Franz, du bist ein Super-Gag!

Von Max-Jacob Ost
"Was ist der Unterschied zwischen mir und einer Glühbirne? Ich leuchte schon seit 65 Jahren."
© Getty

Mit der Queen wäre das nicht passiert. Der letzte deutsche Kaiser hat Geburtstag und seine Untertanen wissen vor lauter Demokratie gar nicht mehr, wie man das richtig feiert. Lahm dahergesungene Ständchen und unpersönliche Geschenke. Pfui!

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Jubiläen wohin man schaut: Franz hat Geburtstag, Töppi zerredet das 1440. Spiel und die Alternative Liste macht den 1500. Klischeewitz über die Durchblutung von Frank Rost. Feiert mit!

1. Urlaub in Hannover: Zugegeben, die Auswärtsfahrt nach Hannover zur Mottotour "Malle" zu machen, war von den Leverkusen-Fans schon so nachvollziehbar wie das Saisonfinale von "LOST". Aber mal unter uns, liebe Hannoveraner: Auf dieses Motto dann mit dem Spruchband zu reagieren: "Wir wohnen dort, wo ihr Urlaub macht" - ist jetzt auch eher unglücklich, oder? Denn da kann man sich ja wohl auch gleich an einer Bushaltestelle platzieren und stolz das Schild hochhalten "Ich stehe da, wo ihr erst hinfahren müsst." Und damit möchte ich Hannover jetzt nicht als Bushaltestelle der Bundesrepublik bezeichnen. Obwohl... doch, genau das will ich.

2. Wohnen mit Tim Wiese: Fünfmeterräume sind der Beckenrand des deutschen Fußballs. Springen, rennen, lachen, feuchte Fuzzis - alles verboten. Kein Vergehen, das von den Bademeistern in Schwarz nicht sofort mit grellen Pfiffen geahndet würde. Oder um es mit Gladbachs Trainer Frontzeck zum nicht gegebenen Ausgleich gegen Frankfurt zu sagen: "Letztendlich können wir den Fünfmeterraum dann ganz für die Torhüter freilassen." Und das kann ja wohl auch nicht im Sinne von DFL und DFB sein. Denn wer will schon sehen, wie sich Tim Wiese mit Tigerfellteppich, Velours-Tapeten, dem Bräunungsmaster3000 und einem Spiegelkabinett im Fünfer häuslich einrichtet? Um's mit Helen Lovejoy zu sagen: Denkt hier nur einer auch nur eine Sekunde lang mal an die Kinder?

3. Franz, der I.: Apropos Kinder. Franz hatte Geburtstag. Nicht irgendein Franz. Der Franz. Die einzige Lichtgestalt Europas, die nicht der EU-Glühbirnenverordnung unterliegt. Und das wurde gefeiert. Aber so richtig! "69.000 wollen dem Kaiser sein Geburtstagsständchen singen", hieß es noch auf der Homepage des FCB. Neunundsechzigtausend? Pustekuchen! Ein ödes "Happy Birthday" von gefühlten 300 Mann, ein Blumenstrauß, das unvermeidliche "Gute Freunde" und eine Diashow - mehr gab es nicht für den Kaiser. Irgendwie lieblos. Selbst die eigenen Fans skandierten munter weiter, als sie eigentlich das Ständchen singen sollten. Wobei sie vermutlich nur für ein wirkliches Highlight sorgen wollten. Denn während man im Hintergrund vom Franz den Kalle von der Vogelweide nervös von einem Versfuß auf den anderen treten sah, hörten sich die Rufe aus der Süd fast an wie "Ein Gedicht! Ein Gedicht! Ein Gedicht!".

4. Franz, der II.: Was dem ruhmreichen Roten Riesen nicht gelang, sollte auch SKY nicht vergönnt bleiben. Lange habe man überlegt, was man Franz Beckenbauer schenken könne, berichtete Moderator Hellmann in der Halbzeitpause. Und überreichte dem Kaiser anschließend stolz ein unverpacktes iPad. "Sie sind ja so ein Technikfreak!" Der Franz schaute. Wunderte sich. Lächelte. Kaiserte ("Das muss mir dann mein Sohn erklären, wie das funktioniert").Bedankte sich. Verschwand. Und freute sich so sehr über das Geschenk, dass er es einfach auf dem Moderatorentisch liegen ließ.

Der alte Technikfreak! Hat sich das Grübeln bei SKY ja gelohnt. Wobei das vielleicht aber auch nur eine Retourkutsche mit Beckenbauerscher Eleganz war. Denn kurz vorher bezeichnete Hellmann den Franz als "größten anzunehmenden Glücksfall" für den deutschen Fußball. Und einen GAG muss sich der Geburtstagskaiser nun wirklich nicht nennen lassen.

5. Töppi, die Waage: Wo wir gerade bei Gags, ich meine Jubiläen sind. Auch ZDF-Mann Töpperwien durfte sich feiern lassen. Denn das 2:2 in Hannover war das 1440. Spiel für ihn als Berichterstatter. Und für was ist der Rolf bekannt? Genau. Dafür, dass er noch beim Torschuss die Verwandtschaftsgrade des Schützen bis zur Cousine dritten Grades aufzählt. Eindrucksvolle Kostprobe: Das Interview mit Michael Ballack nach dem Spiel. Im Hintergrund der Bayer-Mannschaftsbus (vermutlich auf dem Weg nach Ibiza), im Vordergrund ein spröder Capitano und ein ankumpelnder Töpperwien.

"Letzte Frage, wir kennen uns ja schon lange, haben beide am 26.September Geburtstag und sind Waagen...", beginnt Töpperwien und man denkt sich: Jetzt kommt sie, die eine Frage, an der Michael Ballacks Phrasenschweinrhetorik zerschellt! Doch was folgt? "...wenn man die Zeit von April bis jetzt mal Revue passieren lässt - so etwas hätte man sich auch nicht vorstellen können, oder?" Das ist halt das Talent von Töpperwien. Stellt eine geschlossene Frage, aber wenigstens weiß man, dass Ballack und er Sternzeichen Waage sind, wenn der Mensch hinter der K-Frage nur "ja" antwortet. Im Übrigen folgten fünf weitere Fragen. Wirst uns fehlen, Töppi!

6. Aktenzeichen DH, ungelöst: Tatort: Dortmund. Tathergang: Diego kickt Kehl humorlos in die Beine. Der Ball: weiter entfernt als Wolfsburg von der Tabellenspitze. Der Kommentar von Dieter Hoeneß: "Jeder, der den Sebastian Kehl kennt, weiß, dass er gerne provoziert und übertreibt. Diego versucht, den Ball zu spielen und ist am Schluss zu spät dran." Die Meinung der AL: Im Vergleich zu Sebastian Kehl ist Bambi ein tollwütiger Zombie und wenn Diego "spät dran" war, ist die Deutsche Bahn an Pünktlichkeit nicht zu überbieten. Aber gut, man kennt ja den Dieter und weiß, dass er gerne provoziert und übertreibt.

7. Ab ins Tumummel: Bei Frank Rost möchte man Halsschlagader sein. Immer auf Achse, immer aufgeplustert, immer alleine auf der Straßenseite. Nach dem Unentschieden gegen Nürnberg stand das Genervt-o-Meter von Rost auf der höchsten Stufe: Durchmesser des Europatunnels. "Er springt im richtigen Moment ab. Meine Hände sind am Boden - wegnehmen oder abschneiden kann ich sie nicht." Sagte er zum Elfmeter mit dem Mund und meinte gleichzeitig mit den Augen "Muss ich das nächste Mal halt die Beine vom Schieber abschneiden, das kann ich!" Die Botschaft kam an. Vom Field-Reporter mit der Aussage konfrontiert, stammelte Nürnbergs Angreifer ins Mikrofon: "Ja, es war ein Tumu...Tumummel im Strafraum, auf einmal rutscht der Ball durch, ich stehe alleine vor Frank Rost und er erwischt mich. Er hat mich berührt." Nein, lieber Julian, er hat dich nicht berührt. Er hat dich verschont.

8. Supernanny Armin: Abseits vom Tumummel verfolgte Mladen Petric die Partie. Nach eigener Aussage fit, nach ärztlicher Aussage nicht so ganz, in der Hierarchie von Armin Veh inzwischen vermutlich hinter dem Kaffeeautomat in der Kantine. Petric stand nicht einmal im Kader. Was anderswo dazu führt, dass sich die Spieler im VIP-Bereich mit Lachsröllchen auf Tafelspitzrissotto über die verpasste Bolzerei hinweg trösten, ist beim HSV noch eine richtige Strafe. Denn wo mussten Mladen und die wirklichen Rekonvaleszenten hin? Auf eine Eisentreppe direkt am Spielfeldrand. Womit geklärt wäre, wo Trainer Veh sich seine pädagogische Inspiration holt. Denn die stille Treppe kennt man ja wohl irgendwoher. Freuen wir uns also demnächst auf Frank Rost in der Wuthöhle.

9. Drama, Baby: Eindeutig die Mariah Carey der Liga: Mainz 05. Selbst ein Gang aufs Finanzamt wird mit der Truppe vermutlich zum Action-Thriller. Denn normal geht einfach nicht. Den VfB überrannt wie ein Vierzigtonner ein Gänseblümchen, dem VfL nach 0:3 ordentlich die Unterbuchse über den Kopf gezogen und gegen Lautern den Klassiker "Rückstand drehen in drei Minuten" ausgepackt. Das war so mitreißend, dass sich auch FCK-Legende Gerry Ehrmann davon anstecken ließ. Rannte gegen Spielende wutentbrannt auf Trainer Tuchel los. Was in der Zeitlupe so dramatisch aussah, dass man kurzzeitig Angst haben musste, Ehrmann schnappt sich den Mainzer Trainer, klettert aufs Empire State Building und wirft mit Hanteln nach Flugzeugen. Wirkte surreal. Vielleicht dann doch ein bisschen zuviel Drama.

10. Wo die Sonne niemals scheint: Bei Schalke fühlt man sich der eigenen Tradition so sehr verpflichtet, dass man sogar in der Tabelle unter Tage lebt. Was aber kein Grund zur Beunruhigung ist, wie Minenchef-Magath sagt: "Ich kann mich nicht daran erinnern,  dass ich mal mit drei Niederlagen gestartet bin - das ist unbefriedigend. Aber es gibt dafür Erklärungen und deswegen braucht man auch keine Panik machen."

Womit er natürlich Recht hat. Es gibt eine Erklärung für die Niederlagen: Schalke spielt schlecht. So schlecht, dass sie eigentlich in Ed-Hardy-Shirts auflaufen müssten. Vom Potenzial her sollte aber mehr drin sein. Wobei man das von der Hertha ja auch immer gesagt hat. Felix: Bist Du sicher, dass man keine Panik machen muss?

11. Suche nach dem Turnaround: Überhaupt, was ist denn bitte los in der Liga? Mainz, Hannover und Lautern im internationalen Geschäft, Wolfsburg, Schalke und Stuttgart im Leichenkeller der Wir-sind-wieder-wer-Liga. Geht's noch bekloppter? Um mal zu verdeutlichen, wie grotesk das ist: Der VfB hat in Freiburg 1:2 verloren. Nach eigener Führung. Vorlage zum Siegtreffer: Heiko Butscher. Wie hat er die Vorlage gemacht? Mit. Der. Hacke. Hei. Ko. Bu. Tscher. Keine weiteren Fragen. Ihr Zeuge!

Die nächste Ausgabe der Alternativen Liste erscheint am kommenden Montag!

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