Den Titel holt der Trainer

Von Daniel Börlein / Stefan Moser
Spielen in ihrer ersten Saison gleich um den Titel: Louis van Gaal (l.) und Bayers Jupp Heynckes
© Getty

Bayer Leverkusen hat die Tabellenführung verteidigt, der FC Bayern München kommt immer besser in die Gänge, Werder Bremen ist endgültig raus aus dem Titelrennen und Wolfsburg steckt ganz tief in der Krise. Darüber hinaus gab's allerdings noch weitere Erkenntnisse. Fünf Lehren des Spieltags.

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Den Titel holt der Trainer

Hamburg verliert in Dortmund, Schalke patzt in Bochum - derzeit sieht es nach einem Zweikampf zwischen Leverkusen (41 Punkte) und dem FC Bayern (39) um den Titel aus. "Wenn man vom reinen Leistungsvermögen des physischen Aspektes spricht, könnte man meinen: Die Dinge gehen tendenziell in Richtung Zweikampf Bayern München - Bayer Leverkusen. Die anderen sind vielleicht noch etwas grün", sagte Matthias Sammer bei Sky.

Ein Schlüssel für den derzeitigen Erfolg von Bayer ist für den DFB-Sportdirektor Trainer Jupp Heynckes. Nicht zu Unrecht. Heynckes hat zu Saisonbeginn schnell erkannt, dass er durch die Installation eines zweiten Sechsers seinen überragenden Offensiv-Individualisten die nötigen Freiheiten schaffen kann. Heynckes strahlt mit seiner Erfahrung auch in kritischen Situationen stets Ruhe aus.

Der Bayer-Coach lässt sich durch die Rückkehr von Simon Rolfes und Patrick Helmes nicht unter Druck setzen, gibt beiden Zeit, wieder komplett fit zu werden und stärkt damit gleichzeitig deren Vertreter. Und: Der 64-Jährige weiß, wann er die Zügel anziehen muss. Gegen Hoffenheim gab's für Toni Kroos zur Pause einen Rüffel. Die Folge: Der Youngster war nach dem Wechsel der überragende Mann auf dem Platz.

Und Louis van Gaal? Die Handschrift des Bayern-Coachs wird immer deutlicher. Gegen Bremen griffen viele Rädchen im Spiel des Rekordmeisters erstaunlich gut ineinander, teilweise ähnelten Spielzüge der Bayern denen der großen Ajax-Mannschaft aus den 90er Jahren. "Die Idee vom Trainer war schon immer da", sagt Mark van Bommel, "doch jetzt klappt die Ausführung viel besser."

Dortmund ist reif für Europa

Sechs Siege in Folge hat der BVB nun schon auf seinem Konto, gar seit zwölf Spielen ist das Team von Trainer Jürgen Klopp bereits unbesiegt - und das obwohl man laut Klopp personell "auf dem Zahnfleisch" daher kommt.

Mit Sebastian Kehl, Roman Weidenfeller, Tamas Hajnal, Tinga und Mohamad Zidan fehlen wichtige Leistungsträger - teilweise schon seit Monaten. Und die Liste ließe sich mit Spielern aus der zweiten Reihe noch lange fortsetzen.

Wer in dieser Situation ein Spiel gegen einen direkten Konkurrenten wie den HSV derart souverän gewinnt, hat die besten Voraussetzungen, im nächsten Jahr international vertreten zu sein. Der Abstand zu Platz sechs beträgt nun immerhin schon acht Punkte. Und: Die vermeintlich schärfsten Konkurrenten aus Bremen, Hoffenheim und Wolfsburg schwächeln derzeit erheblich, während der BVB die unter Klopp bislang immer verkorksten Auftaktspiele nach einer Pause perfekt gemeistert hat.

Hannover, Nürnberg und Berlin - für diese drei wird's richtig schwer

Klar, wer nach 19. Spieltagen ganz unten steht, hat zwangsläufig schlechtere Karten als die Konkurrenz. Allerdings macht der Rest derzeit schlichtweg einen besseren Eindruck. Der VfL Bochum zum Beispiel: Von den letzten sieben Spielen verlor die Herrlich-Truppe nur eines. Zuletzt gab's einen wichtigen Auswärtssieg in Gladbach und ein beachtliches Comeback gegen Schalke.

Auch der 1. FC Köln scheint langsam in die Gänge zu kommen, gewann zwei der letzten drei Spiele und trifft plötzlich auch (acht Tore in drei Spielen). Der VfB Stuttgart zeigt unter Trainer Christian Gross ein ganz anderes Gesicht. Einzig der SC Freiburg scheint derzeit Gefahr zu laufen, noch ganz unten rein zu rutschen.

Und Hannover, Nürnberg und Berlin? Bei der Hertha ist ein Aufwärtstrend zu erkennen, acht Punkte Rückstand auf Platz 15 sind aber schon richtig viel, ein Heim-Remis gegen Gladbach dagegen eigentlich zu wenig.

Bei Hannover zeigte die Trainerentlassung keine Wirkung. Neuzugang Jan Durica verschuldete den Mainzer Siegtreffer und vorne fehlt ein echter Vollstrecker an allen Ecken und Enden. Hannovers erschreckende Bilanz: Nur zwei Punkte aus den letzten acht Spielen.

Mit vier Zählern aus den vergangenen acht Partien ist auch der 1. FC Nürnberg nur unwesentlich besser. Zwar präsentierte sich der Club unter Coach Dieter Hecking mit den Neuzugängen Breno und Andreas Ottl in der Defensive deutlich stabiler. Doch wer in der Liga bleiben will, muss gewinnen. Und dafür braucht es Tore. Nürnberg allerdings hat in den letzten sechs Begegnungen gerade mal eines erzielt.

Kevin Kuranyi holt Stefan Kießling in der Torjägerliste wohl bald ein

Der Bayer-Stürmer führt die Torschützenliste mit zwölf Treffern zwar noch immer an, doch während Kießling seit fünf Spielen auf sein nächstes Erfolgserlebnis wartet, hat Verfolger Kevin Kuranyi im gleichen Zeitraum viermal getroffen.

Kießlings Problem gegenüber dem Schalker: Er muss viele Wege gehen, deutlich mehr Defensivarbeit verrichten und hat mit Patrick Helmes und Eren Derdiyok zudem zwei Knipser an seiner Seite und damit Konkurrenz im eigenen Team.

Auf Schalke hingegen ist das Offensivspiel komplett auf den Mittelstürmer ausgerichtet. So setzt Felix Magath Jefferson Farfan vornehmlich auf dem Flügel ein, damit der Peruaner, wie gegen Bochum und Nürnberg erfolgreich praktiziert, Kuranyi mit Vorlagen füttert.

Auch von anderen Stürmer droht Kießling Gefahr: In Dortmund sind viele Angriffe auf Lucas Barrios zugeschnitten. Und: Die Bayern-Offensive kommt immer besser in die Gänge. Heißt: Mittelstürmer Mario Gomez bekommt als Endabnehmer der Spielzüge mehr Torabschlüsse. Und viele Chancen hieß bei Gomez in den letzten Jahren meist: viele Tore.

Joachim Löw kommt an Bastian Schweinsteiger als Sechser nicht vorbei

Vor wenigen Jahren galt Torsten Frings noch als Verkörperung eines modernen Sechsers - heute gehört er plötzlich zum alten Eisen. Zu langsam, zu statisch, zu eindimensional, zu altmodisch. Urteilte zumindest Joachim Löw und ließ die WM-Träume des Bremers platzen. "Keine Chance auf Südafrika", teilte der Bundestrainer Frings während der Woche mit.

Keine 72 Stunden später musste der 33-Jährige ausgerechnet mit seinem zeitgemäßen Alter Ego die Klingen kreuzen: Bastian Schweinsteiger war im Weserstadion zu Gast - und gewann das Duell der Sechser klar nach Punkten.

Handlungsschnell, zweikampfstark, aggressiv und präzise in der Spieleröffnung: Der Münchner ist derzeit wohl der beste deutsche Sechser. Zusammen mit Sami Khedira gehört ihm die Zukunft im zentralen Mittelfeld der Nationalmannschaft. Und auch schon für Südafrika denkt Löw laut über Schweinsteiger im Zentrum nach. Völlig zu Recht, zumal Rolfes und Hitzlsperger derzeit nur die Ersatzbänke wärmen.

Der 19. Spieltag: Ergebnisse und Tabelle