Gentner: "Beim VfB will ich mehr Verantwortung"

Von Interview: Florian Bogner
Christian Gentner verlässt den VfL Wolfsburg nach drei Jahren wieder Richtung VfB Stuttgart
© Imago

Seit Winter steht fest: Christian Gentner wechselt am Ende der Saison zurück in die Heimat zum VfB Stuttgart. Im Interview mit SPOX spricht der 24-jährige Noch-Wolfsburger über die Gründe seiner Rückkehr, fehlende Trainingspläne von Jogi Löw, die Saisonziele und seinen Traum vom FC Liverpool.

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SPOX: Christian Gentner, vier Siege in der Liga in Folge, träumt man in Wolfsburg schon wieder vom internationalen Geschäft?

Christian Gentner: Im Umfeld ist das vielleicht ein Thema, aber wir Spieler wissen, dass der Abstand noch groß ist. Die Spiele werden auch immer weniger, und wir haben es nicht mehr selbst in der Hand. Daher ist es für uns zum jetzigen Zeitpunkt kein erklärtes Ziel, das internationale Geschäft zu erreichen.

SPOX: Was hat sich getan seit der Winterpause, warum läuft es jetzt besser?

Gentner: Schwer zu sagen, meistens sind es Kleinigkeiten. Wir hatten vorher auch immer unsere Torchancen, nur haben wir die nicht so gut genutzt wie jetzt. Hinzu kam, dass wir für Fehler im Defensivverhalten immer gleich eiskalt bestraft wurden. Mittlerweile stehen wir in der Abwehr sicherer und vorne verwerten wir die Chancen besser.

SPOX: Zudem spielt die Mannschaft auch wieder defensiver.

Gentner: Stimmt. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, das eigene Tor zu verteidigen. Lorenz-Günther Köstner hat von Anfang an eingefordert, dass alle mit nach hinten arbeiten. Es geht um die elementaren Dinge: Zweikampfverhalten, Laufbereitschaft, Arbeiten gegen den Ball. Wenn wir dabei alles richtig machen, kann man auch an einem schlechten Tag was holen.

SPOX: Klingt eher nach einem konservativen Weg im Vergleich zur Taktik unter Armin Veh.

Gentner: Jeder Trainer hat seine Philosophie, aber nicht jede Mannschaft passt dazu. Wir haben auch unter Veh gute Spiele abgeliefert, aber im Endeffekt nicht die Ergebnisse erzielt und so musste etwas verändert werden. Meistens erwischt es dann den Trainer.

SPOX: Sie werden im Sommer zurück zum VfB Stuttgart wechseln. Woher kam der Drang zurück in die Heimat?

Gentner: Ich hatte gute Gespräche mit den Verantwortlichen beim VfB und möchte dort in der neuen Saison gerne noch mehr Verantwortung übernehmen. Ich denke, dass wir ab der neuen Saison wieder was aufbauen können mit dem VfB. Bis dahin konzentriere ich mich aber voll auf den VfL Wolfsburg.

SPOX: Sie wechselten 2007 nach Wolfsburg und nun wieder zurück - hätten Sie die Entwicklung, die Sie in Wolfsburg genommen haben, nicht auch in Stuttgart machen können?

Gentner: Nein. 2007 war ich in der Meisterelf nur Ergänzungsspieler - das war mir nicht genug. Ich wollte einen neuen Weg gehen, Wolfsburg war perfekt dafür. Im Nachhinein muss man sagen, dass es der richtige Weg war. Insofern erhoffe ich mir jetzt in der neuen Saison die nächste Steigerung.

SPOX: Ist Ihr Karriereplan so durchgestylt wie der einiger Kollegen? Also: Bundesliga, FC Bayern, Ausland?

Gentner: So denke ich nicht. In unserem Beruf ist es sehr schwer, weit in die Zukunft zu planen. Viele Faktoren spielen eine Rolle: Plötzlich bist du verletzt, hast ein Formtief oder vielleicht auch mal menschlich ein Problem mit dem Trainer - und dann ist dein Stellenwert dahin. Fußball ist ein Tagesgeschäft und lässt keine langfristigen Planungen zu.

SPOX: Wolfsburgs Kader ist immer in Bewegung: Sie gehen nach Stuttgart, zudem gibt es Wechselgerüchte um Zvjezdan Misimovic und Edin Dzeko. Ist das in der Kabine ein Thema?

Gentner: Wenn wir darüber sprechen, dann eher im Spaß. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass irgendwer ein Problem mit mir hat, weil ich im Sommer wechsle. Ich habe von Beginn an mit offenen Karten gespielt.

SPOX: Ist es ein Problem, dass Wolfsburg jetzt mit Stuttgart um einen Europa-League-Platz konkurriert?

Gentner: So lange mein Vertrag beim VfL noch läuft, werde ich alles für den Verein geben. Daher hoffe ich natürlich, dass wir am Ende der Saison auf dem fünften oder sechsten Platz stehen und nicht der VfB.

SPOX: Wirklich? Folgendes Szenario: Letzter Spieltag, Stuttgart steht virtuell vor Wolfsburg, in Frankfurt steht es unentschieden, doch da läuft Gentner alleine aufs Tor zu...

Gentner: ...dann würde ich den natürlich ohne größere Nervosität als sonst rein machen! (lacht) Im Fußball kommt es immer wieder zu solchen Situationen. Silvio Meißner hat vor zehn Jahren am letzten Spieltag mal ein Tor für Bielefeld gemacht, durch das Stuttgart nicht in den UEFA-Cup gekommen ist. Und er ist danach zum VfB gewechselt. Was ich damit sagen will: Solche Dinge dürfen keine Rolle spielen, weil wir Profis sind. Was in Stuttgart passiert, geht mich erst ab dem 1. Juli was an.

SPOX: Wie groß stehen die Chancen, dass Sie im Juni keinen Urlaub buchen müssen?

Gentner: Sie spielen auf die WM an, oder? Das werden wir sehen. Ich bin jetzt seit einem Jahr regelmäßig dabei und will mich durch gute Leistungen weiter anbieten. Letztlich entscheidet der Bundestrainer und ich kann ihn nur durch meine Leistung überzeugen. Ich habe es in der Hand.

SPOX: Was sagt denn der Bundestrainer über Sie?

Gentner: Beim Länderspiel gegen Argentinien hatten wir jetzt kein längeres Gespräch. Zuletzt meinte er aber, dass er meine Entwicklung positiv sieht, ich aber weiter an mir arbeiten soll.

SPOX: Es wird immer mal wieder über individuelle Trainingspläne gesprochen, die der Bundestrainer seinen Nationalspielern mitgibt. Was steht auf Ihrem Plan?

Gentner: Ganz ehrlich: So einen Plan habe ich noch nie bekommen!

SPOX: Schmälert es Ihre Chancen, dass das System, das in Wolfsburg gespielt wird, beim DFB nicht vorgesehen ist?

Gentner: Ich denke nicht. Für mich ist das kein großes Problem, ich fühle mich in der Raute halblinks genauso wohl wie zentral in der Doppel-Sechs. Der Bundestrainer weiß um meine Qualitäten und hat mir auch schon gesagt, dass er meine Zukunft in einer zentralen Position als einer der beiden Sechser sieht.

SPOX: Also ist zentral auch Ihre beste Position.

Gentner: Aus meiner Sicht ja. Dort fühle ich mich am wohlsten und kann meine Stärken am besten einbringen. Das Spiel in einer zentralen Rolle vor sich zu haben, liegt mir ganz gut.

SPOX:Sie waren mit 23 Jahren bereits zweimal deutscher Meister, mit zwei verschiedenen Vereinen - und keiner der beiden Vereine hieß Bayern München. Ist Ihnen bewusst, dass Sie damit wohl einzigartig sind?

Gentner: (lacht) Stimmt nicht, Ludovic Magnin hat das mit Werder und dem VfB auch geschafft.

SPOX: Allerdings war er beim zweiten Titel schon 28.

Gentner: Okay, ich gebe mich geschlagen. Sicher, es gibt in Deutschland nicht viele Spieler, die das von sich behaupten können. Ich hoffe nur, dass das nicht die letzten Titel meiner Karriere waren. Vielleicht kommt ja noch ein internationaler Titel dazu.

SPOX: Sie sprechen die Europa League an - glauben Sie, Wolfsburg kann sich dort Hoffnungen auf den Titel machen?

Gentner: Mit Liverpool und Juventus sind noch Größen im Wettbewerb, die sicherlich vor uns als Titelanwärter gelten. Aber wir sind deutscher Meister. Wir nehmen den Wettbewerb sehr, sehr ernst.

SPOX: Haben Sie denn einen Wunschgegner, gegen den Sie gerne spielen würden?

Gentner: Mein Traumverein war schon immer der FC Liverpool. Das Stadion und die Atmosphäre sind unglaublich. Das wäre etwas ganz Besonderes für mich. Ich wollte schon immer mal an der Anfield Road spielen.

Gentner wechselt zum VfB Stuttgart