"...dann wäre Frontzeck zurückgetreten"

Von Interview: Fatih Demireli
Michael Fink (M.) wechselte für 700.000 Euro Leihgebühr von Besiktas zu Mönchengladbach
© Getty

Michael Fink wechselte kurz vor Transferschluss zu Borussia Mönchengladbach. Die Leihgabe von Besiktas soll im Abstiegskampf mit seiner Erfahrung aushelfen. Doch der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler saß bisher zwei Mal 90 Minuten auf der Bank. Im SPOX-Interview spricht Fink über den Abstiegskampf, Verhandlungen mit Hannover und Probleme mit Bernd Schuster.

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SPOX: Herr Fink, willkommen zurück in Deutschland. Die Rückkehr war für Sie voller Wiedersehen. Erst Eintracht Frankfurt, dann der VfB Stuttgart. Wo war die Freude größer?

Michael Fink: Ganz klar Frankfurt. Ich bin da erst eineinhalb Jahre weg und habe dort viele Freunde. Die Eintracht-Fans haben mich super aufgenommen, ich wurde sehr freundlich begrüßt. Aus Stuttgart bin ich ja schon länger weg. Meine Familie wohnt zwar noch dort, aber aus meiner VfB-Zeit spielt da keiner mehr.

SPOX: Eineinhalb Jahre fern der Heimat. Haben Sie irgendetwas vermisst?

Fink: Eigentlich nicht. Natürlich liebe ich Deutschland und genieße das Leben hier, aber die Erfahrung in der Türkei war riesig - sportlich und privat. Das ist eine andere Mentalität und ich bin froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte.

SPOX: Sie haben mit Besiktas um Titel gespielt. Jetzt kämpfen Sie in der Bundesliga gegen den Abstieg. Haben Sie schon eine Erklärung dafür, warum Mönchengladbach Letzter ist?

Fink: Das letzte Spiel war ein guter Beweis. Viele Spiele, die ich in der Hinrunde gesehen habe, liefen ähnlich ab: Nach einer guten ersten Halbzeit geht die Konzentration und die Ordnung in der zweiten Halbzeit verloren. Gegen Stuttgart führen wir 2:0 und verlieren dennoch - das darf nicht passieren.

SPOX: Sie haben bei Ihrer Vorstellung gesagt, dass Sie nicht nur nach Mönchengladbach gewechselt sind, um etwas mehr Spielpraxis zu bekommen. Zuletzt saßen Sie aber zwei Mal 90 Minuten auf der Bank. Warum?

Fink: Ich hatte in Istanbul keine richtige Vorbereitung und vor dem ersten Spiel gegen Frankfurt war ich gerade mal zwei Tage hier. Da war es klar, dass ich nicht spielen werde und wenn, nur im äußersten Notfall. Hinzu kam, dass wir in Frankfurt ein gutes Spiel gemacht haben und die Mannschaft hatte es verdient, noch eine Chance zu bekommen.

SPOX: Gegen Stuttgart hat man zumindest eine Einwechslung erwartet...

Fink: Gegen Stuttgart lief es in der ersten Halbzeit eigentlich auch gut. Leider haben wir drei Tore kassiert. Ich gehe aber jetzt davon aus, in der nächsten Zeit zum Einsatz zu kommen. Ein Teil meiner Aufgabe wird es jetzt sein, meine Erfahrung einzubringen.

SPOX: Ist der Trainer jetzt fast schon gezwungen, auf die erfahrenen Spieler zu setzen?

Fink: Auf jeden Fall. In einer derartigen Situation braucht man diese Spieler. Der Trainer hat deswegen Martin Stranzl und mich verpflichtet. Er hat in der Hinrunde gesehen, dass erfahrene Spieler vielleicht mal einen Schritt weniger machen, was im Endeffekt aber ein paar Schritte mehr bedeuten können. Die Stimmung nach dem Stuttgart-Spiel ist geknickt. Wir müssen das jetzt aber aus unseren Köpfen löschen und uns auf St. Pauli konzentrieren.

SPOX: Stuttgart war das Abstiegsfinale. Ist St. Pauli die letzte Chance?

Fink: So würde ich es nicht nennen. Natürlich ist es wieder ein sehr wichtiges Spiel, weil man gegen einen direkten Mitkonkurrenten spielt. Aber noch sind 13 Spiele zu absolvieren und noch 39 Punkte zu vergeben - da ist noch viel möglich. Wenn wir das Spiel wieder verlieren würden, wäre es kein Todschlag.

SPOX: Michael Frontzeck steht in der Kritik. Glauben Sie, dass er Mönchengladbach vor dem Abstieg retten kann?

Fink: Ja. Wenn er selbst nicht den Glauben hätte, wäre er zurückgetreten. Die Mannschaft arbeitet gut im Training, der Trainer arbeitet gut mit uns. Ich kann ja nur für mich sprechen, aber ich habe das Gefühl, dass es auf jeden Fall noch passt.

SPOX: Sie hätten es sich einfacher haben können. Sie hatten viele Angebote. Wieso haben Sie sich für Mönchengladbach entschieden?

Fink: Ganz einfach: Es ist für mich eine große Herausforderung. Ich bin erst einmal für das halbe Jahr ausgeliehen. Es ist eine Herausforderung, den Klassenerhalt zu schaffen und dadurch wieder in den Fokus zu rücken. Wenn ich einer der Spieler werde, die dafür sorgen, die Klasse zu halten, ist das für einen selbst eine sehr gute Referenz.

SPOX: Besiktas hat wenige Tage vor Ihrem Transfer verkündet, dass Sie mit Hannover 96 verhandeln. War das keine Option für Sie? Immerhin spielt der Klub ganz oben mit...

Fink: Ja, da es gab auch Gespräche mit Hannover und anderen Vereinen. Letztlich habe ich mich für Mönchengladbach und die besagte Herausforderung entschieden.

SPOX: Sie haben durchblicken lassen, dass Gladbach nicht nur bis Saisonende eine Option ist. Würden Sie mit der Borussia auch in die 2. Liga gehen?

Fink: Natürlich will ich immer in der Bundesliga spielen, so wie jeder andere Spieler auch. Ich beschäftige mich nicht damit, ob Borussia Mönchengladbach in der 2. Liga spielen wird, weil ich davon ausgehe, dass wir das schaffen. Die Frage stellt sich für mich also nicht. Wenn wir den Klassenerhalt schaffen, ist Mönchengladbach der erste Ansprechpartner.

SPOX: Würde im Sommer eine Rückkehr in die Türkei in Frage kommen?

Fink: Da bin ich noch ein Jahr bei Besiktas unter Vertrag. Wer weiß, was sich im Sommer dort tut. Ich habe die Zeit dort wirklich genossen und mich sehr wohl gefühlt. Besonders im ersten Jahr lief es sportlich super, ich habe in der Champions League gespielt. Wenn das wieder so laufen sollte, wäre das natürlich wieder eine Option.

SPOX: Wir haben uns bei Twitter und in den Foren etwas umgehört. Die Besiktas-Fans bedauern es sehr, dass Sie gegangen sind. Ihr Problem war die Ausländerregelung: Besiktas durfte maximal zehn Ausländer melden, aber plötzlich wurden es 14 und vier mussten gehen.

Fink: Ich wäre auf jeden Fall geblieben, wenn es diese Regel nicht gegeben hätte. Ich habe immer viel Zuspruch erhalten, die Leute haben mich sehr nett verabschiedet und auch die türkischen Mitbürger hier haben mich angesprochen, dass sie es schade fanden, dass ich gegangen bin. Es ehrt mich sehr, dass ich so einen Eindruck hinterlassen habe.

SPOX: Wie war die Zusammenarbeit mit Bernd Schuster?

Fink: Schwierig. Weil wir eben sehr viele Ausländer hatten, musste er sehr harte Entscheidungen treffen. Es hat nun mal mich getroffen und es ist klar, dass dann das Verhältnis zwischen Spieler und Trainer nicht überragend ist.

SPOX: Ihr Vertrag wurde vor Saisonbeginn und dann auch noch mal in der Winterpause auf Eis gelegt. Man gehört zur Mannschaft, aber dann doch irgendwie nicht. Was war das für eine Erfahrung?

Fink: Das ist natürlich schlimm. Man trainiert jeden Tag mit der Mannschaft, weiß aber ganz genau: Man kann so gut trainieren wie man will, alles kann einem gelingen - aber man kommt trotzdem nicht zum Einsatz. Im Sommer wurde der Vertrag wieder aktiviert, aber im Winter war das nicht mehr möglich, weil auch die drei Portugiesen verpflichtet wurden.

SPOX: Wir haben neulich Roberto Hilbert in Istanbul getroffen. Er spricht schon recht ordentlich Türkisch. Wie war es bei Ihnen?

Fink: Ich hatte regelmäßig Türkisch-Unterricht. Ich konnte mich so weit verständigen, Einkaufen gehen und mich einigermaßen unterhalten.

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