Toppmöller: "Da habe ich drei Dinger gemacht"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Am 18.11.1978 erzielte Klaus Toppmöller gegen Klaus Augenthalers FC Bayern drei Treffer
© Getty

Was für ein Auftakt für Lautern: Erst der Sieg in Köln, jetzt das Heimspiel gegen die Bayern! FCK-Legende Toppmöller ist heiß auf die Partie und schwelgt in Erinnerungen. Außerdem erklärt der 59-Jährige den Mythos Betzenberg.

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Vor dem Spiel des 1. FC Kaiserslautern gegen den FC Bayern München (20.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei Sky) sprach der Ex-FCK-Spieler Klaus Toppmöller im SPOX-Interview über seine Tore gegen den FCB, ein legendäres 7:4 und die Chancen der aktuellen Mannschaft.

SPOX: Herr Toppmöller, der FCK ist wieder in der Bundesliga und gleich mit einem Sieg in die Saison gestartet. Wo haben Sie am Wochenende das Spiel gegen Köln verfolgt?

Klaus Toppmöller: Zuhause auf der Couch, ganz in Ruhe.

SPOX: Sie sind nur eine gute Autostunde von Kaiserslautern geboren: Waren sie schon als Kind Anhänger des FCK?

Toppmöller: Natürlich, ich war schon als kleiner Junge ein riesiger Fan von Fritz Walter, den ich später dann persönlich kennengelernt habe. Mit ihm habe ich sogar Geburtstage gefeiert. Die Liebe zum FCK war immer schon da. Sie müssen verstehen: Bei uns in der Ecke war alles FCK. Nach Norden war die Grenze die Eifel, dahinter fing das Kölner Einzugsgebiet an. Aber Hunsrück, Westerwald, zum Teil Taunus: Das alles war FCK-Land.

SPOX: Erklären Sie mir eins: Die Stadt Kaiserslautern hat nur 100.000 Einwohner. Wie schafft es der Klub trotz dieses offensichtlichen Standortnachteils, sich immer wieder zu behaupten?

Toppmöller: Das liegt alles an den Fans, die voller Leidenschaft dahinter stehen. Für viele Spieler ist es auch heute noch etwas Besonderes, für den FCK spielen zu dürfen. Da weiß jeder: Egal, gegen wen wir spielen, die Hütte ist voll. Die Anhänger sind immer da. Ich glaube, in diesem Jahr wird es nicht viele Heimspiele geben, die nicht ausverkauft sind. Mit dem Sieg gegen Köln ist die Euphorie jetzt natürlich riesig. Selbst ich habe Schwierigkeiten, an Karten zu kommen!

SPOX: Was empfinden Sie, wenn - wie im Vorjahr - in einem Zweitliga-Spiel 40.000 Fans ins Fritz-Walter-Stadion strömen?

Toppmöller: Das gibt es eigentlich gar nicht. Eine solche Treue ist einmalig!

SPOX: Wenn in der 2. Liga schon die Hölle los war, was wird dann am Freitag passieren, wenn der FC Bayern kommt?

Toppmöller: Das wird unvorstellbar. Das war schon zu meiner Zeit ein besonderes Spiel. Bayern-Fans gibt es ja überall. Bei uns gab es früher zwei Kneipen: In einer lief Bayern, in der anderen FCK. Die direkten Duelle waren immer Partien, die die ganze Region gepackt haben. Sobald vor der Saison der Spielplan raus kam, wurde sofort gecheckt: Wann kommen die Bayern? Das war jedes Mal der Tag der Saison! Für den Verein war es eins der wenigen Spiele, bei denen er sich dem ganzen Land präsentieren konnte. Die Berichterstattung war früher ja noch nicht wie heute, der FCK hat vor allem regional interessiert. Aber gegen Bayern: Da wollte ganz Deutschland wissen, wie das Spiel lief.

SPOX: Sie selbst haben eigentlich nur positive Erinnerungen an Heimspiele gegen den Rekordmeister.

Toppmöller: Ich glaube, ich habe in meiner ganzen Laufbahn beim FCK kein Heimspiel gegen die Bayern verloren. Doch, einmal schon, aber da war ich verletzt und konnte nicht mitmachen.

SPOX: Und Sie haben mit Vorliebe gegen die Bayern getroffen. Unvergessen ist das 7:4 aus der Saison 1973/74.

Toppmöller: Richtig, da lagen wir vor der Pause 0:3 zurück, haben den Anschluss gemacht und uns vorgenommen, in der zweiten Hälfte noch mal alles zu probieren. In der 57. Minute macht dann Gerd Müller das 1:4 und alle waren sich sicher, dass es das war. Die ersten Fans haben schon da das Stadion verlassen.

SPOX: Ihr Tor nur eine Minute später hat der Partie neues Leben eingehaucht.

Toppmöller: Da ist der Knoten endgültig geplatzt. Plötzlich war jeder Schuss ein Treffer. Sowas ist nicht zu erklären, es ist einfach passiert. Da kamen auch die Fans wieder: Am Ende war das Stadion noch voller als am Anfang.

SPOX: Welche Rolle spielt in solchen Partien die besondere Betzenberg-Atmosphäre?

Toppmöller: Beim 1:4 war natürlich alles Mist, alles sch... Aber wie das beim Fußball so ist: Dann fällt das 2:4, und dann kommen die Fans noch mal richtig auf und die Stimmung ist da. Das pusht ungemein.

SPOX: Viereinhalb Jahre nach diesem Spiel haben sie Bayern 5:0 vom Platz gefegt.

Toppmöller: Ja sicher, da habe ich drei Dinger gemacht!

SPOX: Richtig, mit drei Treffern waren Sie der Matchwinner. Ihr bestes Spiel für den FCK?

Toppmöller: Das kann ich jetzt gar nicht genau sagen. Als Stürmer wird man natürlich an Toren gemessen, das ist klar. Und wenn einem dann drei Stück gegen diese Bayern gelingen... Sie dürfen ja nicht vergessen, das war eine große Mannschaft! Die hatten drei Mal den Europapokal der Landesmeister gewonnen. Die hatte alle Asse dabei: Maier, Schwarzenbeck, Hoeneß, Rummenigge, Müller und wie sie alle hießen.

SPOX: Ist die Vorbereitung auf ein Spiel gegen die Bayern eine andere als auf Spiele gegen andere Teams?

Toppmöller: Sie merken schon ab Montag, was Sache ist! Sie müssen nur zum Bäcker gehen, da gibt es kein anderes Thema mehr. Überall rufen die Fans: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!" Den guten alten Spruch, den bekommt man die ganze Woche zu hören.

FCK: Noch mehr Infos über die Pfälzer im DVAG-TeamBlog

SPOX: Wie schlägt sich so eine Heißblütigkeit der Fans bei den Spielern auf dem Platz nieder?

Toppmöller: Wir waren vor diesen Spielen so dermaßen heiß, alle wollten, dass man es dem großen FC Bayern zeigt. Ich war jedes Mal bis in die Haarspitzen motiviert. Für uns als kleine Dorfmannschaft waren diese Spiele etwas ganz Besonderes. Die Bayern auf der anderen Seite müssen sich wahrscheinlich jede Woche mit so einem Gegner herum schlagen.

SPOX: Mit Leuten wie Hans-Peter Briegel oder Keeper-Legende Ronnie Hellström hatten Sie aber auch kein ganz schlechtes Team. Konnten Sie den Kontakt zu Ihren alten Kollegen über all die Jahre halten?

Toppmöller: Es wird natürlich mit den Jahren immer schwieriger. Während meiner Zeit als Trainer in Georgien ganz besonders. Wir haben früher einmal im Jahr bei Axel Roos gegrillt, der nach mir aktiv war. Peter Briegel war auch dabei. Wenn die Schweden, Hellström und Roland Sandberg da waren, haben wir uns auch getroffen. Aber es ist ja so: In Kaiserslautern hält man nicht mal eben an, um shoppen zu gehen. Da muss man Freundschaften sehr aktiv pflegen.

SPOX: Ist so etwas heute überhaupt noch denkbar, dass Freundschaften zu ehemaligen Teamkollegen über Jahrzehnte bestehen bleiben?

Toppmöller: Bei uns waren natürlich viele Eigengewächse dabei. Wir waren ein verschworener Haufen und standen mit beiden Beinen auf dem Boden. Wir hatten immer eine lockere Stimmung in der Kabine, sind zwischen den Trainingseinheiten gemeinsam Kaffeetrinken gegangen. Das war eine richtig schöne, familiäre Zeit. Heute ist alles internationaler.

SPOX: Unter anderem war Ihr Bruder Heinz eine Saison Ihr Teamkollege.

Toppmöller: Leider hat er sich nicht richtig durchsetzen können. Er hatte einen Amateurvertrag und hat ein paar Spiele bei uns gemacht. Aber irgendwann hat er gegen Gladbach - übrigens auch ein großes Team, mit Netzer und all den Assen -, ein Eigentor gemacht und durfte dann nicht mehr regelmäßig mitspielen. Da hat er gesagt: "Nein, ich will spielen und nicht das ganze Jahr auf der Bank sitzen."

SPOX: Was halten Sie denn von der aktuellen Lauterer Mannschaft?

Toppmöller: Die neuen Jungs kenne ich noch gar nicht so gut. Ich habe das Köln-Spiel gesehen, aber sonst noch nichts. Mit Erik Jendrisek und Sidney Sam sind wichtige Spieler weg, finanziell tut man sich auch noch schwer. Trotzdem sage ich, dass wir mit dem Team die Klasse halten, weil es drei, vier Teams gibt, die nicht besser sind. Die Heimstärke des FCK könnte dann den Ausschlag geben.

SPOX: Wird die Stimmung auf dem Betzenberg nach vier Jahren 2. Liga, in denen die Fans viel durchmachen mussten, in dieser Saison noch mal einen Tick intensiver als sonst?

Toppmöller: Selbstverständlich! Jeder weiß, dass es ums Überleben geht. Wir wollen alle in der Bundesliga bleiben, dafür wird jeder alles geben. Fans und Spieler müssen von Anfang an eine Einheit bilden. Sicher wird es schwächere Spiele geben, nach denen die Zuschauer enttäuscht nach Hause gehen. Aber gerade in diesem Jahr gilt: Wir gewinnen zusammen, und wir verlieren zusammen.

SPOX: Sind Sie am Freitagabend vor Ort?

Toppmöller: Nee, am Wochenende habe ich eine ganz große Familienfeier. Deshalb schaffe ich es leider nicht.

SPOX: Trotzdem möchte ich von Ihnen natürlich wissen, wie das Spiel gegen die Bayern ausgeht.

Toppmöller: Ich kenne das ja aus meiner Zeit mit Leverkusen nach der WM 2002: Die Nationalspieler sind erst spät ins Training eingestiegen, die Vorbereitung der Bayern war nicht ideal, das ist alles noch nicht so eingespielt. Ich kann mir schon vorstellen, dass da was drin ist. Natürlich haben die Bayern die beste Mannschaft, gar keine Frage. Aber ein Punkt wäre eine tolle Sache. Mein Wunschergebnis deshalb: 1:1!

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