Rudy: "Rastas würde ich mir nicht mehr machen"

Von Interview: Daniel Börlein
Sebastian Rudy (l.) wechselte wie Andreas Beck aus Stuttgart nach Hoffenheim
© Imago

Nahezu unbemerkt hat sich 1899 Hoffenheim auf Platz drei gespielt. Maßgeblich daran beteiligt ist Sebastian Rudy, der sich nach seinem Wechsel vom VfB Stuttgart in kürzester Zeit einen Stammplatz im Team von Trainer Ralf Rangnick erkämpft hat. Im Interview spricht der 20-Jährige über die Gründe für seinen Wechsel nach Hoffenheim, seine Lieblingsposition, eine Jugendsünde und sein ruhiges Auftreten.

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SPOX: Herr Rudy, Fredi Bobic sagte nach Ihrem Wechsel: "Wenn Rudy in Hoffenheim explodiert, sind wir die Deppen." Werden Sie den VfB zum Deppen machen?

Sebastian Rudy: (lacht) Na, das hoffe ich doch.

SPOX: In Stuttgart bescheinigt einem jeder, dass Sie herausragende Fähigkeiten besitzen. Wie erklären Sie sich selbst, dass es beim VfB trotzdem nicht zum ganz großen Durchbruch gereicht hat?

Rudy: Naja, ganz so negativ würde ich es nicht ausdrücken. Ich war unter Markus Babbel auf einem richtig guten Weg, habe sieben Spiele am Stück von Beginn an absolviert. Dann kam der Wechsel zu Christian Gross und ich saß auf der Bank und wurde nur noch sporadisch und nicht auf meiner Idealposition im Zentrum eingesetzt.

SPOX: Sie kamen mit 13 Jahren zum VfB, haben dort im Internat gewohnt und alle Jugendmannschaften durchlaufen. Wie emotional war der Abschied aus Stuttgart?

Rudy: Die Entscheidung habe ich mir wahrlich nicht leicht gemacht. Ich habe in den sieben Jahren viele Freundschaften geknüpft und dem VfB einiges zu verdanken. Irgendwann kommt man jedoch an einen Punkt, an dem man sich entscheiden muss, ob es für die eigene Entwicklung nicht besser wäre, eine neue Herausforderung bei einem anderen Verein zu suchen. Zu diesem Schritt habe ich mich letztlich entschlossen.

SPOX: Beck, Weis, Jaissle - Sie sind nicht der erste VfB-Spieler, der aus Stuttgart nach Hoffenheim wechselt. Warum schlagen auffallend viele Spieler diesen Weg ein?

Rudy: Ich habe in Hoffenheim die Chance gesehen, regelmäßig in der Bundesliga zu spielen und dadurch in meiner Karriere den nächsten Schritt zu machen. Aber ich kann nur für mich sprechen, welche Gründe meine Teamkollegen hatten, kann ich nicht beurteilen.

SPOX: Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen dem VfB und 1899?

Rudy: Die Vereine sind sich schon ähnlich. Es gibt professionelle Strukturen und eine sehr gute Jugendarbeit. Wobei wir hier in Hoffenheim noch bessere Trainingsbedingungen haben aufgrund des neuen Trainingszentrums.

SPOX: Hoffenheim startete mit drei Siegen in die Saison, hatte dann eine kleine Schwächephase und scheint nun in Schwung gekommen. Richtig einordnen kann man die Mannschaft bislang aber noch nicht.

Rudy: Aus meiner Sicht kann man ganz klar von einem gelungenen Start sprechen. In einigen Spielen wäre sicherlich mehr drin gewesen, wie zuletzt in Dortmund oder zuvor gegen Bayern München, doch insgesamt sind wir auf einem guten Weg, haben schon ordentlich Punkte eingefahren und stehen zudem im DFB-Pokal-Achtelfinale.

SPOX: Nach Ihrem Wechsel aus Stuttgart und ein paar Spielen als Reservist standen Sie zuletzt mehrmals in der Startelf. Hätten Sie gedacht, dass Sie so schnell den Sprung in die erste Elf schaffen?

Rudy: Gehofft habe ich es natürlich schon, aber dass es so schnell gehen würde, konnte man nicht vorhersehen. Ich muss jetzt weiter konstant meine Leistung abrufen, damit dies auch in den nächsten Spielen so bleibt.

SPOX: In Hoffenheim sind Sie fürs Mittelfeld vorgesehen, haben nun aber auch schon wie in der Jugend als Innenverteidiger gespielt, Ihr ehemaliger DFB-Trainer Heiko Herrlich bezeichnet Sie als perfekten Sechser. Wo sehen Sie sich?

Rudy: Eine meiner Stärken ist sicherlich meine Vielseitigkeit. Im DFB-Pokal gegen Ingolstadt habe ich in der ersten Hälfte in der Innenverteidigung gespielt, danach auf der Sechserposition, auf der ich mich persönlich auch am Wohlsten fühle. Dennoch steht für mich weniger die Position im Vordergrund, als vielmehr die Tatsache, dass ich der Mannschaft auf dem Platz helfen kann.

SPOX: Abseits des Platzes gelten Sie als ruhiger Typ. Trainer, die mit Ihnen zusammengearbeitet haben, sagen, Sie seien manchmal fast zu ruhig. Arbeiten Sie an sich, damit sich daran etwas ändert?

Rudy: Ich bin kein Typ, der ständig den Mund aufmachen und mit Worten auf sich aufmerksam machen muss. Aber wenn ich was zu sagen habe, dann spreche ich das auch an. So ist das auch auf dem Platz. Aber es ist schon richtig, dass ich in erster Linie durch gute Leistungen auffallen möchte.

SPOX: Bernhard Peters vertritt in Hoffenheim den Ansatz, dass es leistungsfördernd ist, neben dem Sport eine zweite Identität zu besitzen. Was machen Sie abseits des Fußballs?

Rudy: Ich habe vor rund einem Jahr mein Fachabitur erfolgreich zu Ende gebracht und konzentriere mich jetzt erst einmal auf meine Karriere. Allerdings schaue ich ab und zu meinem Vater bei seiner täglichen Arbeit als Vermögensberater über die Schulter und versuche da einiges mitzunehmen.

SPOX: Sie galten in Ihrer Kindheit auch im Tennis und Eishockey als Talent.

Rudy: Eishockey habe ich als kleines Kind sporadisch gespielt. Mit dem Tennis war das schon etwas anderes, da stand ich bis ich 14 war regelmäßig auf dem Platz. Mittlerweile greife ich zum etwas kleineren Schläger und stehe in meiner Freizeit mit meinen Teamkollegen an der Tischtennisplatte.

SPOX: Vor knapp zwei Jahren hatten Sie mal Rastalocken. Welche "Jugendsünden" gibt's denn sonst noch?

Rudy: Das war die einzige. Das würde ich rückblickend auch nicht mehr machen. Es war zwar eine ganz witzige Aktion, aber ich glaube, dass es nicht so ganz zu mir passte.

SPOX: Sie kommen aus einer fußballbegeisterten Familie. Ihr Bruder spielte in der Jugend selbst mal in Hoffenheim. Warum hat es beim Ihm nicht für Profi-Fußball gereicht?

Rudy: Ich würde es nicht ausschließen, dass er noch den Sprung zum Profi schafft. Er besitzt genug Potenzial, um noch weiter nach oben zu kommen. Mit seinen 21 Jahren hat er ja noch ein wenig Zeit.

SPOX: Ihr Vater stürmte sogar schon mit Jürgen Klinsmann.

Rudy: Ja, das war in der württembergischen Auswahl. Aber viel erzählt hat er davon eigentlich nicht, obwohl sie sich wohl recht gut verstanden haben.

Sebastian Rudy im Steckbrief

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