Benaglio: "Brauchen uns nicht zu entschuldigen"

Von Interview: Benny Semmler
Diego Benaglio kommt für den VfL Wolfsburg bereits auf 100 Spiele
© Getty

Dass der VfL Wolfsburg wieder auf dem Weg nach oben ist, liegt nicht zuletzt auch an Diego Benaglio, der vor allem beim Derbysieg in Hamburg eine überragende Vorstellung bot. Im SPOX-Interview spricht der Schweizer Nationaltorhüter über ein Rendevouz mit Ruud van Nistelrooy, die Eigenheiten von Edin Dzeko und Diego und den Humor seines Trainers Steve McClaren.

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SPOX: Herr Benaglio, beim 3:1 in Hamburg versuchte es Ruud van Nistelrooy mit einem Lupfer aus 40 Metern. Nach der Szene haben Sie breit gegrinst. Was war denn so lustig?

Diego Benaglio: Mir blieb ja nichts anderes übrig. Der van Nistelrooy ist einfach richtig gut und hat nicht umsonst bei Manchester United und Real Madrid gespielt. Und ich war in dem Moment nur froh, dass der Ball dann doch nicht ins Tor geflogen war.

SPOX: Wenn man wie Sie eine Art Libero spielt, sind derartige Versuche aus der Distanz wohl an der Tagesordnung.

Benaglio: Ja klar. Ich interpretiere die Torwartrolle sehr offensiv und stehe meistens hoch. Aber in jedem Spiel probieren es die Stürmer nicht bei mir - wir spielen ja auch nicht jeden Tag gegen einen van Nistelrooy.

SPOX: Der HSV hatte 19 Torchancen - darunter etliche sehr gute. Sie konnten sich mehrfach auszeichnen. Sind solche Auswärtsspiele ein Genuss für Sie?

Benaglio: Natürlich. Wenn man ordentlich unter Druck steht und dann trotzdem gewinnt, ist das sensationell. Wir hatten in ein, zwei Szenen auch mächtig Glück. Aber unsere Stürmer haben nun mal getroffen. Dafür brauchen wir uns nicht zu entschuldigen.

SPOX: Mit zwei Siegen in Serie scheint Wolfsburg nun doch ins Rollen zu kommen.

Benaglio: Diese Erfolge waren bitter nötig. Vor allem weil die drei verlorenen Punkte gegen Mainz fürchterlich unnötig waren. Schaffen wir gegen Freiburg einen weiteren Sieg, schaut das Ganze schon wieder besser aus.

SPOX: Sie sind jetzt in der vierten Saison beim VfL. Mit welchen Zielen sind Sie überhaupt in die Saison gegangen?

Benaglio: Für mich gilt dasselbe wie für die Mannschaft. Wir wollen ins internationale Geschäft und nicht mehr wie dieses Jahr auf der Couch sitzen. Das ist mein Antrieb und diesem Ziel ordnen wir in Wolfsburg alles unter.

SPOX: Sie gehören zu den anerkanntesten Torhütern in der Bundesliga und waren auch schon bei den Bayern im Gespräch. Warten Sie auf Angebote von europäischen Topklubs?

Benaglio: Erstmal macht es mich stolz, dass meine Leistungen anerkannt werden. Es zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber ich fühle mich in Wolfsburg sehr wohl und kann mich hier exzellent entwickeln.

SPOX: Wolfsburg hat vor der Saison 39 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Im Umfeld wird viel erwartet. Nach dem Saisonstart mit drei Niederlagen gab es heftige Kritik und den Vorwurf der Charakterlosigkeit. Stört Sie das?

Benaglio: Ich kann das nicht ändern. So ist das Geschäft. Nur glaube ich auch, dass wir in den letzten zwei Spielen gezeigt haben, dass diese Mannschaft Charakter hat. Immerhin: Die Situation nach drei Niederlagen war nicht einfach, der Druck wurde immer größer - dann haben wir uns zusammengesetzt.

SPOX: Mit welchem Ergebnis?

Benaglio: Wir haben über die Situation gesprochen. Sehr offen und ehrlich. Was lief schief in den ersten drei Spielen, was müssen wir sofort abstellen? Uns war ja klar, dass es so nicht weitergehen kann. Und gegen Hannover waren wir ein anderes Team.

SPOX: Inwieweit hat sich Diego schon akklimatisiert?

Benaglio: Es gibt rein gar nichts zu kritisieren. Er hat sich ideal ins Team eingebracht und ist ein super Spieler. Wir sind alle sehr froh, dass wir ihn haben.

SPOX: Seit geraumer Zeit gilt der klassische Spielmacher als Auslaufmodell. Trotzdem: Wohl nahezu alle Bundesligisten würden Diego mit Kusshand nehmen.

Benaglio: Absolut. Spieler wie Diego, die auf hohem Niveau den Unterschied machen, sind für jede Mannschaft Gold wert. Diego kann auch bei hohem Tempo präzise Bälle in die Spitze spielen. Dort warten mit Dzeko und Grafite zwei exzellente Empfänger.

SPOX: Edin Dzeko überraschte unter der Woche mit der Aussage, dass kein Spieler 40 Millionen Euro wert sei und kritisierte damit seine eigene festgeschriebene Ablösesumme. Das klingt aber sehr romantisch...

Benaglio: Edin ist ein absoluter Topstürmer und sehr viel Geld wert ist. Ich bin froh, dass ich den Preis für ihn nicht aushandeln muss. Und klar ist auch, alle Wolfsburger sind happy, dass Edin noch einmal ein Jahr bei uns geblieben ist. Nachdem sein Wechsel nicht zustande kam, hat er sich super verhalten und sofort wieder Verantwortung übernommen. Er ist unser Kapitän - das zeigt seinen Stellenwert in der Mannschaft.

SPOX: Wolfsburgs Trainer Steve McClaren ist neu in der Bundesliga. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Benaglio: Wir arbeiten ja noch nicht so lange zusammen - aber der erste Eindruck ist hervorragend. Seine Ansprachen sind klasse, er kommt gut rüber und aufgrund seines sauberen Englisch ist die Kommunikation kein Problem. Und er hat richtig viel Erfahrung - das kommt uns natürlich extrem zugute.

SPOX: Hat der Trainer den typischen britischen Humor?

Benaglio: Wir lachen viel. Er über uns und wir über ihn. In ihm steckt jede Menge britischer Humor.

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