Neue Vorwürfe im "Fall Manfred Amerell"

SID
Franz-Xaver Wack fungierte als "Vertrauensperson" bei einem Treffen in München
© Getty

In der Affäre um Ex-Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell haben erneut betroffene Referees Vorwürfe erhoben. "Das Nicht-Hinhören muss ein Ende haben", sagt DFB-Schiri Wack.

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Manfred Amerell ist vier Tage vor der Gerichtsverhandlung in München von drei weiteren Referees schwer belastet worden. Nachdem Michael Kempter den zurückgetretenen DFB-Schiedsrichtersprecher bereits der angeblichen sexuellen Belästigung beschuldigt hatte, erhob ein Trio in München weitere konkrete und schwerwiegende Vorwürfe gegen Amerell. "Wir werden als Täter hingestellt, aber unser Leben wurde kaputt gemacht", sagte einer der drei Unparteiischen im Rahmen einer Gesprächsrunde in München, an der auch Kempter teilnahm.

Insgesamt unterschrieben am Sonntag sechs Personen eidesstattliche Versicherungen, die dem Landgericht München I vorgelegt werden sollen. "Aus diesen ergibt sich ganz klar, dass sie sich bedrängt und sexuell belästigt gefühlt haben und auch sexuell belästigt worden sind. Sie haben das im Endeffekt nicht gewollt", erklärte DFB-Anwalt Christian Schertz.

"Das sind schon Belastungen"

Kempter und die drei Schiris hatten sich am Sonntag in München zu Beratungen mit Schertz, DFB-Justiziar Jörg Englisch sowie dem ehemaligen FIFA-Referee Franz-Xaver Wack und dem Nationalmannschafts-Psychologen Hans-Dieter Hermann getroffen. "Ich bin ein Ansprechpartner, damit die Betroffenen mit dem Erlebten besser umgehen können", sagte Hermann: "Das sind schon Belastungen."

Wack fungiert als "Vertrauensperson" der Referees und ist "erschüttert" über die Erzählungen. "Ich habe mir gesagt, dass das Nicht-Hinsehen und Nicht-Hinhören ein Ende haben muss", sagte der Münchner und fügte an: "Alle wissen noch gar nicht, ob das das Ende ist."

Wack informierte bereits 2005 Roth und Frau Amerell

Wack gab zudem bekannt, dass er in Sachen Amerell bereits 2005 aktiv geworden sei. "Ich habe damals Schiedsrichter-Obmann Volker Roth und Frau Amerell Informationen zukommen lassen, dass ein Amtsmissbrauch vorliegen könnte", berichtete Wack.

Die Schiris hatten sich am Sonntag an den DFB gewandt, um sich "juristisch, medial und psychologisch" beraten zu lassen. "Das Erschreckende war, dass das Ganze gezielt geplant war. Wir können bestätigen, dass das, was Kempter erlebt hat, kein Einzelfall war", betonte einer der drei Schiedsrichter. Bereits im Februar hatte das Trio im Zuge der Aufklärung beim Verband ausgesagt.

Neben Kempter und den drei Referees hatte auch ein weiterer Schiedsrichter, der in Zusammenhang mit Amerell Beobachtungen gemacht haben will, und Englisch in seiner Funktion als Ansprechpartner der Unparteiischen eidesstattliche Versicherungen unterzeichnet.

Kempter verteidigt Gang an die Öffentlichkeit

Kempter indes verteidigte seinen Gang an die Öffentlichkeit. Der 27-Jährige hatte in der vergangenen Woche Details des Falles geschildert. "Dieser Schritt war notwendig, um den Schaden einzuschränken", meinte Kempter. Er habe sich aber geniert, darüber zu sprechen. DFB-Präsident Theo Zwanziger unterstützte den Sauldorfer. "Es ist doch der einzig richtige Weg, diese Schweigekartelle zu beseitigen und damit für Transparenz zu sorgen", sagte Zwanziger in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Der DFB hatte nach Abschluss der Untersuchungen die "Akte Amerell" geschlossen, weil dieser freiwillig als Schiedsrichtersprecher zurückgetreten war. Allerdings gab der DFB zeitgleich ein Gutachten bei einem Strafrechtler in Auftrag, das in den nächsten Tagen fertiggestellt sein soll. Zwanziger begründete dies mit "Ansätzen" im Fall Amerell, "die auf strafbare Handlungen" hindeuteten.

Zwanziger: Ergebnis der Verhandlung "egal"

Zuletzt hatte Zwanziger betont, nicht juristisch gegen Amerell vorgehen zu wollen. "Sollten wir von den staatlichen Behörden allerdings gebeten werden, unsere Erkenntnisse in dem Fall herauszugeben, dann werden wir das tun", sagte der DFB-Boss mit Blick auf den anstehenden Gerichtstermin.

Am Donnerstag wird es vor dem Landgericht München I zu der Verhandlung zwischen Amerell und dem DFB kommen. Amerell und sein Anwalt Jürgen Langer ("Dort wird die Wahrheit ans Licht kommen") wollen in einem Zivilverfahren gegen den Verband eine einstweilige Verfügung erreichen, wonach der DFB nicht mehr von "sexueller Belästigung und Übergriffen" in Bezug auf Amerell sprechen darf. "Das Ergebnis dieser Verhandlung kann uns egal sein", behauptete Zwanziger in der vergangenen Woche.

Der DFB wird in München von Englisch und dem auf Medienrecht spezialisierten Berliner Anwalt Schertz vertreten. Amerell soll anwesend sein, während Kempter wohl auf sein Erscheinen verzichten will.

Zwanziger lobt Kempters Offenheit