Die Emanzipation des Lukas P.

Von Christian Bernhard
Lukas Podolski und sein Sohn Louis nach einem Heimspiel des 1. FC Köln
© Getty

Podolski hat den Schritt zum Leader gemacht, seine Liebe zum 1. FC Köln wird aber auf eine harte Probe gestellt. Der Klub hat in vielen Dingen versagt und könnte seinen Star bald verlieren.

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Lukas Podolski ist kürzlich unter die Baumpflanzer gegangen. Zusammen mit einigen Nachwuchsspielern seines Heimatvereins FC Bergheim 2000 bepflanzte der FC-Stürmer im Rahmen der Initiative "footballkids for nature" ein Waldstück in seiner Heimatstadt. "Was in Bergheim passiert, freut mich", sagte Podolski dem "Express". "Ich hoffe, dort können wir was Großes aufbauen."

Davon träumt der 1. FC Köln noch. Zwar ist der Klassenerhalt nach dem Derbysieg gegen Leverkusen zum Greifen nah, zurückbleiben aber jede Menge Baustellen. Ein Trainer für die neue Saison muss her und der zuletzt heftig kritisierte Vorstand muss einen Weg finden, sich wieder den Fans anzunähern. Zudem wird gemunkelt, Torjäger Milivoje Novakovic könnte im Sommer abgegeben werden.

Podolski, Kapitän und Identifikationsfigur, macht keinen Hehl daraus, dass ihm die Gesamtsituation nicht gefällt. "Wenn wir die Klasse gehalten haben, müssen wir hier einen Schnitt machen", betonte er nach dem Derbysieg. "Ständig passiert hier was, das ist nicht gut für die Mannschaft. Jetzt müssen Veränderungen her, sonst spielen wir in der neuen Saison wieder gegen den Abstieg."

Podolski vor persönlichem Torrekord

An Podolski liegt es nicht, dass der FC wieder nur um den Klassenerhalt spielt. Im Gegenteil: Nach den mäßigen Jahren in München und der zahlenmäßig schwachen FC-Saison im Vorjahr (zwei Tore), ruft er in dieser Spielzeit sein ganzes Potenzial ab.

Zwölf Bundesliga-Treffer und sieben Assists hat er bis dato vorzuweisen, ein Treffer noch, und Podolski überbietet seinen Tor-Rekord aus der Saison 2005/06.

Der in den vergangenen Jahren in Mode gekommenen Etikette, Podolski spiele nur in der Nationalmannschaft groß auf, entledigte sich der 25-Jährige in dieser Spielzeit. Er ist ein richtiger Leader geworden, nicht erst, seit er die Kapitänsbinde trägt.

"In der entscheidenden Phase der Saison ist er sehr wichtig. Er ist unser Kapitän und ein Weltklasse-Spieler. Er war immer schon sehr wichtig für den FC und gerade jetzt, wenn man einen Führungsspieler braucht", sagt Adam Matuschyk im Gespräch mit SPOX.

"Ich denke, er ist in dieser Saison auch als Persönlichkeit noch etwas gereift. Nach dem Trainerwechsel hat er vor allem auch mit den jungen Spielern geredet und klar gemacht, dass wir enger zusammenrücken müssen. An den jungen Spielern ist er sehr nah dran, weil er selbst auch aus der FC-Jugend kommt."

Für Ex-Coach Frank Schaefer hat Podolski als Führungsspieler eine "unheimliche Entwicklung" genommen: "Das ist höher einzustufen, als wenn er etwa seinen linken Fuß oder sein Kopfballspiel weiter verbessert hätte."

Podolski über Schaefer: "Ein großer Verlust"

Podolskis Liebe zu Köln und dem FC bleibt ("Ich liebe diese Stadt und diesen Klub. Hier ist mein Verein, hier ist meine Heimat"), ist aber nicht mehr ungebrochen. Köln ohne Podolski ist eigentlich nicht vorstellbar, doch Podolski machte in der x-ten turbulenten FC-Saison klar, dass er nicht ewig nur gegen den Abstieg spielen möchte.

Bereits im Oktober hatte Podolski in einem Rundumschlag-Interview mit der "Sport-Bild" vom Fehlen einer "klaren Strategie" beim FC gesprochen und gedroht: "Wir treten auf der Stelle. Und wenn das auf Dauer so bleibt, muss ich mir schon Gedanken über meine Zukunft machen."

Die ständigen Störfeuer, die Umstände des Rücktritts von Ex-Coach Frank Schaefer und die geschmacklosen Drohungen der Fans nach dem 1:4 in Wolfsburg ("Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot") hat Podolski nicht vergessen.

Vor allem die Trennung von Schaefer hat er nicht verstanden: "Der FC hätte mit Frank Schaefer etwas aufbauen können. Zudem ist er ein Trainer, der am FC hängt, aus dieser Region kommt und mit dem sich die Fans identifizieren. Er ist ein großer Verlust für uns."

Als die versammelte Presse den FC-Kapitän am Tag des Trainer-Rücktritts um ein Statement bat, fauchte er genervt: "Ich bin hier nicht der Pressesprecher." Unter Schaefer blühte Podolski wieder auf und mit ihm auch der FC. Köln gewann zwischenzeitlich sieben Heimspiele in Folge - neuer Vereinsrekord.

Das Ausland lockt

Podolskis Leistungen in dieser Saison sind ausländischen Klubs nicht verborgen geblieben. Zenit St. Petersburg und der AS Rom wurden bereits mehrfach mit dem Angreifer in Verbindung gebracht, zuletzt soll sich auch der AC Milan nach dem Kölner Urgestein erkundigt haben.

"Es soll nicht arrogant klingen, aber ich traue mir durchaus zu, mich bei einem europäischen Top-Klub durchzusetzen", sagte Podolski.

Mehr als eine Drohung sind Podolskis Worte aber als unterschwellige Aufforderung an den Verein zu interpretieren, endlich Ruhe und Konstanz in den Klub zu bekommen. "Die Verantwortlichen sind gefordert, den Verein kontinuierlich nach vorne zu bringen", lautet Podolskis Forderung.

Er will Köln nicht verlassen, sondern den Verein weiter entwickeln, damit er gar nicht auf den Gedanken kommen muss, sich mit anderen potenziellen Arbeitgebern zu beschäftigen.

Als Schaefer noch FC-Trainer war, sagte er dem "Kicker": "Lukas ist von der Stimmung abhängig, aber wenn er Entwicklungen erkennt, ist er jemand, der aktiv an die Sache ran geht". Die Frage ist, ob Podolski diese Entwicklung in Köln langfristig sieht.

Christoph Daum ist da skeptisch. Im "Express" sagte der Ex-FC-Coach über die Kölner: "Man muss ganz klar die Öffentlichkeit darüber informieren, dass es in den nächsten drei, vier Jahren rein um die Bundesliga-Existenz geht."

Lukas Podolski im Steckbrief