Aus dem Windschatten

Von Stefan Rommel
Felix Magath konnte mit dem FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg deutscher Meister werden
© Getty

Nach den Patzern von Bayern München und Bayer Leverkusen reiht sich nun auch der FC Schalke 04 in das Rennen um die deutsche Meisterschaft ein. Die Königsblauen kommen quasi aus dem Windschatten der Konkurrenz und haben das Momentum derzeit auf ihrer Seite. Selbst Bundestrainer Joachim Löw glaubt mittlerweile an eine Sensation.

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Mit dem aufregendsten Spiel der Vereinsgeschichte startete letzte Saison das Märchen des VfL Wolfsburg und damit auch Felix Magaths Aufstieg in den Heldenstatus.

Wolfsburgs 5:1 gegen den FC Bayern München am 26. Spieltag brachte den Wölfen nicht nur drei Punkte, sondern auch die erstmals die Tabellenführung - die der VfL dann bis zum Schluss auch nicht mehr abgab.

Schalke bald wie Wolfsburg?

Felix Magath ist längst nicht mehr in Wolfsburg. Der 56-Jährige hat sein Betätigungsfeld nach Gelsenkirchen verlegt und ist drauf und dran, diese Episode der letzten Saison mit dem FC Schalke zu wiederholen.

Am kommenden Wochenende, es ist erneut der 26. Spieltag, hat Schalke wieder die Chance, die Tabellenspitze zu erklimmen.

Heimlich, still und leise haben sich die Königsblauen zu einem veritablen Kandidaten auf den Titel und aus dem vermeintlichen Zweikampf zwischen den Bayern und Bayer Leverkusen einen Dreikampf um die Schale gemacht.

FC Bayern München (Platz 1, 53 Punkte, 51:21 Tore)

Die Bayern schwächeln dezent und stehen trotzdem weiter oben. Das 1:1 in Köln war das zweite Auswärtsremis bei einer Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel in Folge. Zufällig steht wie vor zwei Wochen in Nürnberg auch jetzt ein wichtiges Champions-League-Spiel für den Rekordmeister an.

Der Rekordmeister ist Dein Favorit? Dann tippe die Bayern zum Titel!

Die Probleme: Die Dreifachbelastung - die Bayern sind ja auch noch im DFB-Pokal dabei - kann ein großer Faktor werden. Besonders ein mögliches Weiterkommen in der Königsklasse, das große Ziel der Bayern, birgt Gefahren im Titelkampf.

Die Bayern haben einen relativ kleinen Kader. Nur 23 Spieler stehen Trainer Louis van Gaal zur Verfügung, die Nachwuchskräfte Diego Contento, Mehmet Ekici und David Alaba schon eingerechnet.

In drei Wochen "droht" beim Einzug ins CL-Viertelfinale ein Monsterprogramm mit sieben Knallerspielen innerhalb von nur 18 Tagen in der Liga, der Königsklasse und im DFB-Pokal.

Dazu könnte das Theater um Franck Ribery noch zum Störfaktor werden. In "zwei bis drei Wochen" solle eine Entscheidung über seinen möglichen Verbleib in München fallen, kündigte Ribery an. Von essenzieller Bedeutung wird da auch das Spiel in Florenz am Dienstag sein.

Die Stärken: Der Rekordmeister hat definitiv die größte Qualität, Substanz und Erfahrung im Kader. Die Münchener sind erprobt im Titelkampf und mit dem Selbstverständnis der Nummer eins ausgestattet.

"Schalke macht sehr gute Arbeit, siegt Woche für Woche. Auch Bayer ist noch mit im Rennen. Aber ich würde mein Geld auf Bayern setzen. Für mich zählt nur der 8. Mai", sagt Trainer Louis van Gaal.

"Je länger eine Saison geht, desto stärker werden die Bayern werden", sagt Ex-Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld.

FC Schalke 04 (Platz 2, 51 Punkte, 40:19 Tore)

Schalke ist das Mysterium unter den Titelkandidaten. Fast unbemerkt, aber auf alle Fälle unberechenbar, stehen die Königsblauen fast wie aus dem Nichts mitten im Titelkampf. Felix Magath holt aus seiner Mannschaft mit seinen ganz eigenen Methoden das Maximale heraus, will sich aber nicht in die Favoritenrolle drängen lassen.

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Die Probleme: Schalkes Mannschaft ist fast vollkommen unerfahren im Titelkampf und in kniffligen Drucksituationen. Bisher spielt das Team noch unbeschwert und frei auf, sobald sich aber erste Gedanken an die Schale einschleichen, kann es mit der Unbekümmertheit ganz schnell auch wieder vorbei sein.

Zudem ist Schalke noch nicht so weit, ein Spiel auch mit weniger Aufwand zu gewinnen. Die Truppe muss in jeder Begegnung an ihre Grenzen gehen, die vielen knappen Siege kommen nicht von ungefähr. Immerhin aber gewinnt Schalke die Vielzahl enger Partien.

Die Stärken: Magath lebt und praktiziert das Leistungsprinzip wie kein anderer Trainer der Bundesliga. Die Spieler bleiben dadurch unheimlich konzentriert bei der Sache, jede Trainingseinheit ist wichtig.

Der Trainer wechselt ohne vorhersehbare Systematik seine Mannschaft durch und bleibt deshalb für seine Gegner kaum auszurechnen. Magath erkennt die Stärken und Schwächen seiner Spieler und reagiert entsprechend schnell darauf. Bei einer Kaderstärke von sagenhaften 37 Spielern bieten sich genügend Möglichkeiten zur Variation.

Dabei besinnt sich Magath darauf, die einfachen Dinge besonders gut umzusetzen. Schalke verfolgt ein klares Defensivkonzept und ist mit nur 19 Gegentoren die defensivstärkste Mannschaft der Liga. Dazu kommen eine ungeheuere Stärke bei Offensivstandards und natürlich eine hundertprozentige körperliche Fitness.

Zudem kennt sich zumindest Magath bestens aus im Titelkampf. Wie in Wolfsburg nimmt Magath den Druck von der Mannschaft, indem er mit keiner Silbe von der Meisterschaft spricht. Mit Schalke würde er zum ersten Trainer der Bundesligageschichte werden, der mit drei verschiedenen Klubs Meister wird.

"Schalke kann in den Meisterkampf eingreifen. Sie kommen aus dem Hinterhalt, das macht sie gefährlich. Sie haben nichts zu verlieren. Das war ja letzte Saison mit Wolfsburg auch so. Mit denen hat keiner gerechnet", glaubt auch Bundestrainer Joachim Löw an die dicke Überraschung.

Bayer Leverkusen (Platz 3, 50 Punkte, 52:23 Tore)

Bis zur Niederlage in Nürnberg war Leverkusen ungeschlagen durch die Saison gekommen. Aber vielleicht hat die Pleite ja auch ihr Gutes: Das Gerede von der Serie hat jetzt ein Ende, und dass Bayer irgendwann auch mal wieder verlieren würde, war jedem klar.

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Die Probleme: In den letzten Wochen hat sich in der Mannschaft eine gewisse Lethargie breitgemacht. Die Leichtigkeit der Vorrunde ist weg, viele Spiele muss Bayer nach Hause "arbeiten". Die erste Niederlage war nach eher dürftigen Leistungen eine Frage der Zeit.

Das Team hat zuletzt nicht mehr jene Mentalität an den Tag gelegt, die eine Spitzenmannschaft auszeichnet. Der letzte Wille und der letzte Tick Konzentration haben gefehlt, wie in Bremen oder gegen Köln. Beim Club mangelte es eine Stunde lang an der nötigen Einstellung.

Jupp Heynckes wird seiner Mannschaft schnell wieder jenes Selbstvertrauen einimpfen müssen, das Leverkusen in der Vorrunde so stark gemacht hat.

Der Trainer versucht deshalb fast schon krampfhaft, jeglichen Druck von der Mannschaft fernzuhalten.

"Unser Ziel bleibt die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb", sagte Heynckes nach dem Spiel in Nürnberg und bleibt damit seiner Strategie des Understatements treu.

Dabei beträgt der Vorsprung auf Werder Bremen und Rang sechs bereits satte elf Punkte.

Die Stärken: Bayer hat mit 22 Spielern den kleinsten Kader der Liga.

Heynckes rotiert auch deshalb so gut wie nicht, der Stamm von acht, neun Spielern ist gesetzt und damit sehr gut eingespielt und aufeinander abgestimmt.

Leverkusen kann die ganze Konzentration auf die Bundesliga legen, was im Endspurt ein nicht zu unterschätzender Vorteil sein wird.

Außerdem müssen mit Hamburg, Schalke und den Bayern alle Top-Teams noch in der BayArena antreten.

Die aktuelle Tabelle der Bundesliga