Die wichtigsten vier Monate der Karriere

Von Andreas Lehner
Neue Rolle: Andreas Ottl ist der unumstrittene Chef im Nürnberger Mittelfeld
© Imago

Beim FC Bayern war Andreas Ottl nur Ersatz, beim 1. FC Nürnberg ist er der Chef. Der Umweg zum Abstiegskandidaten könnte ihn seinem Ziel einen entscheidenden Schritt näher bringen.

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Auf eines sind die Nürnberger ganz besonders stolz: Franken ist nicht Bayern. Im Abstiegskampf ist aber jedes Mittel recht. Also hat sich der 1. FC Nürnberg Hilfe aus dem Süden geholt und auch noch aus der nicht unbedingt geliebten Landeshauptstadt München.

Andreas Ottl wurde zusammen Breno vom FC Bayern für ein halbes Jahr ausgeliehen und soll den Club vor dem erneuten Gang in die 2. Liga bewahren.

Defensiv denkender Sechser

Seit der E-Jugend spielte der gebürtige Münchner beim FC Bayern, viereinhalb Jahre stand er im Profi-Kader und kam dabei auf 77 Bundesliga- und 17 Champions-League-Spiele. Zum Stammspieler reichte es im Starensemble der Münchner aber nie. Der Andi war ein solider Ersatzmann, der sich über seine Rolle nie beschwerte und bei den wenigen Einsätzen immer seine Leistung brachte.

"Wer bei den Bayern die Nummer 14 oder 15 ist, kann so schlecht nicht sein", sagte Trainer Dieter Hecking nach seiner Verpflichtung. In Nürnberg sind jetzt aber andere Qualitäten gefragt. Er ist der Hoffnungsträger des Clubs. Er soll in der von Trainer Dieter Hecking neu gebildeten Doppel-Sechs Ruhe ausstrahlen, Bälle gewinnen, halten und sauber verteilen.

Ottl ist ein sehr defensiv denkender Sechser, dem vor allem daran gelegen ist, dass sein Team keine Gegentore kassiert. 32 Gegentore kassierte Nürnberg in der Vorrunde.

Neue Rolle als Leader

In der Vorbereitung machte Ottl einen sehr guten Eindruck. "Wenn Andreas Ottl diese Leistungen in der Bundesliga abruft, haben wir alles richtig gemacht", sagte Hecking nach dem ersten Testspiel gegen Duisburg. Ottl war von Beginn an Chef auf dem Platz, forderte Bälle und organisierte die Defensive.

Vom ersten Tag an schlüpfte er ohne Probleme in seine neue Rolle als Leader. Auch wenn er erst 24 Jahre alt ist, ist er durch seine Bayern-Vergangenheit einer der erfahrensten Spieler im Nürnberger Kader.

"Beim FC Bayern konnte ich mich leicht hinter anderen Spielern verstecken. Hier geht das nicht", sagt Ottl. "Ich will hier Verantwortung übernehmen, auf und neben dem Platz."

Chance zur Entwicklung

Er weiß, dass er an einem wichtigen Punkt in seiner Karriere angekommen ist. Der Wechsel auf Zeit ist für ihn kein Rückschritt, sondern eine Chance, Spielpraxis zu sammeln. Toni Kroos dient als positives Beispiel.

"Es war einfach so, dass ich in den letzten Jahren immer auf meine 25 Pflichtspiele gekommen bin - diesmal sah es aber anders aus. Da kam das Angebot von Nürnberg genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich will regelmäßig spielen und mich weiterentwickeln, und da denke ich, ist der Club eine ausgezeichnete Adresse für mich", sagt Ottl.

Ottl ist ein bodenständiger Typ. Er wird sicher kein Lautsprecher werden a la Effenberg und dem Boulevard außerhalb des Platzes Schlagzeilen liefern, aber nach Ottls Verständnis definiert sich ein Führungsspieler durch Leistung auf dem Platz.

"Nicht alles auf den Andi schieben"

Man dürfe aber "nicht alles auf den Andi abschieben", mahnt Hecking. Natürlich solle Ottl seinen Teil zu einer erfolgreichen Rückrunde beitragen, und gewiss könne er bisweilen "auch den Unterschied ausmachen. Aber er allein kann es nicht schaffen. Jeder Spieler ist gefordert." Deshalb sucht der Club auch noch nach einem zweiten Sechser neben Ottl.

Sein Ziel, sich auch bei den Bayern durchzusetzen, hat Andreas Ottl noch nicht aufgegeben. Im Sommer läuft der Vertrag von Mark van Bommel aus, Anatolij Tymoschtschuk ist in München noch nicht wirklich angekommen. Allerdings hat sich mit Bastian Schweinsteiger ein unerwarteter Konkurrent auf der Position vor der Abwehr dazugesellt. Trotzdem war ein Verkauf für Ottl kein Thema. "Mein Ziel ist weiterhin, eine starke Nummer 6 zu werden - beim FC Bayern."

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