Mit Steve im Stüberl

Von Für SPOX in Going: Florian Bogner
Steve McClaren gewann in der letzten Saison die niederländische Meisterschaft mit Twente Enschede
© Imago

In Österreich bereitet sich der VfL Wolfsburg in Ruhe auf die neue Saison vor. Wirklich in Ruhe? Steve McClaren macht zumindest einen relaxten Eindruck. Das Theater um Edin Dzeko kümmert ihn kaum. Er hat andere Sorgen. In welchem System er spielen lassen soll, zum Beispiel.

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"Hi, Steve." Mr. McClaren sieht entspannt aus, als er ins Stüberl kommt. Rotes Shirt, kurze blaue Hose, ein Lächeln auf den Lippen. Die Journalisten begrüßt er alle mit einem Handshake, dann platziert er sich mittig auf der gemütlichen Eckbank.

Questions, please. Seit einer Woche trainiert der VfL Wolfsburg im österreichischen Going. Der urige Stanglwirt, wo auch Wladimir Klitschko seine Kämpfe vorbereitet, ist McClarens Headquarter, das Stüberl rechts hinter der Bar das Pressezentrum.

Wie sein Eindruck von der Mannschaft ist, will ein Kollege als erstes wissen. "It's been sehr gut", antwortet er in einem Mix aus Deutsch und Englisch. "I'm very pleased." So langsam habe man den Eindruck, dass es sich um eine Fußball-Mannschaft handle, meint der Engländer diplomatisch.

"Haben dieselben Probleme wie Bayern"

Wie Bayerns Louis van Gaal musste McClaren zu Saisonstart auf zahlreiche WM-Fahrer verzichten. Tröpfchenweise kommen sie nun an, mit unterschiedlichem Fitnessstand. Die Neuzugänge Cicero, Simon Kjaer und Mario Mandzukic sind seit einer Woche dabei, Peter Pekarik seit ein paar Tagen. Am Montag kommen die Brasilianer Josue und Grafite hinzu, Arne Friedrich erst in der Woche drauf.

Louis van Gaal hat bereits kundgetan, was er von der kurzen Vorbereitungszeit ohne seine Stammelf hält. McClaren tut das auch, aber "off the records", nicht zitierfähig. "Wir haben dieselben Probleme wie Bayern", lautet sein offizielles Statement. "Van Gaal hat seine Mannschaft noch nicht gefunden und wir auch nicht. Es ist keine ideale Vorbereitung, aber es sind ja noch vier Wochen."

Zustimmung von Mr. Ed

Es wird taktisch am Tisch. Wie er denn spielen will, ist die Frage. McClaren klappt seine Magnetkladde auf, schiebt rote Punkte auf einem kleinen Spielfeld umher.

"No photos", sagt er. "It's just for you", nur für die Journalisten als Hintergrundinformation. Er erklärt, dass er derzeit ein 4-2-3-1 im Kopf hat. Das kann sich aber jederzeit ändern. 4-4-2, 4-4-1-1, alles möglich. "Unser System? To win games!", sagt er und lächelt charmant.

Gerade als er erklärt, mit welchem System er mit Twente Enschede in der vergangenen Saison niederländischer Meister wurde, wiehert ein Pferd lautstark zum Fenster rein. "He did like that", sagt McClaren spontan in Richtung des Störenfriedes. Ehrliches Gelächter in der Runde.

Organisation, Organisation, Organisation

Am Samstag wird das Trainingslager mit einem Mini-Turnier in Ingolstadt beendet. Anschließend bekommen die Spieler, die seit Anfang an dabei sind, ein paar Tage frei. "Es geht mehr darum, sich mental zu regenerieren, als körperlich", sagt McClaren.

Sein Vorbereitungsplan ist klar strukturiert. "In erster Linie geht es um Fitness. Es geht aber auch um Organisation der Defensive, Organisation im Spielaufbau, Organisation im Angriff", sagt er und klingt dabei fast ein bisschen wie van Gaal. Außer, dass er Englisch spricht.

Das Training lässt sich gut an, glücklich ist er aber noch lange nicht. "Es wird langsam besser. Aber ich werde erst zufrieden sein, wenn wir eine gute Organisation gefunden haben. Dann bin ich ein bisschen glücklicher."

Feinste Ironie am Tisch

Das Gespräch wird auf den Buhmann der Woche, Edin Dzeko, gelenkt. "Ich habe mich schon gewundert, warum sie solange brauchen, um endlich diese Frage zu stellen"; grinst McClaren. Am Donnerstag sprach die Vereinsführung ein Machtwort, Dzeko und Zvjezdan Misimovic (müssen) bleiben.

Dzeko trainierte daraufhin am Freitag auffallend lustlos, berichten die Kollegen. Wie fanden Sie ihn, Trainer? Offizielle Version: "He was brilliant." Danach gibt es wieder etwas "off the records".

Das Machtwort des Vereins - und damit des Trainers - ist gesprochen, Jeder weiß nun, woran er ist. "Es wurde viel zu viel geredet, in der Öffentlichkeit, überall. Es ist doch so: Die anderen Klubs hatten genügend Zeit, nichts ist passiert. Wir haben unseren Standpunkt jetzt klar und deutlich dargelegt - damit sollten alle Spekulationen erledigt sein", sagt McClaren.

"Immer die Augen offen"

Wer bleibt, ist also klar. Aber wer kommt noch? McClaren hat auch diese Frage erwartet, beantwortet sie sehr allgemein. "Ich habe noch nicht alle Spieler gesehen, manche erst ein paar Tage. Ich habe noch keinen richtigen Eindruck von den Spielern und ihrer Leistungsfähigkeit. Erst wenn alle da sind, kann man sagen, ob es passt", so der 49-Jährige.

Er halte seine Augen aber immer offen, sagt er. "I always do." Der alte Fuchs. Der Sommer wird noch interessant, prognostiziert er zum Schluss. "Wenn es dem Ende der Transferperiode zugeht, wird es meistens manic, verrückt."

Im Fußball kann man eben nie wissen. Aber Mr. McClaren bringt so schnell eh nichts aus der Ruhe. Wenn man mit einer großen Fußball-Nation ein großes Turnier verpasst hat, ist man einiges gewöhnt. McClaren kann da gerne auch mal bei van Gaal nachfragen.

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