Reus: "Wir haben aus den Klatschen gelernt"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Marco Reus erzielte in der laufenden Saison ein Tor und bereitete zwei Treffer vor
© Imago

Marco Reus war der Shooting-Star bei Borussia Mönchengladbach in der vergangenen Saison. Bereits zweimal wurde der 21-Jährige von Bundestrainer Joachim Löw für die DFB-Auswahl nominiert. Im SPOX-Interview spricht Reus über die wechselhafte Saison der Borussia, den nächsten Gegner Wolfsburg, Neuzugang Mo Idrissou. Außerdem erklärt er, wie verblüffend einfach es Nachwuchsspieler in Gladbach haben.

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SPOX: Herr Reus, wie wichtig war der Punktgewinn auf Schalke und war das schon wieder die alte Borussia?

Marco Reus: Das war immens wichtig für das Selbstvertrauen. Wir haben es innerhalb von einer Woche geschafft, wieder so aufzutreten, wie wir uns das vorstellen. Wir waren nahe dran an den drei Punkten und ich bin mir sicher, dass wir ohne die Rote Karte den Platz als Sieger verlassen hätten. Gegner wie Schalke liegen uns einfach.

SPOX: Der Platzverweis für Roel Brouwers war sicher berechtigt. Wie beurteilen Sie die Sperre von vier Spielen?

Reus: Das Urteil ist meiner Meinung nach überzogen. Wenn man sieht, dass andere Spieler für einen Ellbogenschlag nur drei Spiele bekommen, stimmt das Verhältnis irgendwie nicht.

SPOX: Was ist nach dem grandiosen Spiel in Leverkusen passiert?

Reus: Das kann ich auch nicht sagen. Offenbar hat uns die Länderspielpause danach nicht gut getan. Nichtsdestotrotz darf es uns nicht passieren, dass wir zweimal so eine derbe Klatsche bekommen. Wir haben als Mannschaft daraus gelernt und gehen gestärkt aus diesem Erlebnis hervor.

SPOX: Sie sagten, Teams wie Schalke liegen Ihnen. Gilt das auch für Ihren nächsten Gegner aus Wolfsburg?

Reus: Ja, das wird aber nicht nur gegen Wolfsburg so sein, sondern auch in den weiteren Spielen gegen Hoffenheim und Bremen. Denn in diesen Spielen müssen wir das Spiel nicht machen und können auf unsere Konterstärke setzen. Ich denke, dass wir in diesen Spielen gute Chancen haben, unsere Stärken durchzusetzen, auch wenn das sicher keine Selbstläufer werden.

SPOX: Dzeko und Grafite sind wieder in aller Munde, hinzu kommt noch Diego...

Reus: ...klar, die haben jetzt ein paar Spiele gewonnen und treffen wieder, trotzdem denke ich, dass in der Bundesliga mittlerweile jeder jeden schlagen kann. Wir werden uns den Gegner im Vorfeld genau anschauen und nach Schwachpunkten suchen. Mal schauen, wo bei Wolfsburg die Löcher sind, die uns dann unsere Chancen ermöglichen.

SPOX: Nach sechs Spieltagen steht die Liga quasi Kopf...

Reus: ...ja absolut. Es ist nicht mehr so, dass Bayern vorne wegmarschiert. Die Liga ist sehr ausgeglichen und niemand ist hoffnungslos unterlegen. Mal sehen, wie lange die sich da oben halten, aber momentan macht es Mainz richtig gut. Hut ab vor der Leistung.

SPOX: Zurück zur Borussia: Ihr Verein wirkte vor der Saison so gefestigt, dass Ihrem Trainer Michael Frontzeck der sicherste Stuhl der Liga prognostiziert wurde. Wie geht man mit solchen Aussagen um?

Reus: (lacht) Das ist doch schön. Auch für die Mannschaft ist das ein Kompliment. Dennoch nehmen weder der Trainer noch wir als Mannschaft solche Äußerungen zu ernst. Wir arbeiten weiter hart und versuchen unser Spiel zu verbessern - und zwar mit dem Trainer gemeinsam.

SPOX: Sie betonen das "mit dem Trainer" nachdrücklich. Würden Sie bei Trainer und Mannschaft von einer zusammengeschweißten Einheit sprechen?

Reus: Ja klar, das auf jeden Fall. Und zwar nicht erst seit diesem Jahr. Das war auch in der letzten Saison schon so, als wir zu Beginn ähnliche Negativerlebnisse hatten. Zu dem Zeitpunkt sind wir alle sehr eng zusammengerückt und das hat uns geprägt. Der Trainer hat uns immer wieder Mut zugesprochen und uns so wieder das nötige Selbstvertrauen gegeben. Er weiß genau, was er will. Deshalb verstehen wir ihn und trainieren sehr gut. Das hat man in Ansätzen gegen St. Pauli, besonders aber gegen Schalke gesehen.

SPOX: Woran muss das Team jetzt arbeiten?

Reus: Wir sind auf einem guten Weg, gearbeitet werden muss aber noch überall. Trotzdem haben wir schon letzte Saison gut kombiniert, das müssen wir aber noch weiter verfeinern und verbessern. Wir haben Spieler dazubekommen, die uns dabei gut weiterhelfen können, wenn sie wieder fit sind. Besonders im Offensivbereich ist unsere Qualität mit Mo Idrissou und Igor De Camargo noch mal enorm angestiegen. Inzwischen ist fast jede Position doppelt besetzt und es herrscht ein hoher Konkurrenzkampf und jeder muss sich beweisen. Das bringt die Truppe nach vorne. Aber das braucht Zeit und wir sind auch nicht die neue Fohlenelf.

SPOX: Das werden Sie wohl öfter gefragt...

Reus: ...ja. Nach dem Spiel gegen Leverkusen wurden wir auch so betitelt und haben dann zwei Abreibungen bekommen. Von daher wollen wir mal auf dem Teppich bleiben und versuchen, unser Spiel zu spielen.

SPOX: Mo Idrissou gilt als schwieriger und exzentrischer Charakter. Wie haben Sie ihn bislang kennengelernt?

Reus: (lacht) Nein, er ist ein ganz normaler, lockerer und feiner Kerl, mit dem wir alle viel Spaß haben.

SPOX: Sie sind mittlerweile über ein Jahr bei der Borussia. Wie erleben Sie das Flair um diesen Traditions- und Kultverein?

Reus: Das ist hier sehr familiär, alle arbeiten eng zusammen, stehen in engem Kontakt. Es macht schon Spaß, hier zu sein, zum Training zu kommen, wenn man immer viele lachende Gesichter sieht. Dann fällt es auch leicht, hart an sich selber zu arbeiten.

SPOX: Das bekommen sicher auch die Nachwuchsspieler mit. Wie führt der Verein die Jungs an die erste Mannschaft heran?

Reus: Das ist so simpel, dass man es als Außenstehender vielleicht nicht glauben mag. Es geht in den meisten Fällen sehr schnell. Der Trainer versucht alle gleich zu behandeln und jedem Spieler seine Chance zu geben. Bei uns Spielern ist es so, dass wir immer versuchen, Neulinge zu pushen und zu helfen. Das war bei mir nach meinem Wechsel zur Borussia so und wir führen das jetzt fort.

SPOX: Wenn Sie Ihre eigene Entwicklung einmal Revue passieren lassen, wird Ihnen dann ab und an selber schwindelig?

Reus: Es ging natürlich schon sehr schnell. So ist Fußball eben, genauso schnell kann es wieder bergab gehen. Von daher versuche ich diese Zeit einfach zu genießen und meine Leistungen weiterhin abzurufen.

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