Ohrfeige! Vorstand nicht entlastet

SID
Wolfgang Overath ist seit Juni 2004 Präsident des 1. FC Köln
© Getty

Abstiegsgefahr, ein riesiger Schuldenberg und miserable Stimmung - doch Wolfgang Overath will nicht davonlaufen und den Karren aus dem Dreck ziehen. Am Ende des Abends gab es aber dann doch noch eine krachende Ohrfeige. Der Vorstand wurde nach Tumulten nicht entlastet.

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Der Präsident des 1. FC Köln zeigte sich auf der hitzigen Jahreshauptversammlung des Tabellenletzten am Mittwochabend kämpferisch, gestand aber auch, in den Tagen nach dem 0:4-Debakel gegen Borussia Mönchengladbach über einen Rückzug nachgedacht zu haben.

"Ich habe mit mir gekämpft. Warum tue ich mir das an, soll ich aufhören? Oder kämpfe ich und trage die Verantwortung? 50 Jahre habe ich den 1. FC Köln im Herzen. Ich habe 2004 mit euch einen Weg eingeschlagen und will ihn mit euch fortsetzen", sagte der 67-Jährige den 3119 anwesenden Mitgliedern im Staatenhaus am Rheinpark.

Die Stimmung war aufgeheizt. Nach dem Abspielen der Vereinshymne skandierten die meisten Besucher "Ihr macht den FC kaputt", "Vorstand raus" oder "Meier raus".

Manager Michael Meier, der das Ganze mit ernster Miene zunächst schweigend auf dem Podium ertrug, wird mitverantwortlich für die Transferpolitik der vergangenen Jahre und die hohen Verbindlichkeiten gemacht, die sich offiziell auf 24,122 Millionen Euro belaufen.

Overath verteidigt Meier

Dies wurde im Geschäftsbericht für das Jahr 2009/2010 bekannt gegeben. Der Präsident sprang Meier energisch zur Seite. "Wir haben alle Fehler gemacht, auch ein Michael Meier. Wir machen uns Gedanken um Michael Meier, aber an einem Tag, an dem alle auf ihn eintreten, werde ich ihn sicher nicht entlassen", sagte der Klubboss zum Thema Meier.

Der Vertrag mit dem 61-Jährigen war 2009 vorzeitig um vier Jahre bis 2013 verlängert worden, was in zahlreichen Zwischenrufen und Wortmeldungen der Mitglieder stark kritisiert wurde. "Michael Meier hat einen Vertrag unterschrieben, als fast alle mit ihm zufrieden waren", sagte Overath.

Michael Meier bezog nach einer Weile Stellung und zeigte sich selbstkritisch. "Ich gebe unumwunden zu, dass es uns in der Architektur der Mannschaft nicht gelungen ist, auf den Außenverteidigerpositionen die Verstärkungen zu holen, die wir holen wollten", sagte der Betriebswirt.

Viel Applaus für Schaefer

Die Mannschaft um Lukas Podolski sowie Trainer Frank Schaefer verfolgten das hitzige Geschehen etwa 90 Minuten lang mit betretenen Mienen.

Die Spieler erhielten vom Auditorium Applaus bei jeder Gelegenheit, besonders aber auch Schaefer. Die Fans wollten ein Bekenntnis zum Nachfolger des entlassenen Zvonimir Soldo. "Ich habe bereits vorher gesagt: Wir wollen mit ihm weiterarbeiten, egal was passiert. Diese Aussage steht", sagte Overath.

Einen konkreten Weg aus der Krise zeigte der Boss nicht auf. Ein Zehn-Punkte-Plan, den er vorstellte, sieht unter anderem die "finanzielle Konsolidierung" oder die glaubwürdige Einhaltung der vor der Saison eingeführten "Leitkultur" vor.

Außerdem wolle man "jeden Stein umdrehen". Überzeugend wirkte das nicht. Stattdessen mussten sich die Verantwortlichen bohrenden Fragen stellen.

Meier kleinlaut

Zum ausgemusterten Torhüter Faryd Mondragon, der mit Alleingängen für Wirbel sorgte, oder zur Zukunft: "Welches Rezept haben sie, damit wir aus dieser beschissenen Lage herauskommen?", fragte ein aufgebrachter Fan.

Man wollte laut Meier ursprünglich mit dem "Konzept der Jugend", das Spieler wie zum Beispiel Taner Yalcin einschließt, zum Erfolg kommen. "Den letzten Tabellenplatz kann man aber nicht schönreden", sagte Meier kleinlaut.

Präsident Overath verfolgte die Ausführungen phasenweise mit einem Schmunzeln. Notorischen Zwischenrufern empfahl er, die Stimme zu schonen. In seiner Rede beschwor er die Fans, Geschlossenheit zu zeigen.

"Meine Freunde, wisst ihr, warum ich kämpfe?", fragte Overath: "Weil ich euer Vertrauen zurückgewinnen will. Das, was wir bislang abgeliefert haben, war schlecht. Deswegen kann ich die meisten von euch verstehen."

Vorstand nicht entlastet

Die hitzig verlaufene Jahreshauptversammlung endete für den Vorstand dann aber noch in einem Debakel. Mit 1317:520 Stimmen bei 104 Enthaltungen verweigerten die Mitglieder dem Gremium die Entlastung.

Dies hat zwar keine direkten Konseqenzen für die Führungsetage des FC, doch bedeutet das Misstrauensvotum einen schweren Rückschlag.

"Der Vorstand des 1. FC Köln um Präsident Wolfgang Overath genießt weiter das volle Vertrauen des Verwaltungsrates", hatte der Verwaltungsratsvorsitzende Rolf-Martin Schmitz vor der Abstimmung gesagt. Der Appell blieb ungehört.

Die Jahreshauptversammlung zum Nachlesen im Ticker

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