"Der VfL entlässt keinen Trainer einfach so"

Von Interview: Christian Bernhard
Bochums Ex-Coach Peter Neururer fühlt und leidet mit dem VfL
© Getty

Peter Neururer kennt den VfL Bochum in- und auswendig. Im SPOX-Interview spricht der 55-Jährige über die Entlassung von Heiko Herrlich, wie es so weit kommen konnte und seine Ambitionen beim VfL.

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SPOX: Herr Neururer, Sie hängen ja bekanntlich sehr am VfL Bochum. Wie haben Sie die letzten Tage und die Entlassung von Heiko Herrlich erlebt?

Peter Neururer: Das zu beurteilen steht mir gar nicht zu. Ich kann nur mein emotionales Befinden wiedergeben. Vor wenigen Wochen hatte der VfL noch neun Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze und hat sich da schon in Sicherheit gewogen. Die Freistellung von Heiko Herrlich muss Gründe im internen Bereich haben und da ich nicht involviert bin, kann ich dazu nichts sagen. Es ist allerdings atypisch für den VfL, dass ein Trainer beurlaubt wird. Der Verein schützt seine Trainer bis zur letzten Möglichkeit. Selbst ein Abstieg ist nicht automatisch Grund dafür, dass man einen Coach beurlaubt - wie ich es ja auch erlebt habe. Der VfL Bochum entlässt keinen Trainer einfach so.

SPOX: Der VfL wartet mittlerweile zehn Spiele auf einen Sieg. Wie konnte es so weit kommen?

Neururer: Da gibt es mehrere Gründe. Einerseits wurden gute Spiele, wie die erste Halbzeit in Wolfsburg, doch noch verloren. Andererseits hat man sich schon zu sehr in Sicherheit gewogen. Und dann kommt man plötzlich in die Situation, dass man mit dem Rücken zur Wand steht. Dann gerät man in eine Spirale, aus der man schlecht wieder rauskommt.

SPOX: Sie haben beim Stuttgart-Spiel von mangelndem Respekt im Team gesprochen.

Neururer: Nein, das habe ich nicht. Ich habe lediglich auf die Frage, wie der VfL das Ruder rumreißen kann, geantwortet, dass er es schaffen wird, wenn er sich auf seine Tugenden besinnt. Dazu gehören der Respekt untereinander. Ich habe aber nicht gesagt, dass der nicht mehr vorhanden sei. Das kann ich ja gar nicht beurteilen.

SPOX: Herrlich hat auf Ihre Aussagen ziemlich dünnhäutig reagiert.

Neururer: Das war eine Reaktion, die vielleicht in Bezug auf meine Person zu erklären war. Obwohl er mich auch hätte anrufen können. Aber in Bezug auf die Mitarbeiter, die loyalsten Menschen, die ich je in einem Verein kennengelernt habe, war das vollkommen unnötig.

SPOX: Herrlich prangerte in der 'SZ' an, dass Spieler in Bochum offenbar die Gelegenheit haben, sich bei Leuten aus der Führungsebene zu beklagen. Sie kennen die Vereinsstruktur - können Sie sich das vorstellen?

Neururer: Nein, überhaupt nicht. Zum einen kenne ich ja noch den Großteil der Mannschaft und wüsste da nicht einen, auf den das zutreffen könnte. Für die, die ich kenne, kann ich meine Hand ins Feuer legen, dass sich niemand über eine dritte Person beschwert. Und außerdem: Beim VfL war es seit Jahren so, dass man jederzeit zum Herrn Altegoer kommen konnte. Aber keiner musste kommen, um sich über die Dinge zu beschweren, das gab es beim VfL nicht.

SPOX: Aufsichtsrats-Boss Werner Altegoer wollte Herrlich 'nichts vorwerfen außer dem Tabellenplatz'. 'Fußballerisch überzeugend' sei er gewesen. Reicht das alleine nicht aus?

Neururer: Es geht auch um die Außendarstellung. Wenn da Defizite aufgetreten sind, dann muss der Verein auch reagieren. Wenn Herr Altegoer diesbezüglich solche Äußerungen macht, dann weiß er mit Sicherheit, wovon er spricht. Da kann die Arbeit auf dem Platz in Ordnung sein, aber vielleicht andere Dinge, wie die Mannschaftsführung, müssen dann wohl nicht so gewesen sein, wie man es von einem Trainer des VfL oder überhaupt von einem Trainer erwartet.

SPOX: Dariusz Wosz wird kommende Saison nicht auf der Trainerbank sitzen. Wer wäre Ihrer Meinung denn der Richtige?

Neururer: Da müssen Sie Herrn Altegoer fragen.

SPOX: Und wie sieht es mit Ihnen aus?

Neururer: Wenn Herr Altegoer meint, dass ich der Richtige wäre, wird er mich mit Sicherheit anrufen.

SPOX: Gab es bereits Kontakt?

Neururer: Seit Herrlichs Entlassung nicht, das wäre ja auch pietätlos. Aber nach seiner Beförderung hat mich Dariusz angerufen, da gibt es schon Kontakt. Er war ja mein Kapitän.

Peter Neururer im Steckbrief