Riether: "Wir können mit den Großen mithalten"

Von Interview: Florian Bogner
Sascha Riether (r.) absolvierte in dieser Saison alle Spiele über 90 Minuten
© Getty

Der VfL Wolfsburg kommt auch im neuen Jahr nicht in die Gänge. Zum Rückrundenauftakt kassierte der deutsche Meister eine 1:3-Pleite beim VfB Stuttgart. Im Interview spricht Sascha Riether über die Probleme des VfL, Dieter Hoeneß, Jogi Löw und Einkaufen in Wolfsburg.

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SPOX: Herr Riether, der Rückrundenauftakt in Stuttgart ist mit einer 1:3-Niederlage misslungen. Woran lag es?

Sascha Riether: Wir haben in der ersten Halbzeit viel zu behäbig gespielt und waren nicht richtig auf dem Platz, deshalb hat der VfB auch völlig verdient zur Pause geführt. Wir sind mit dem Pressing der Stuttgarter nicht zurecht gekommen und waren zu weit von den Gegenspielern weg. Wir hätten aber auch in den ersten Minuten in Führung gehen können, vielleicht wäre die Halbzeit dann anders verlaufen.

SPOX: Was lief in der zweiten Halbzeit besser?

Riether: Die Stuttgarter haben im Lauf des Spiels immer weniger gemacht und nachgelassen, wir sind dagegen immer besser geworden und haben richtig Druck gemacht. Meiner Meinung nach wäre ein Unentschieden verdient gewesen. Wir waren in der zweiten Halbzeit die klar bessere Mannschaft. Wir hatten drei, vier Hundertprozentige. Die haben wir aber leider nicht genutzt und sind stattdessen in einen Konter gelaufen.

SPOX: Auch nach der Winterpause kassiert der VfL viele Gegentore. Gegen Stuttgart drei, beim Blitzturnier in Düsseldorf im letzten Test vier. Welche Erklärung haben Sie dafür?

Riether: Beim Turnier in Düsseldorf haben wir zu viele individuelle Fehler gemacht. Der Trainer hat absolut recht, wenn er sagt, dass das nicht reicht, um in der Bundesliga oben mitzuspielen. Wir müssen weniger Fehler machen - dann spielen wir auch oben mit.

SPOX: Wolfsburg hat schon viele Gegentore bekommen, oftmals nach Kontern. Wird man da als Defensivspieler verrückt?

Riether: Die Defensivarbeit beginnt bei den Stürmern, Gegentore sollte man nicht nur an der Abwehr fest machen. Wir müssen wieder mehr beherzigen, was uns letzte Saison stark gemacht hat: kompakter stehen und zusammen arbeiten. Das war in der Hinrunde in vielen Spielen nicht der Fall.

SPOX: Sie wurden in der Vorbereitung erst im Mittelfeld eingesetzt, dann wieder in der Viererkette, wo Sie jetzt auch in Stuttgart gespielt haben. Wo spielen Sie am liebsten?

Riether: Im Mittelfeld. Der Trainer weiß, wo ich der Mannschaft am besten helfen kann. Ich bin flexibel.

SPOX: Ein halbes Jahr nach der Meisterschaft: War der bisherige Saisonverlauf die logische Konsequenz oder wurden doch zu viele gravierende Fehler begangen?

Riether: Wir waren Überraschungsmeister, mit uns hat niemand gerechnet. Deswegen sollten wir unsere Ziele jetzt nicht zu hoch hängen. Klar ist das internationale Geschäft unser Anspruch. Wir haben eine gute Mannschaft, wir wissen, dass wir mit den Großen in Deutschland mithalten können. Man sollte aber nicht erwarten, dass der VfL Wolfsburg jetzt jedes Jahr Meister wird.

SPOX: Hat man die viel zitierte Dreifachbelastung unterschätzt?

Riether: Das würde ich nicht sagen. Wenn man sieht, welche Probleme jetzt Hertha BSC und der VfB Stuttgart haben, die in der letzten Saison auch oben mitgespielt haben, stehen wir noch ganz gut da.

SPOX: Da ist nun auch Dieter Hoeneß, der neue Manager. Wie verlief die erste Begegnung?

Riether: Er ist letzte Woche vor die Mannschaft getreten, hat sich jedem einzeln vorgestellt und ein paar Worte gesagt. Aber für uns Spieler ändert sich dadurch nichts.

SPOX: Es ändert sich nichts?

Riether: Nein, es wirkt sich überhaupt nicht auf die Mannschaft aus. Dieter Hoeneß wird uns mit seiner langjährigen Erfahrung sicher verstärken, aber auf dem Platz müssen wir Spieler es besser hinkriegen. Da kann uns Dieter Hoeneß nicht helfen.

SPOX: Sie haben bislang jedes Spiel über 90 Minuten gemacht, sind sozusagen der Dauerbrenner. Wie beurteilen Sie Ihre eigene Leistung?

Riether: (überlegt) Ich denke, dass ich bislang sehr konstant gespielt habe, mit kleinen Höhen und Tiefen. Ich versuche ganz einfach für die Mannschaft da zu sein. Die Tatsache, dass ich keine Sekunde verpasst habe, zeigt, dass der Trainer Vertrauen in mich hat. Aber ich bin eigentlich ein Spieler, der nicht gerne seine eigene Leistung beurteilt, das sollen andere machen.

SPOX: Dann beurteilen wir Sie mal: Unserer Einschätzung nach waren sie mit der beste Wolfsburger. Andere hatten deutlich mehr mit ihrer Form zu kämpfen.

Riether: Ich denke, dieser Leistungsabfall ist ganz normal. Wenn man deutscher Meister wird, steht man im Mittelpunkt. Die anderen Mannschaften sind ganz anders motiviert, wenn es gegen den deutschen Meister geht. Auf der anderen Seite steigen die Erwartungen an jeden einzelnen Spieler. Das ist nicht einfach.

SPOX: Sascha Riether. Der Name geht - mit Verlaub - immer etwas unter. Ist Ihnen das insgeheim vielleicht sogar ganz recht so?

Riether: Ich bin ein Typ, der das Rampenlicht nicht braucht. Im Mittelpunkt stehen, große Sprüche klopfen - das ist nicht mein Ding.  Ich versuche, meine Arbeit so gut wie es geht abzuliefern. Dazu brauche ich keine Sprüche. Ich will mit Leistung überzeugen. Das hat bisher so ganz gut geklappt.

SPOX: Es gibt ein Zitat über Sie: 'Er wurde von uns durchweg positiv bewertet, fußballerisch wie im athletischen Bereich.' Wissen Sie, wer diesen Satz über Sie gesagt hat?

Riether: (lacht) Ja. Jogi Löw hat das gesagt.

SPOX: Und was sagen Sie dazu?

Riether: Es freut mich natürlich, wenn der Bundestrainer so über mich spricht. Deshalb versuche ich so weiter zu machen. (lacht) Damit er auch weiterhin positiv von mir denkt!

SPOX: Sie kommen wie der Bundestrainer aus dem Badischen, ihr erster Verein war der FV Kuhbach. Stimmt es, dass Ihr Bruder Carsten früher in Kuhbach als der bessere Fußballer der Riether-Brüder galt?

Riether: Ja. (lacht) Mein drei Jahre älterer Bruder war immer der talentiertere von uns beiden und ich bin nur so mitgelaufen. Leider hat sich mein Bruder früh zwei Kreuzbandrisse zugezogen und musste mit dem Fußball aufhören. Dann hab ich es eben noch ein bisschen probiert.

SPOX: Ist Wolfsburg der richtige Flecken Erde für Sie?

Riether: Es war jedenfalls die richtige Entscheidung, 2007 von Freiburg nach Wolfsburg zu gehen. Ich bin in Freiburg ausgebildet worden. Wolfsburg war der nächste logische Schritt, auch in meiner Persönlichkeitsentwicklung. Jetzt bin ich Meister geworden, in einer ganz guten Rolle. Ich bereue den Schritt nicht, auch wenn ich immer noch der Sascha aus Freiburg bin.

SPOX: Wird man in Wolfsburg denn auf der Straße erkannt?

Riether: Mal mehr, mal weniger. (lacht) Seit der Meisterschaft steht man deutlich mehr im Fokus.

SPOX: Das heißt unerkannt Einkaufen gehen geht nicht mehr?

Riether: Nein, das ist jetzt auch in Wolfsburg vorbei.

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