konnte glücklicherweise behoben werden.

Seitdem ackert der 27 Jahre alte Stürmer nun für seine Rückkehr in die Bundesliga. Im April lief er bereits einmal für das Regionalliga-Team auf: "Mittlerweile bin ich schmerzfrei, das Knie reagiert auch auf stärkere Belastungen nicht." Oberstes Ziel sei es nun, "topfit in die Sommervorbereitung zu gehen und Vollgas zu geben". Das Training beginnt am 26. Juni.

Ab dann muss sich Bunjaku dem Konkurrenzkampf stellen. Denn mit Christian Eigler, Nassim Ben Khalifa und den Neuzugängen Alexander Esswein (Dynamo Dresden) und Tomas Pekhart (Sparta Prag) ist die Auswahl in der Club-Offensive groß.

Prognose: Findet Bunjaku schnell wieder seine Form der Saison 09/10 (12 Tore) führt für Trainer Dieter Hecking kein Weg an ihm vorbei. Die Konkurrenz ist trotz der Rückkehr von Julian Schieber zum VfB Stuttgart aber groß.

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