Respekt trägt lange Unterhosen

Von Stefan Moser
Lange Unterhosen oder gar keine: Nur so verdient sich ein Mann Respekt
© Getty

So leid es uns tut, aber manchmal erinnert Hamburg irgendwie ans Dschungelcamp. Gealterte Ex-Stars tun sich mit prätentiösen Möchtegern-Stars zusammen, entwickeln dabei eine unangenehme Gruppendynamik und zum Zuschauen ist es manchmal ziemlich eklig. Größter Unterschied: Wenn Ruud van Nistelrooy "Holt mich hier raus!" schreit, muss er trotzdem bleiben. Die gerechte Strafe: Kein Platz für den HSV - in der Alternativen Liste des 20. Spieltags.

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1. Journalistische Arbeitstechniken: Der frühere Bundestrainer Marcel Reich-Ranicki hat einmal gesagt, Fußballer verstünden vom Fußball-Journalismus so viel wie Vögel von der Ornithologie. Und der Mann hat selbstverständlich Recht. Wie anders wäre sonst auch zu erklären, dass Fußballer die Journalisten derart oft und hundsgemein im Regen stehen lassen? Wie zum Beispiel Freiburgs Trainer Robin Dutt: Der wurde nach dem Sieg in Stuttgart nämlich höflich dazu aufgefordert, doch bitte sein Saisonziel neu zu formulieren. Denn, so kernerte der Fieldreporter, die Sache mit dem Klassenerhalt könne ja nun wirklich keiner mehr hören. Worauf Dutt erwiderte: "Es ist mir eigentlich herzlich egal, was Sie noch hören können!" Sticht! Geschlagen gab der Fieldreporter daraufhin zurück ins Studio. Was hätte er auch sonst tun sollen? Laut Handbuch für Journalisten gab es dafür eigentlich nur drei erwähnenswerte Alternativen:

a) Ins Feuilleton wechseln und Reich-Ranicki interviewen
b) Irgendwas über Hitler schreiben und hoffen, dass der Spiegel die Geschichte kauft
c) Sich gleich am Arsch lecken lassen und Ornithologe werden

2. Aber apropos Stuttgart: Aus der Reihe "Dinge, die sich besser anhören als sie sind": Friedensmission, Dschungelkönig, Mohamed Zidan, Ecke für Bremen und vor allem: Europacup-Abende mit Benfica Lissabon! Denn wir erinnern uns: Schon Nürnberg musste 2007/08 gegen die Portugiesen ran, zwei Jahre später auch die Hertha. Beide flogen gegen Benfica aus der Europa League - und beide stiegen am Saisonende ab. Noch Fragen, Fredi?

3. Ode an Fritz von Thurn und Taxis: Egal, was der nette Onkel Fritz auch während eines Spiels erzählt, als Zuhörer fühlt man sich dabei doch immer irgendwie befummelt.

Verbal begrabscht sogar bisweilen - von Wort und Timbre ungebührlich an den Po gefasst. Das war am Freitag auch nicht anders, als er 90 Minuten lang Hannovers neuem Torhüter, Ron-Robert Zieler, huldigte.

Den Höhepunkt erreichten die rhetorischen Liebkosungen in der 80. Minute, als Zieler einen recht banalen langen Ball abfing, indem er, ebenso banal, den Sechzehner verließ und das Ding gen Mittellinie hufte. Was von Thurn und Taxis freilich zur Ekstase trieb: "Aber da kommt Zieler!! Iiiiijaaaaaaa, der Zieler! Das hat er gelernt, von Edwin van der Sarrrr in Manchester! Das ist die holländische Schule! Jahaha!" Doch so richtig übel nehmen will man ihm das brunftige Geschrei dann doch nicht. Denn erstens ist er irgendwie ein lässiger Typ; und zweitens füllt er zwischendurch den Äther auch mit hieb- und stichfesten Statistiken: "Wenn Hannover auswärts gewonnen hat, waren sie immer in Führung!"

4. Styleguide: Um einigermaßen stilsicher durchs Leben zu kommen, braucht ein Mann eigentlich nur drei ästhetische Grundsätze: Hüte wirken häufig aufgesetzt, Timo Gebhart fehlt die Grazie für einen sterbenden Schwan, und Einlaufkinder sollten nie größer sein als 1,40 Meter. Guckst Du hier: Kam per Twitter.

5. Karimi inklusive: Seit 580 Tagen ist Felix Magath nun auf Schalke im Amt und hat in dieser Zeit ganze 35 Transfers getätigt. Das macht im Schnitt: Alle 16,5 Tage ein Bündel Bargeld, um die kostspieligen Dienste von Professionellen käuflich zu erwerben - und damit Platz eins in dieser Statistik, knapp vor Charlie Sheen. Aber hey, kennen Sie den schon: Der Magath holt jetzt auch den Charisteas! Ist das nicht der, der König Otto einst zum EM-Titel köpfelte? Und gibt's davon noch Höhlenmalereien?

6. Und das Wichtigste - gegenseitiger Respekt: Diskutieren sei ja schön und gut, fand Arjen Robben am Samstag gegenüber Thomas Müller, aber dieses ständige Gefuchtel mit den Armen und die abfälligen Gesten seines jüngeren Kollegen: Nee, das ginge ihm dann doch zu weit, das zeuge nicht gerade von Respekt! Ob Herr Müller sich wohl respektiert gefühlt hat, als er deshalb dann eins in Fresse kriegte? Von einem Typen mit Glatze und verschmierten langen Unterhosen? SPOX meint: Eher unwahrscheinlich.

7. Um die Ecke gedacht: Kennen Sie die "Werder-Ecke"? Funktioniert so: Eckball Bremen, Konter Gegner, 1:0 Gegner. Eine schöne Tradition an der Weser, aber nur sehr wenig hilfreich im akuten Abstiegskampf. Darum ließ Werder-Trainer Thomas Schaaf nun offensichtlich verschiedene Varianten einstudieren, um die Ecken regelkonform in einen Einwurf zu verwandeln.

Das klappte gegen die Bayern die ersten drei, vier Mal auch schon ganz ordentlich: Kurz ausgeführt auf Frings, der schießt Robben an, Ball im Seitenaus, Situation bereinigt.

Als dann aber ein Pasanen-Einwurf doch wieder fast zum Gegentor führte, ging Bremen endgültig auf Nummer sicher und spielte Plan B aus: Kurz ausgeführt auf Frings, der zurück auf Marin, der steht natürlich im Abseits, Freistoß für die Bayern. Und Gefahr gebannt!

8. Apropos Bremen: Aber mal im Ernst, Bayern-Abwehr: Prödl legt vor, Mertesacker trifft? Das klappt ja sonst nicht mal auf der Playstation! Und dennoch - hübsch gemacht war's schon vom Mertesacker. Wie er sich erst leicht nach links dreht, dann seelenruhig den Putter  ausrichtet, die Breaks im Grün berechnet und schließlich sauber in die lange Ecke einlocht. Das hatte schon beinah was von Thierry Henry. Leider kehrten er und sein Kollege weniger später wieder schnell zum aktuellen Kerngeschäft zurück: Luftloch Prödl, Eigentor Mertesacker. Der Fußballgott ist manchmal schon ein Arschgesicht.

9. So süß! Die Werder-Fans blieben übrigens ganz grundsympathisch und so süß wie eh. Folgendes hängten sie den Spielern nach verlorener Partie an deren Autos: Klick.

10. Glückwunsch: Wir gratulieren herzlich Borussia Dortmund! Nicht zur Meisterschaft, denn das gäbe nur Ärger mit Kloppo und wir müssten ins Feuilleton wechseln. Sondern: Zum hässlichsten Anstoß in der Geschichte der Fußball-Bundesliga!

Götze tippt den Ball an, Barrios dreht sich etwas unbeholfen und will dann lässig zurück in die eigene Hälfte spielen. Der Pass ist aber viel zu kurz, Diego sprintet dazwischen - und nach 1,4 Sekunden ist Wolfsburg schon im Ballbesitz. Gegen den VfL hat's für die Dortmunder natürlich trotzdem noch gereicht. Trotzdem: Kaum zu glauben, dass die jetzt Meister werden!

11. Zwei Dinge noch in eigener Sache: Erstens: Wir fordern lebenslange Anleinpflicht für Tim Wiese in öffentlichen Grünanlagen. Und das nicht zum ersten Mal! Und zweitens: Wer fiese Sprüche über das Kind an Rauls Seite macht, wird sofort gelöscht!

Der 20. Spieltag im Überblick

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